Emsige Sparer hinterzogen die Steuer
Schatz in Schmochtlitz
Schmochtitz (jak) - Eigentlich ist es ein typischer Fall von Steuerhinterziehung und schwarzen Kassen. Brakteaten - die Pfennige des Mittelalters - mussten alle Jahre umgetauscht werden, und so wurden aus vier Pfennigen nur noch drei. Diesem frühen Steuersystem entzogen sich emsige Sparer in Schmochtitz bei Bautzen, sie lagerten von 1170 bis 1240 die Brakteaten in einem Gefäß und vertraute auf den Wert des Silbers - zirka elf Erfurter Silbermark. Irgendwann schließlich geriet die schwarze Kasse in Vergessenheit und wurde erst 1986 zum Schmochtitzer Brakteatenschatz. Diesem wurde die erste Ausgabe der neuen Reihe "Schmochtitzer Hefte" gewidmet, die kürzlich in Anwesenheit des Autors Reinhard Spehr vorgestellt wurde.
Bei den beginnenden Bauarbeiten zum heutigen Bischof-Benno-Haus schnitt am 9. Juli 1986 Baggerfahrer Wolfgang Steffek das Tongefäß mit den Brakteaten an. Auf den Fund aufmerksam geworden, leitete die damals zuständige Kirchliche Land- und Forstwirtschaft sofort die nötigen Sicherungsmaßnahmen ein. Wie Reinhard Spehr noch heute dankbar betonte, durchaus keine Selbstverständlichkeit. Viele Funde verschwinden noch immer in dunklen Kanälen. Die rund 900 Schmochtitzer Brakteaten gehören zu den bedeutendsten Schätzen ihrer Art. Zumeist handelt es sich um weltliche Prägungen. So ist Wladislaus von Böhmen zu sehen, ein Gefolgsmann Kaiser Barbarossas, dessen Bildnis sich auf zahlreichen anderen Münzen findet. Wladislaus erhielt die Oberlausitz übrigens 1156 als Reichslehen. Das der Schwerpunkt auf den so genannten Königsprägungen liegt, ist für Reinhard Spehr ein weiteres Indiz dafür, dass das Reichsgut im östlichen Sachsen bis weit ins 13. Jahrhundert hinein wesentlich stärker war als bisher angenommen. Der historischen Diskussion darum möchte er mit seiner Publikation dienen. Leider sei die Auseinandersetzung darum nach dem Zweiten Weltkrieg kaum fortgesetzt worden, betonte Spehr.
Weiter finden sich zahlreiche Prägungen kirchlicher Macht. Darunter ein bischöflicher Brak-teat aus dem Ende des 12. Jahrhunderts, vermutlich handelt es sich bei der abgebildeten Person um Bischof Dietrich oder Bruno II. Ein besonders schönes Stück zeigt Erzbischof Wichmann von Magdeburg (1152 bis 1192), er sitzt im Pontifikalornat auf einem Löwenkopfthron. In der linken Hand hält er einen Palmzweig, in der rechten den Bischofsstab. Leider sind die Brak-teaten nicht in Schmochtitz zu sehen. Vertreter der Numismatischen Gesellschaft sicherten jedoch ihre Unterstützung für eine eventuelle Ausstellung zu. Die Brakteaten würden dorthin gehören, wo sie vor Jahrhunderten gesammelt wurden.
Das Heft kostet 17 Mark und ist über das Bischof-Benno-Haus zu beziehen. Bestellungen unter der Telefonnummer
(035 935) 2 20
Die Kirchliche Land- und Forstwirtschaft hatte 1986 korrekt gehandelt und den Brakteatenfund sofort den zuständigen Stellen gemeldet. Damit konnte der wertvolle Münzschatz gesichert und in die historische Forschung einbezogen werden. In Schmochtitz selbst verblieb kein einziger Brakteat. Auch die 1995 im Hof des Pfarramtes Zwenkau gefundenen Münzen waren nur kurz für die Gemeinde und ihre Gäste zu bewundern. Beide Funde werden im Depot des Landesamtes für Archäologie aufbewahrt und sind nicht für die Öffentlichkeit zugänglich - schade eigentlich.
In Schmochtitz wurde jetzt anlässlich der Buchpräsentation "Der Brakteatenschatz von Schmochtitz" der Wunsch laut, dass die Brakteaten im Bischof-Benno-Haus gezeigt werden sollten, zumindest ein Teil von ihnen. Ein verständlicher Wunsch und es bleibt zu hoffen, dass die staatlichen Stellen diesem Rechnung tragen. Die Münzen sind ein Teil der Schmochtitzer Geschichte und sollten an diesen lebendigen Ort zurückkehren.
Holger Jakobi
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 07.05.2000