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Feiertag der Feiertage

Wie orthodoxe Christen in Dresden das Osterfest feiern

Diakon Reinhardt mit einer Ikone Dresden (tg / tdh) - Ostern, das Fest der Auferstehung, ist für die orthodoxen Christen "der Feiertag der Feiertage", sagt Gottfried Reinhardt. Er ist Diakon an der russisch-orthodoxen Kirche in Dresden. Normalerweise haben die Orthodoxen einen Ostertermin, der sich von dem der katholischen und evangelischen Christen unterscheidet, denn sie berechnen ihn nach dem Julianischen und nicht, wie die westliche Christenheit, nach dem Gregorianischen Kalender. Dadurch ergibt sich fast immer ein Zeitunterschied von einer, manchmal von bis zu fünf Wochen. In diesem Jahr ist es anders: Das orthodoxe Osterfest fällt mit dem der katholischen und evangelischen Christen auf den selben Tag.
Dann wird auch in den orthodoxen Kirchen in Deutschland, etwa in Leipzig und in Dresden, wieder großer Andrang herrschen. Vorbereitet haben sich die orthodoxen Christen auf diesen Höhepunkt mit einem 40-tägigen Fasten. Am Karfreitag wird keine Liturgie gefeiert. Die Liturgie ist ein vollständiger Gottesdienst mit Abendmahl, der nur am Morgen beginnen darf. Statt dessen beginnt 14 Uhr ein Gottesdienst, in dem der Todesstunde des Gottessohnes gegen 15 Uhr gedacht wird. Die Gemeinde versammelt sich im Kirchenraum um einen Sarg, der das Grab Christi symbolisiert. Auf den Sarg legt der Priester die sogenannte "Blaschtscheniza", das Tränen-Tuch. Darauf ist der tote Jesus dargestellt. "Wir versetzen uns in diese Zeit zurück", erläutert Diakon Reinhardt. Deshalb ist das Ritual lebendiges Erleben mit allen Sinnen.
Symbolische Bedeutung hat auch der Kirchenraum, in dem die Gemeinde steht - Kirchenbänke gibt es nicht. Er steht für die Welt, das irdische Leben. Der verborgene Altarraum, abgetrennt durch die Bilderwand, den "Ikonostas", stellt das Himmelreich dar. "Der Grundgedanke des orthodoxen Christentums ist: Gott ist zu den Menschen gekommen, um sie zu erlösen", erläutert Reinhardt den Zuhörern in dieser Veranstaltung des Kathedralforums Dresden in der russisch-orthodoxen Kirche. Er zeigt auf die Mitte der Bilderwand, dorthin, wo sich eine große, mit Abbildungen der Verkündigung Mariens und der vier Evangelisten geschmückte Tür befindet. Die öffnet der Priester nur zu einem bestimmten Moment während des Gottesdienstes. Das steht für die Verheißung an die Gemeinde: Christus öffnet die Tür, damit ihr durch die unüberwindlich scheinende Mauer in das Himmelreich gelangt.

Die Botschaft der Verheißung transportieren auch die Ikonen, sagt Reinhardt: "Sie sind ein Abbild des Urbildes. Menschen, die wie wir auf der Erde gelebt haben, blicken uns aus der überirdischen Welt heraus an. Der Goldgrund ist das Licht der Ewigkeit."

Der Abendgottesdienst am Ostersonnabend gehört zu den längsten. Da wird aus dem Alten Testament gelesen, Chor und Priester lösen sich in Wechselgesängen ab. Eine Begleitung durch Instrumente gibt es nicht. Der Priester schwenkt das Weihrauchfass. Während des Gottesdienstes verschwindet er im Altarraum. Dort tauscht er sein schwarzes gegen ein weißes Gewand.

Höhepunkt ist die Prozession um Mitternacht. Bis zu drei Mal wird die Kirche dabei umrundet. Voran der Priester mit dem Kreuz. Hinter ihm die Gemeindemitglieder, singend, in den Händen brennende Kerzen, das Evangelien-Buch und Ikonen. Dann wird das Auferstehungsevangelium gesungen. Der Priester klopft drei Mal an die verschlossene Kirchentür. Schließlich öffnet sie sich. Der österliche Gesang wird angestimmt. Immer wieder ertönt der freudige Ruf: "Christus ist auferstanden - er ist wahrhaftig auferstanden." Nun ist auch das Fasten beendet. In der Morgenliturgie werden spezielle Osterspeisen gesegnet. "Und danach", sagt Diakon Reinhardt, "wird tüchtig gefeiert."

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 15 des 51. Jahrgangs (im Jahr 2001).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 15.04.2001

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