Unterwegs mit Gleichgesinnten
Pilgerfahrt II
Rom - "Ich bin anlässlich des Heiligen Jahres auf Pilgerfahrt in Rom gewesen." Dies können nun 525 Frauen, Männer und Kinder aus den Bistümern Görlitz und Erfurt sowie 60 aus der Diözese Würzburg sagen. Und dies mit Recht! Denn die gemeinsam von den Diözesen und der Redaktion Tag des Herrn veranstaltete und vom Bayerischen Pilgerbüro durchgeführte Zugreise war wirklich eine Pilgerfahrt.
Dies wurde zum Beispiel bei den täglichen Gottesdiensten deutlich. Kaum in Rom angekommen fand am Sonntagnachmittag die Eröffnungsmesse in der Kirche St. Paul vor den Mauern statt. Viele der Pilger waren bewegt, nun - 24 Stunden nach Abfahrt von zu Hause - in einer der vier Hauptkirchen zu sein und in der Gemeinschaft mit dem Görlitzer Bischof Rudolf Müller und insgesamt zehn Priestern aus den Bistümern Erfurt und Görlitz Eucharistie feiern zu können. "Ich habe die ganze Messe gestanden und gedacht, wie winzig ich doch bin in dieser riesigen Kirche!", sagte Kerstin Scholze (37) aus Wittichenau hinterher. "Was waren das doch für Menschen, die Christus so verehrt haben, dass sie solche Kirchen bauten."
Große Kirchen sollten in den nächsten Tagen oft das Ziel der 600 Pilger sein, die dazu mit 13 Bussen aus zwölf verschiedenen Hotels zusammen kamen. Gemeinsam Eucharistie gefeiert wurde auch im Pantheon - inzwischen war der Erfurter Bischof Joachim Wanke eingetroffen - und zum Abschluss in der Mutterkirche aller Kirchen, im Lateran. Gerade bei diesen Hauptgottesdiensten war die Gemeinschaft deutlich spürbar. In St. Peter feierten 600 Pilger mit dem deutschen Kurienkardinal Paul Augustin Mayer die Heilige Messe, nach dem sie singend und betend über den gesamten Petersplatz durch die heilige Pforte in den Petersdom eingezogen waren.
So richtig Weltkirche war am Mittwoch bei der Papstaudienz auf dem Petersplatz zu erleben. Per Mikrofon wurden die anwesenden Gruppen begrüßt: Aus Paris und Los Angeles, aus Japan, Malta und Kanada und auch aus den Diözesen Erfurt und Görlitz wurden die Pilger aufgerufen. Jede Gruppe reagierte lautstark, um deutlich zu machen: Wir sind wirklich da. Später begrüßte auch der Papst noch einmal "die Pilger aus den Bistümern Erfurt und Görlitz".
Viele Pilger waren bewegt von den Erlebnissen: "So gemeinsam mit unserem Bischof nach Rom zu kommen im Heiligen Jahr, das ist einmalig", sagte Ingeborg Schiemann (57) aus Wittichenau. Gabriele Abend aus Arnstadt (49) erinnerte sich: "Mein Vater gehörte vor 25 Jahren zu der kleinen Gruppe, die anlässlich des Heiligen Jahres aus der DDR nach Rom fahren durfte. Wer hätte gedacht, dass wir einmal alle hierher können. Ich bin dankbar, dass wir so unter Gleichgesinnten diese Fahrt machen können." "Es ist wunderschön, dass die Reise möglich geworden ist", bestätigte auch Anni Bartusch (82) aus Erfurt.
Während der Reise spielte die Gemeinschaft eine wichtige Rolle, so auch bei einem Ausflug in die Albaner Berge in der Nähe von Rom. Nach einem Besuch der Sommerresidenz des Papstes, Castel Gandolfo, ging die Fahrt nach Frascati, wo in einem Weinlokal der Abend verbracht wurde. Es waren die 197 Pilger aus dem Eichsfeld, die nach dem ersten Glas Wein ihr Eichsfeldlied anstimmten, was die Thüringer bewog, das Rennsteiglied zu schmettern. Davon angeregt erzählten Bischof Müller und Reiseleiter Alfred Wagner von der Würzburger Stelle des Bayerischen Pilgerbüros einen Witz nach dem anderen. "Es ist urgemütlich", meinte nicht nur die Graue Schwester Aloisia aus Gotha.
Alfred Wagner und seine zwölf Mitarbeiter sorgten ständig für einen reibungslosen Ablauf der Reise. Bei der Hin- und Rückfahrt war der Reiseleiter per Lautsprecher allgegenwärtig. Da gab es zugestiegene Pilger zu begrüßen, Tipps zur Benutzung der Pritschen in den Liegewagen durchzugeben oder über die bestellten Lunchpakete zu informieren. Via Lautsprecher beteten auch die beiden Bischöfe mit den Pilgern Morgengebet und den Rosenkranz. Und auch zum Empfang des Bußsakramentes im Zug wurde eingeladen. Mehrmals zu hören war die Stimme von Josefa Kendzia von der Pilgerstelle in Erfurt, die Abschnitte aus der Adalbert-Seipolt-Geschichte über Schwester Annabertas Romreise vorlas.
"Ich erhoffe mir von unserer Reise einen Impuls für die Bistums- und lokalen Wallfahrten", meinte Bischof Wanke auf der Rückfahrt. Beim Abschlussgottesdienst hatten er und Bischof Müller die Pilger ermutigt, sich angesichts der Freude über die Reise zu den Apostelgräbern wieder beherzt auf den Alltag zu Hause einzulassen.
Eckhard Pohl
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 04.06.2000