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Auf zwei Minuten

Auf Zukunft hin

Pater Damian

Pater Damian MeyerKommt so einer in den Himmel? So fragte die Schlagzeile der Bildzeitung beim Tod von Erich Mielke. Bild lässt dann je einen Vertreter des Buddhismus, des Judentums, des Islams und einen katholischen Pfarrer zu Wort kommen, um diese Frage zu beantworten. Interessant ist, wie die Antworten des islamischen Imams und des katholischen Priesters letztlich übereinstimmen: "Trotzdem kann kein Mensch sagen, was ihn erwartet - Gott kann aus Gnade auch sehr viel vergeben" (Imam). - "Das ist Gott überlassen. Und er ist nicht nur gerecht, sondern auch liebevoll und gnädig" (katholischer Priester).

Die Kirche hat von vielen Menschen erklärt, dass sie als Selige und Heilige bei Gott, also "im Himmel" sind. Aber sie hat nie gesagt, auch von den schlimmsten Verbrechern in der Geschichte nicht: Er oder sie ist in der Hölle!

Gerechtigkeit und Gericht Gottes dürfen wir nicht am Modell menschlicher Strafjustiz ablesen. Gottes Gerechtigkeit und Liebe stehen nicht im Gegensatz zueinander. Die unausrottbare menschliche Sehnsucht nach letzter Gerechtigkeit, der tiefe Wunsch, "der Mörder möge nicht ewig über sein unschuldiges Opfer triumphieren" (Horkheimer), kann nur von Gott erfüllt werden. In seiner "Macht der freien Gewinnung" wird er Menschen mit sich und untereinander versöhnen können, so dass sie dennoch bei ihm im Himmel, beim ewigen Fest der versöhnten Schöpfung, sein können - so hoffen wir. Gott kennt Wege, die wir nicht kennen. "Gott ist größer als unser Herz, und der weiß alles" (1 Joh 3,20). Statt einen Mann wie Mielke zur Hölle zu verdammen, steht es uns besser an zu sagen: Ich hoffe, er wird in der Begegnung mit dem liebenden Gott geläutert und mit ihm und auch mit seinen Opfern versöhnt.

Pater Damian Meyer

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 25 des 50. Jahrgangs (im Jahr 2000).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 18.06.2000

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