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Der Vater der Caritas-Häuser ging in Rente

Johannes Brosdetzko war 20 Jahre lang Leiter des Baureferats beim Caritasverband

Bild von Johannes Brosdetzko Cottbus (kh) - Eltern sollten ihre Kinder alle gleich behandeln, findet Johannes Brosdetzko. Diesem Grundsatz versuchte der dreifache Vater auch bei der Arbeit treu zu bleiben, und das, obwohl er als Leiter des Baureferats bei der Caritas im Bistum Görlitz nicht mit heranwachsenden Menschen, sondern mit im Bau oder Umbau befindlichen Gebäuden zu tun hatte. Und zwar genau 20 Jahre lang.

"Es gibt kein Haus der Caritas, wo ich nicht den Fuß drin hatte oder die Hand mit angelegt habe", sagt der Diplom-Ingenieur, der zum 1. Januar offiziell in den Ruhestand ging. Jedes dieser Gebäude habe er "auf bestimmte Art lieb", versichert Johannes Brosdetzko. Und so wie bei seinen Kindern habe er es auch bei den Häusern der Caritas gehalten: "Wenn eines in Not ist, bekommt es besonders viel Aufmerksamkeit." Eine Extraportion Zuwendung hatte zum Beispiel Schloss Mengelsdorf nötig, weil bei den Arbeiten dort auch Vorgaben des Denkmalschutzes berücksichtigt werden mussten.

Vor der Wende teilten die Caritas-Bauten noch ein weiteres Los vieler Kinder: Die Erwachsenen hatten erst nach Dienstschluss Zeit, sich mit ihnen zu beschäftigen. Da die Kirche ein Bauvorhaben zu DDR-Zeiten nicht einfach an eine Firma übergeben konnte, machten sich die Gläubigen am Feierabend selbst ans Werk - oft bis in die Nacht hinein. Auch Johannes Brosdetzko hat in den 70er Jahren neben seiner Tätigkeit beim Textilkombinat den Umbau der Cottbuser Marienkirche geleitet und dafür den päpstlichen Orden "Benemerenti" erhalten. Das goldene Kreuz an einer gelbweißen Schleife freut ihn bis heute - ebenso wie die Gewissheit, mit seiner Arbeit bei der Caritas anderen Menschen das Leben immer wieder ein wenig verschönert zu haben.

Besonders deutlich wurde das für den gebürtigen Oberschlesier bei seinen Aufenthalten in St. Petersburg: "Ich sage immer: Da braucht man sich 14 Tage lang nicht die Hände zu waschen, so wird man da abgeküsst", umschreibt er die herzlichen Begegnungen mit den Menschen dort. Schließlich ist Johannes Brosdetzko in der russischen Stadt schon vielen bekannt als "der Mann aus Deutschland, der die Transporte organisiert".

1992 nahm er die Sache zum ersten Mal in die Hand - auf Bitten von Monsignore Hartmut Kania, der Kaplan in Cottbus gewesen war. Die Spendenpakete aus dem Bistum hätten eigentlich vom sowjetischen Militärflughafen Finsterwalde aus nach St. Petersburg gelangen sollen. Doch die Flugzeuge konnten nicht starten, weil das Geld für den Sprit fehlte. Also telefonierte Johannes Brosdetzko so lange quer durch Deutschland, bis das Technische Hilfswerk Würzburg schließlich die Spendengüter zur Caritas nach Russland brachte.

Seit drei Jahren übernimmt eine internationale Speditionsfirma den Transport. Zu organisieren bleibt Johannes Brosdetzko trotzdem noch einiges. Schließlich müssen die gebrauchten Kleidungsstücke und Schuhe aus den verschiedenen Gemeinden des Bistums, in denen sie abgegeben werden, erst einmal an einem Ort gesammelt werden. Hat Johannes Brosdetzko auf deutscher Seite alles so weit geregelt, steht ihm oft noch jede Menge Ärger mit den russischen Behörden ins Haus, bevor die Waren in St. Petersburg ankommen. Für den langjährigen Caritas-Mitarbeiter ist das kein Grund, sich entmutigen zu lassen: "Wenn man die Dankbarkeit sieht und die Notwendigkeit, ist das alles wieder vergessen."

Während seines Ruhestandes will Johannes Brosdetzko die Hilfsaktionen weiter koordinieren, zumal sich bisher kein anderer für diese Aufgabe gefunden hat. Auch sonst ist er überzeugt, dass er sich als Rentner neue Aufgabenpäckchen schnüren wird. Eines davon könnte zum Beispiel den Vorsatz beinhalten, sich öfter mit den Enkeln zu beschäftigen. Abrupt erfolgt der Abschied vom Berufsleben für Johannes Brosdetzko ohne-hin nicht. Bereits begonnene Bauarbeiten an Caritas-Häusern betreut er noch bis zum Ende.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 1 des 52. Jahrgangs (im Jahr 2002).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 03.01.2002

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