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Bistum Erfurt

Schwester Matthäa

Vorgestellt

Schwester MatthäaWenn morgens um 8 Uhr Frauen in der Gynäkologisch-geburtshilflichen Abteilung des Heiligenstädter St.-V../../incenz-Krankenhauses auf ihre Aufnahme warten, setzt sich Schwester Matthäa Massolle öfters dazu. "Ins Krankenhaus zu müssen ist nicht leicht. Ich versuche, den Frauen ein bisschen Mut zu machen", sagt die Klinikseelsorgerin.

Unter der Gesamtleitung von Rektor Pfarrer Arno Wand ist die Ordensfrau im St.-V../../incenz-Krankenhaus für die Patientinnen der Gynälologisch-geburtshilflichen Abteilung und für die Kinderabteilung zuständig. Ihr Dienstzimmer hat die Seelsorgerin, die zu den Barmherzigen Schwestern vom Heiligen V../../incenz von Paul gehört, gleich neben der Aufnahme.

"Ganz wichtig für die Begegnung mit den Patienten ist, dass ich mich in deren Situation hineinversetze", sagt die Ordensfrau. Schon beim ersten Kontakt erfährt Schwester Matthäa nicht selten von den Sorgen und Belastungen der Patientinnen, wenn etwa der Vater einer Frau schwer krank zu Hause liegt oder eine Mutter traurig ist, dass die Kinder nichts mehr von der Kirche wissen wollen. Schwester Mat-thäa versucht dann, zu trösten und Lasten mitzutragen ...

Und so versteht sie ihren Dienst in der Klinik überhaupt: Mit den Menschen ein Wegstück gemeinsam gehen, für und mit ihnen beten und an ihrer Krankheit, ihren Sorgen, Ängsten und Hoffnungen Anteil nehmen. "Wenn Jesus Kranken begegnet", erinnert die Ordensfrau, "schaut er sie an und fragt sie: ,Was soll ich dir tun?' Er gibt nicht sofort Anweisungen, sondern interessiert sich über die Krankheit hinaus für den ganzen Menschen."

Rund 50 Prozent der Frauen, die in die Klinik kommen, sind nicht getauft, weiß Schwester Matthäa. "Ich bin aber nicht katholisch", hört sie öfters, wenn sie in den Krankenzimmern auftaucht, um sich vorzustellen und ihre Hilfe anzubieten. Doch gerade mit diesen Frauen komme sie nicht selten in guten Kontakt, so die 57-Jährige, die seit fast sieben Jahren als Krankenhausseelsorgerin tätig ist und aus Detmold nach Heiligenstadt kam. In der Adventszeit habe ihr nach einem Gespräch eine Frau gesagt: "Ich habe noch mit niemand so wie mit ihnen über mein Leben sprechen können. Ich fühle mich richtig erleichtert." Dabei sei die rund 35 Jahre alte Frau ziemlich fertig mit sich und der Welt gewesen. "Oft geht es um Sinnfragen und um Werte", sagt Schwester Matthäa. "Ein Kind? Nein! Schauen Sie sich doch mal die Welt an", hört sie des öfteren. Ihre Antwort: "Wenn sie damit Recht hätten, dürfte ich gar nicht da sein. Ich bin am Ende des Krieges geboren, wo alles ziemlich hoffnungslos schien ..."

Es gebe eine Menge Menschen, die zwar angeben, nicht an Gott zu glauben, im Inneren aber sehr offen für religiöse Fragen seien, sagt die Seelsorgerin. Und es gebe nicht wenige, die so manches an der überlieferter kirchlichen Praxis nicht mehr anspricht. "Ihnen allen müssen wir neue Formen, den Glauben zu leben, anbieten, ist Schwester Matthäa überzeugt. Dass Menschen durchaus an Gottes Macht glauben, obwohl sie nicht getauft sind, macht sie am Beispiel einer todkranken ungetauften Frau fest, die ihr eines Tages die Frage stellte: "Schwester, wenn ich gestorben bin, kann ich dann meine Oma und alle meine Kinder wiedersehen?"

Unter den Frauen sind immer wieder Patientinnen mit Krebserkrankung. Schwester Matthäa versucht, ihnen viel Zuwendung zu schenken und auch über den Klinikaufenthalt hinaus mit ihnen Verbindung zu halten und dabei im Blick zu haben, ob die Frauen zu Hause gut umsorgt werden. Aber auch während des Klinikaufenthalts sucht die Seelsorgerin den Kontakt zu den Angehörigen. "Zum Beispiel habe ich schon telefonisch den Söhnen einer Frau ins Gewissen geredet, sie sollten doch ihre todkranke Mutter endlich besuchen. Die Patientin lag wochenlang bei uns und konnte nicht sterben. Die Söhne sind gekommen. Und die Frau ist schließlich ganz friedlich eingeschlafen." Auf der Kinderstation, auf der Schwester Matthäa ebenfalls ihre Begleitung anbietet, hat ihr die Mutter eines kranken Jungen unlängst gesagt: "Schwester, sie sind die erste, die fragt, wie es mir geht."

Sie sei schon mit viel Leid konfrontiert, räumt Schwester Matthäa ein und gesteht, dass sie darüber manchmal auch nicht schlafen kann. "Ich versuche, wie Simon dem Herrn das Kreuz tragen helfen", sagt sie schlicht.

Auch für das Personal will die Seelsorgerin, die selbst einmal den Beruf der Krankenschwester gelernt hat, Ansprechpartnerin sein. Sie weiß, dass Schwestern und Pflegern nicht die Zeit bleibt, die sie selbst hat, um mit Kranken ins Gespräch zu kommen. Und ist dankbar für die gute Zusammenarbeit. So erkundigt sie sich, wie die Arbeit läuft, wie es Angehörigen geht, ob es Probleme gibt. Andererseits bitten sie Ärzte oder Schwestern hier und da, mit einer Patientin über schwierige Angelegenheiten zu reden und so den therapeutischen Prozess zu fördern, etwa, wenn eine Schwangere lange in der Klinik liegen muss, aber nicht bleiben will. "Wir wissen den Dienst der Schwester sehr zu schätzen", sagt denn auch Chefarzt Klaus-Dieter Ketscher. "Mit Hilfe von Schwester Matthäa hat das Personal gelernt, ganzheitlicher auf die Patienten zuzugehen."

Allen Müttern, die es möchten, bietet die Schwester an, ihre Neugeborenen zu segnen: "Ich besuche die Frauen, frage nach dem Namen ihrer Kinder, erzähle ihnen etwas über den Namenspatron. Wir sprechen darüber, dass es ein Geschenk ist, ein gesundes Kind zur Welt zu bringen, das als Ebenbild Gottes zu einer einmaligen Person heranwachsen wird. Und wir bitten Gott um seinen Schutz für das Kind. Auch die meisten ungetauften Mütter wünschen, dass ich ihr Kind segne." Eckhard Pohl

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 18 des 50. Jahrgangs (im Jahr 2000).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 30.04.2000

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