Die Weltausstellung in den Regionen
Expo 2000
Am 1. Juni öffnet die Expo 2000 in Hannover ihre Pforten. Verbunden ist damit eine Premiere, denn zum ersten Mal in der 150jährigen Geschichte der Weltausstellung findet diese nicht nur am Veranstaltungsort, sondern auch in zahlreichen Regionen statt. Auch in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen gibt es eine Vielzahl von Expo-Projekten, teilweise mit Beteiligung der Kirchen. Um Ihnen eine kleine Orientierungshilfe zu geben, haben wir in den Programmen geblättert. Eine Auswahl finden Sie hier. Die Programme stehen häufig noch nicht endgültig fest, deshalb haben wir - soweit möglich - Kontaktadressen und Links angegeben, damit Sie sich bei Interesse noch einmal erkundigen können. "Mensch - Natur - Technik" heißt das Expo-Thema. Uns ist es Anlass, über Wege in eine zukunftsfähige Welt nachzudenken.
Matthias Holluba
Expo-Projekte:
Eichsfeld
Jodokus - ein Pilgerweg
Ferropolis
Kirchenpfad
Projekte in der Oberlausitz
Projekte in Leipzig
Informationen zur Expo in Hannover finden Sie unter: www.expo.de
° Expo-Projekt Eichsfeld: Nein, dieses Expo-Projekt passt wirklich nicht auf das Gelände der Weltausstellung in Hannover. Wäre auch sehr umständlich und aufwendig, es hin und her zu verpflanzen. Denn: Das Expo-Projekt, das hier gemeint ist, ist das Eichsfeld. In seiner ganzen Schönheit und Eigen-Art.
Das Thema des so genannten dezentralen, also außerhalb liegenden Expo-Projekts heißt: "Das Eichsfeld - Die grenzenlose Region. Überwindung der Deutschen Teilung für Mensch und Natur" und hat so eine enge Beziehung zum Hauptthema der Expo "Mensch - Natur - Technik".
Das Ziel des Eichsfeld-Projektes: "Am Beispiel der Region soll der Expo-Besucher die Auswirkungen der deutschen Teilung für die Menschen und für die Natur erkennen", sagt Paul Schneegans, Geschäftsführer des Grenzlandmuseums Eichsfeld in Teistungen, das Teil des Projektes ist. "Beispielhaft für andere Grenzregionen in Europa und der Welt wollen wir Wege aufzeigen, wie solche Teilungen und ihre Folgen überwunden werden können."
Mehr als 1100 Jahre alt ist die Region zwischen Harz und Werra. Das Eichsfeld oder besser der Eichsfelder gilt als katholisch und bodenständig, traditionsbewusst und eigenwillig - noch immer, wenn auch mancher dieses Bild heute bröckeln sieht. Vom Brauchtum über die eigene Mundart bis hin zur weithin bekannten Wurst - das Heimatgefühl drückt sich vielschichtig aus. Und reißt oft auch dann nicht ab, wenn der Eichsfelder auf der Suche nach besseren Lebens- und Arbeitsbedingungen in andere Gegenden zieht.
Die 55 Kilometer lange Grenze mit ihren immer perfekteren Sperranlagen zerschnitt zwar über 40 Jahre lang das Eichsfeld, riss Familien auseinander und unterbrach wirtschaftliche, kulturelle, politische und andere Verbindungen. Aber "die Mauer" reichte nicht in die Köpfe und Herzen hinein. Dabei geholfen haben die "Regelungen zum grenznahen Verkehr", wenn sie auch "die lebensfeindliche Teilung der Region nicht aufheben konnten", wie es in der Projekt-Beschreibung heißt. Und dennoch: "Die Teilung hat die landsmannschaftliche Einheit des Eichsfeldes nicht zerstören können." Die Wiedervereinigung 1989 war für viele Eichsfelder eine wirkliche Wiedervereinigung, die jubelnd begrüßt wurde.
Das Expo-Projekt Eichsfeld gliedert sich in fünf Bereiche: das Grenzlandmuseum, die Bildungsstätte im Grenzlandmuseum, das Projekt Grenzstreifen, die Dauerausstellung "Grenze # Land # Natur" und die Modellregion Eichsfeld.
Das 1995 eröffnete Grenzlandmuseum hat sich zum Ziel gesetzt, über die Geschichte der innerdeutschen Grenze zu informieren und die Erinnerung an diesen Teil der deutschen Geschichte zu bewahren. Seine Aufgabe sieht es dabei auch darin, Mahner zu sein für die Zukunft. Etwa 700 Quadratmeter groß ist die Ausstellungsfläche. Sie umfasst mehr als 4000 Ausstellungsobjekte. Zu diesen Exponaten gehören auch die Gebäude selbst: Das Museum ist zum Teil im Zollverwaltungsgebäude des ehemaligen Grenzübergangs Duderstadt / Worbis untergebracht. Im Mittelpunkt der Museums-Darstellung steht der Alltag der Teilung: die Arbeit der so genannten Passkontrolleinheit, die Strukturen der einzelnen Gruppen - von den Jungen Pionieren über die SED-Partei bis zur Stasi. Es gibt einen Fernmelderaum zu besichtigen und Gespräche des Grenzinformationspunktes zu hören, eine Museumsabteilung informiert über Versorgungsprobleme der Bevölkerung im Grenzgebiet und vieles mehr. Zur Ausstellung gehören auch rekonstruierte Grenzsperranlagen.
Die Bildungsstätte im Grenzlandmuseum ist ein noch neues Projekt. Die Schwerpunkte des Bildungsprogrammes: Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit, Demokratie in Deutschland sowie Ökologie und Umwelt. Vorträge, Seminare und Veranstaltungen mit Zeitzeugen werden dazu angeboten. Nicht nur Bildung, sondern auch Begegnung soll in der Einrichtung stattfinden. Menschen aus Ost und West sollen sich über geschichtliche und kulturelle Erfahrungen verständigen. Denn, so das Konzept, "sich auf gesellschaftlich-kulturelle Werte zu verständigen, ist das Fundament, auf dem eine gemeinsame Zukunft aufgebaut werden kann."
Der Umweltaspekt steht im Mittelpunkt des Projektes Grenzstreifen. Im Umfeld der Grenze haben sich viele Tier- und Pflanzenarten erhalten, die heute andernorts selten sind. Durch den Wegfall der Grenze ist dieser Naturraum bedroht. In Zusammenarbeit mit der Heinz-Sielmann-Stiftung soll deshalb ein acht Kilometer langer Streifen als besonders geschütztes Gebiet erhalten werden. Vom Grenzlandmuseum bis zu Sielmanns Naturerlebniszentrum Gut Herbigshagen bei Duderstadt erstreckt sich der Pfad, der Natur nicht nur erlebbar erhalten soll, sondern sie auch künstlerisch interpretiert. Zehn Diplomanden des Fachbereichs Architektur an der Fachhochschule Hannover haben diese Idee von Natur und Kultur umgesetzt. Entstanden sind Verweilstationen, die mit der klassischen Holzhütte für Wanderer nichts mehr gemein haben: ein Tipi-Zelt etwa, das der Behausung der nordamerikanischen Indianer nachempfunden, aber aus modernen Materialien ist.
"Grenze - Land - Natur": Der Titel der Daueraustellung zeigt, worum es bei diesem Projekt geht. Ziel ist auch hier, den Besucher aufmerksam zu machen auf schützenswerte Naturräume. Gezeigt werden unter anderem die ökologischen Verhältnisse am Grenzstreifen vor der Wende sowie die Veränderungen, die dem Ende der Grenze folgten. Die Ausstellung ist zu sehen im so genannten Mühlenturm des Grenzlandmuseums. Dem Besucher soll vermittelt werden, wie wichtig Landschaften sind, die vom Menschen nur wenig beeinflusst wurden und werden. Dazu gehört auch die Werbung für einen naturverträglichen Tourismus - in der Reise-Region Eichsfeld ein wichtiges Anliegen.
Die "Modellregion Eichsfeld" umfasst dieses alles und noch viel mehr: So sind eine Vielzahl von Teilprojekten geplant. Der Expo-Besucher beziehungsweise Eichsfeld-Gast soll die Region "mit allen Sinnen" erleben können. Es geht nicht nur um die alte Geschichte des Eichsfeldes und ihre Funktion als "Brücken schlagende Region" in der Zeit der deutschen Teilung. Sondern auch darum, das Eichsfeld als "Region von hohem Erlebnis- und Freizeitwert mitten in Europa" zu präsentieren.
Zum ersten Mal in der 150-jährigen Geschichte der Weltausstellung gibt es solche dezentralen Projekte. Sie sollen zeigen, wie in allen Teilen der Welt lokale Antworten auf globale Herausforderungen gegeben werden, und sie sollen einen Weg zu einem neuen Verhältnis von Mensch, Natur und Technik öffnen. hm
Das Grenzlandmuseum in Teistungen an der B 247 zwischen Duderstadt und Worbis ist täglich von 10 bis 17 Uhr geöffnet.
Kontaktadresse: Grenzlandmuseum, Duderstädter Straße 5, 37339 Teistungen, Tel. (03 60 71) 9 71 12, E-mail: Info@grenzlandmuseum.de; Internet: www.grenzlandmuseum.de.
° "Jodokus" - ein Pilgerweg von Hannover nach Volkenroda: Das Wesen des Pilgerns heute entdecken und erleben: Einfaches Leben mit Rücksicht auf die Natur, Offenheit für Spiritualität und Neugier, sich selbst und andere kennen zu lernen - das sind die Ziele, die das Expo-Projekt "Jodokus" verfolgt. Der ökologische und überkonfessionelle Pilgerweg des Europäischen Jugendbildungszentrums im Kloster Volkenroda führt vom Expo-Gelände Hannover nach Volkenroda. 58-mal wird der Jugendpilgerweg durchgeführt. Wer mitmachen will, kann fünf Tage lang mit dem Rad unterwegs sein beziehungsweise zehn oder 14 Tage lang zu Fuß. Zu den Stationen auf dem Weg gehören neben dem Expo-Gelände und dem Kloster Volkenroda das Expo-Projekt Eichsfeld (Seite 13). In einem Internet-Tagebuch können die Pilger ihre Erlebnisse und Erfahrungen der ganzen Computer besitzenden Welt mitteilen.
Kontakt: Kloster Volkenroda, 99998 Körner-Volkenroda,
Tel. (03 60 25) 5 59 70, E-mail:
ejbz@kloster-volkenroda.de,
Internet: www.jodokus.de
° Ferropolis - die Stadt aus Eisen: Das 1997 gegründete "Ferropolis" im stillgelegten Braunkohle-Tagebau Golpa-Nord bei Gräfenhainichen (Sachsen-Anhalt), gehört zu den Aufsehen erregendsten der 34 Projekte in Sachsen-Anhalts Expo-Korrespondenzregion. Auf dem Programm stehen unter anderem am 24. Juni die Welturaufführung der "Feuermusik" von Mikis Theodorakis, ein kirchliches Jugendcamp unter dem Titel "NeuLand" vom 7. bis 9. Juli mit 3000 Teilnehmern aus der ganzen Bundesrepublik, vom 28. bis 30. Juli eine Open-Air-Veranstaltung der Magdeburger Kammerspiele unter dem Titel "Magdeburger Kaiserpfalz - eine Ottomanie" sowie am 4. und 5. August eine Open-Air Techno-Party.
Informationen zum Jugendcamp "NeuLand": Tel. (0 34 91) 49 88 44, E-Mail: Camp2000@gmx.de.
° "Kirchenpfad" in Sachsen-Anhalt: Unter dem Namen "Kirchenpfad" laden die Kirchen in Sachsen-Anhalt während der Weltausstellung zu ihren Projekten und Veranstaltungen ein. Die Eröffnung findet am 28. Mai (15 Uhr) in der Stadtkirche Oranienbaum mit Bischof Leo Nowak und Kirchenpräsident Helge Klassohn statt. Weitere Höhepunkte: 10. August (19.30 Uhr) Konzert mit "The Glory Gospel Singers" in der Stadtkirche Oranienbaum, 16. September (10 Uhr) Bibelturmfest in Wörlitz, 17. September (14 bis 18 Uhr) großes Singen in Ferropolis sowie das Jugendprogramm "Jesus House" vom 10. bis 14. Oktober (20 bis 23 Uhr) live von der Expo via Satellit in die Wittenberger Hoffnungskirche übertragen. Am 8. Juni sind Kindergärtnerinnen zu einer Weiterbildung "Ökologie im Kindergarten" nach Wittenberg eingeladen. Unter dem Motto "Liebe den Baum wie dich selbst" findet vom 7. bis 9. Juli eine Rad-Erfahrungstagung in der Elbe-Region statt. Teenies können zwischen dem 2. und 6. August unter dem Motto "Auf den Spuren von tausend Jahren" die Expo-Region erkunden. Spezielle kirchliche Veranstaltungen wird es auch während des Sachsen-Anhalt-Tages in Bitterfeld / Wolfen vom 8. bis 10. September geben. Am 20. Oktober (18 Uhr) findet im Gemeindezentrum Edith Stein in Wolfen-Nord der Abschlussgottesdienst statt. Alle etwa 100 Veranstaltungen während der Expo-Zeit sind in einem Programmheft zusammengefasst. Eine weitere Broschüre informiert über die einzelnen Stationen des Kirchenpfades.
Kontaktadresse: Kirchliches Expo-Büro, c/o Kirchliches Forschungsheim, Wilhelm-Weber-Str. 1a, 06886 Lutherstadt Wittenberg; Tel. (0 34 91) 46 70 90, Fax (0 34 91) 40 02 13, E-Mail: KFH.wittenberg@t-online.de. Aktuelle Programm-Informationen gibt es unter Tel. (01 77) 7 59 45 69
° Reisen zu den Expo--Projekten in der Oberlausitz: Der Tourismusverband Oberlausitz-Niederschlesien bietet während der Weltausstellung Reisen zu den drei Expo-Projekten der Region an. Die Wochenend-Exkursionen führen nach Zittau ("Bionik-Zentrum") zum "LebensGut" in Pommritz und in die energieökologische Modellstadt Ostritz-St. Marienthal, in der Ressourcen wie Sonne, Wind, Wasser und Biomasse zur Strom- und Wasserproduktion genutzt werden. In Ostritz sind unter anderem Führungen durch die Pflanzenkläranlage und durch das Biomasseheizkraftwerk geplant.
Kontakt: Tourismusverband Oberlausitz-Niederschlesien, Bahnhofstr. 14, 02625 Bautzen, Tel. (0 35 91) 4 87 70, Fax (0 35 91) 48 77 48, E-Mail: info@oberlausitz.com
° Kirchen zur Expo in Leipzig: Die Kirchen in Leipzig laden während der Weltausstellung zu drei Gottesdiensten ein. Jeweils am 12. Juni (11 Uhr) und am 9. Juli (10 Uhr) finden diese auf dem Leipziger Expo-Gelände Karl-Heine-Kanal statt. Unter dem Motto "Wir sind sein Volk" steht der ökumenische Abschluss-Gottesdienst am 10. September (9.30 Uhr) vor dem Alten Rathaus. Neben musikalischen Veranstaltungen, Kirchturmführungen, einem Schaufenster Kirche ist an diesem Tag auch eine Podiumsdiskussion "Was erwarte ich / wünsche ich mir von der Kirche" um 13 Uhr geplant. Zu den Leipziger Expo-Projekten gehört auch das Musical "Korinth" in der Liebfrauenkirche (Karl-Heine-Str. 110). Aufführungen des Musicals, das von katholischen Christen aus dem Dekanat Leipzig produziert wurde (Tag des Herrn berichtete) sind geplant für: 28. Mai (19 Uhr), 30. Juni (20 Uhr), 2. Juli (19 Uhr), 23. September (15.30 Uhr) und 24. September (19 Uhr).
Informationen zum Musical Korinth: Kaplan Thomas Bohne, Katholisches Pfarramt, Karl-Heine-Str. 110, 04229 Leipzig; Tel. (03 41) 4 77 28 24, Fax (03 41) 4 77 28 25.
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 30.04.2000