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Bistum Erfurt

Eigentum verpflichtet

Katholische Akademien Erfurt

Weimar (ep) - Was bedeutet das Siebte Gebot "Du sollst nicht stehlen" für die heutige Gesellschaft? Und welche gesellschaftliche Kraft hat die Aussage im Grundgesetz "Eigentum verpflichtet"? Diese und ähnliche Fragen standen in der vergangenen Woche über einem Abend im Rahmen der Reihe zu den Zehn Geboten, zu der in diesem Jahr die Katholischen Akademien der Diözesen Erfurt (Katholisches Forum in Thüringen), Dresden-Meißen, Magdeburg und die Katholische Akademie in Berlin einladen. Thema jetzt in Weimar: "Eigentum verpflichtet".

Wenn heute Menschen die Möglichkeit vorenthalten wird, einer beruflichen Arbeit nachzugehen, so ist dies zumindest im ethischen Sinne ein Verstoß gegen das Siebte Gebot, nämlich "Diebstahl von Beteiligungsrechten", also im Widerspruch zur Beteiligungsgerechtigkeit. Diese Auffassung vertrat der Erfurter katholische Sozialethiker Michael Schramm, der seine Aussage allerdings nicht im Sinne eines einklagbaren Rechts auf einen Arbeitsplatz verstanden wissen wollte. Umfrageergebnissen zufolge rangiere das Siebte Gebot nach dem Gebot "Du sollst nicht töten" an zweiter Stelle hinsichtlich seiner Bedeutung für die Menschen und sei durchaus im Bewusstsein der Leute, so Schramm.

Die Aussage des Grundgesetzes Artikel 14, Absatz 2, "Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohl der Allgemeinheit dienen" stellt eine "Direktive" dar, aus der sich keine unmittelbar einzufordernden Pflichten ableiten lassen. Darauf machte der Präsident des Oberverwaltungsgerichtes in Weimar, Hans-Joachim Strauch, im Rahmen der Veranstaltung aufmerksam. Wirkliche Bedeutung erhalte der Verfassungsartikel erst durch die politische Ausgestaltung. Strauch: "Nur wenn der Staat eingreift, hat die Aussage sichtbare Konsequenzen."

Für Edwin Veit, Geschäftsführer der Gesellschaft Kommunalbau Thüringen, und damit Unternehmer-Vertreter hat Eigentum viel mit "Gabe und Geschenk" zu tun. Für ihn als evangelischen Christen bedeute dies Verpflichtung etwa nach dem Motto "Setze dein Eigentum so ein, dass es deinen Kunden und so auch dir selbst massiven Nutzen bringt." Ein eigenes elftes Gebot für Unternehmer könnte seiner Ansicht nach auf diesem Hintergrund heißen: "Sei erfolgreich im freien Wettbewerb und im strengen Rahmen von Gesetz, Moral und Fairness." Vorrangige Aufgabe des Unternehmers sei es nicht, wie der heilige Martin den Mantel zu teilen, so Veit weiter. Stattdessen baue der Unternehmer eine Mantelfabrik, damit der Bettler einen Arbeitsplatz findet und sich einen Mantel kaufen kann. Dies solle aber nicht heißen, dass nicht auch ein Wirtschaftsboss von seinem Vermögen etwas abgeben müsste. Er kenne durchaus größere Unternehmen, die in ihren Geschäftsstatuten die Verpflichtung verankert haben, zehn oder zwanzig Prozent des Gewinns jährlich wohltätigen Zwecken zufließen zu lassen, so der Wirtschaftsvertreter. Veit, der nach eigenen Angaben bis Mitte der achtziger Jahre ein Unternehmen mit 1000 Beschäftigten geführt hat, berichtete, er sei des öfteren gefragt worden, ob es für einen Christen überhaupt mit dem Glauben vereinbar sei, in der Wirtschaft Verantwortung zu übernehmen. Seine Antwort: "Ich habe gesagt, es gibt viel zu wenige, die dies tun."

Deutliche Kritik übten die Referenten und einige Zuhörer an der Tatsache, dass heute nicht selten an den Börsen anonym über das Wohl und Wehe von vielen tausend Arbeitnehmern entschieden werde und Geld mit Geld und nicht durch solide Arbeit verdient wird.

Edvin Veit forderte die Zuhörer auf, sich über die eigenen Ziele klar zu werden. Ihm jedenfalls sei es wichtiger, "morgens in der Bibel zu lesen, als schon am Frühstückstisch die Börsendaten anzuschauen", so der Unternehmer, der in diesem Zusammenhang an die Macht der Verbraucher erinnerte, die den Shell-Konzern gezwungen hatten, eine Bohrinsel nicht zu versenken. Als Unternehmer müsse er sich allerdings an den Marktgesetzen orientieren und auch Menschen entlassen, wenn ihre Arbeitsplätze nicht effektiv sind. Allerdings dürfe die Wirtschaftlichkeit nicht das einzige Kriterium sein.

Dass es mit dem Recht auf (Alt-)Eigentum gerade in den neuen Bundesländern und auch zehn Jahre nach der Wende so seine Schwierigkeiten hat, wurde an mehreren Beiträgen von Teilnehmern der Veranstaltung deutlich, die von ihren Problemen mit Behördenentscheidungen berichteten.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 23 des 50. Jahrgangs (im Jahr 2000).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 04.06.2000

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