Jesus wird ins Grab gelegt
Kreuzweg VII
Die vierzehnte Station des Eisenhüttenstädter Kreuzwegs ist die einzige, die das Symbol der Dreifaltigkeit zeigt. Über dem Kopf der Frauengestalt, die leicht als Mutter Teresa zu erkennen ist, sehen wir das Dreieck mit dem Gottesauge. Wieder steht die Wand der Plattenbauhäuser im Hintergrund. Doch ist nun ein großes Loch darin.
Ist es der Weg ins Grab oder ist es der Aufbruch in die Freiheit? Wenn die Mauer fällt, ist die Einheit da. Wenn Jesus Christus die Mauer einreißt, ist der Weg zur dreifaltigen Liebe möglich. Die vordere Gestalt der beiden Grablegemänner ähnelt dem Simon von Cyrene der fünften Station. Es gibt viele Weisen, vom Herrn mit in seine Passion hineingenommen zu werden. Einer darf am Kreuz mit anpacken. Einer darf den letzten Weg des Herrn begleiten. Eine darf den Leichnam für die Beerdigung bereiten. Das sind alles Dienste, die in unserem Lebensraum nicht beliebt sind. Man delegiert sie an Firmen und Spezialisten.
Es ist aber die Frage, ob nicht dieses Bleiben am Sterbebett und am Grab heutzutage ein Auferstehungszeugnis besonderer Art sein müsste. Wenn Jesus den Tod überwunden hat, muss ich als Christ eigentlich genau dort stehen, wo er den Tod besiegt hat: Beim Sterbenden, beim Sarg und beim Grab. Der Bildschnitzer hat dieser letzten Station keine Katastrophenstimmung mitgegeben, keine Verzweiflung und keine Resignation. Es liegt etwas Hoheitsvolles über der Szene. Hier wird weder hemmungslos geschrien noch aufgeregt diskutiert. Die Gestalten sind von Ehrfurcht geprägt. Sie wissen nicht, dass bald Ostern sein wird. Der Mensch muss in Stille und Ehrfurcht vor Gottes Führung warten können, bis sich die Verheißungen erfüllen. Ich weiß weder den Tag noch den Ort meines Todes. Ich weiß nicht, wer mich ins Grab legt und wo mein Grab ist. Aber ich weiß im Glauben, dass die düstere Wand des Todes vom Herrn durchbrochen ist. Das Tor zum Leben ist offen. Unser Künstler spricht bei dieser vierzehnten Station von der Hoffnung auf ein Leben im Reich Gottes und von der Hoffnung, diesem für uns gestorbenen und auferstandenen Jesus Christus begegnen zu dürfen. Der Bildschnitzer schließt seine Texte mit den Worten: "Er ist der Herr über Leben und Tod." Klaus Weyers
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 23.04.2000