Jetzt 4 Wochen kostenfrei Tag des Herrn lesen!
Bistum Dresden-Meißen

Katecheten diskutieren über Wege zum Christentum

÷kumene

Dresden - Menschen, die der Religion fernstehen, können nur durch unmittelbare Begegnung, Erfahrung und den Austausch in einer Gruppe zum Christentum finden, meint André Fossion. Der Belgier ist Vorsitzender der "Equipe Européenne de Catéchèse" (Europäische Katechetenvereinigung). Rund 60 der insgesamt 100 Mitglieder der Vereinigung, Verantwortliche für Katechese aus 23 Ländern, haben jetzt im Bischof-Benno-Haus im sächsischen Schmochtitz über die Frage diskutiert: "Wie wird man heute in Europa Christ?"

Auf dem traditionellen Weg von Taufe über Erstkommunion und Firmung jedenfalls kaum noch, so Fossion. In dieser Situation reicht es seiner Ansicht nach nicht, allein Faktenwissen über das Christentum weiterzugeben. "Die Fülle an Informationen ist heute so groß. Da kommt es vielmehr darauf an zu unterscheiden, was wichtig ist und was nicht." Nur über eigene Erfahrungen könnten nicht Glaubende das Christentum für sich entdecken. Einerseits lebten die Europäer heute in Staaten, die nicht mehr die Weitergabe des Glaubens fördern, sondern die Religionsfreiheit. Dass jeder sein Leben selber zu gestalten habe, konstatiert Fossion, sei zu einem Grundelement der demokratischen Gesellschaften in Europa geworden. "Andererseits wollen die Menschen auch nicht mehr irgendwelche Wahrheiten gesagt bekommen; sie wollen ihren eigenen Weg gehen."

Daher müsse die Kirche offene Begegnungsmöglichkeiten schaffen, pflichtet ihm Karl Heinz Schmitt bei, der Vorsitzende des deutschen Katecheten-Vereins. Ein Kloster beispielsweise könne so ein Begegnungsort sein. Oder eine Wallfahrt. Da vermischen sich touristisches Interesse und religiöses Ereignis. Wenn hier Gelegenheiten geschaffen werden, mehr als nur touristische Erfahrungen zu sammeln, "dann kann es vielleicht geschehen, dass einer als Tourist aufbricht und als Pilger wiederkommt." Allerdings: So schnell gehe es in den seltensten Fällen, meint Schmitt. Die Menschen machten an verschiedenen Orten Erfahrungen und kämen nicht anschließend sofort in die Gemeinden. "Deshalb kommt es darauf an, erinnerungswürdige Begegnungen zu ermöglichen." Er kenne einen Fall, wo ein Mann sich aus der Bibel zunächst Lebensweisheiten he-rausgesucht habe, sagt Schmitt. "Das kann ein Hinweis für uns sein: Es geht erst einmal um Lebensweisheiten, um Erfahrungen und erst in zweiter Linie um eine Hinführung zum Glauben."

Der Erfurter Theologe Eberhard Tiefensee rät allen Initiativen - gleich, ob man sie Mission oder Evangelisierung nennt - dreierlei: Erstens, den "Abgrund" zwischen kirchlicher Verkündigung und nicht christlichen Adressaten nicht zu unterschätzen; zweitens sich jeglicher Abwertung der anderen Seite - durch negative Bezeichnungen etwa - zu enthalten und drittens, die Zielstellung zu klären, ohne die eigene Schwäche zu kaschieren. Sein Vorschlag: Anstatt an einer ehrgeizigen Neuevangelisierung Europas zu scheitern, es mit einer Art "Ökumene" mit der "dritten Konfession" zu versuchen - der der Konfessionslosen. Zunächst jedenfalls müsse entschieden werden, "ob es in erster Linie um Evangelisierung als Mitgliederwerbung, als Durchsetzung von Prinzipien oder als Vermittlung der Menschenfreundlichkeit Gottes geht, was sich alles nicht ausschließt, aber bei weitem nicht dasselbe ist". Menschen seien am besten absichtslos zu gewinnen. Dabei müsse die Kirche auch bereit sein, "sich im Sinne der jesuanischen Proexistenz um der Menschen willen nötigenfalls selbst zu riskieren".

Tomas Gärtner

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 26 des 50. Jahrgangs (im Jahr 2000).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 25.06.2000

Aktuelle Empfehlung

Der TAG DES HERRN als E-Paper - Jetzt entdecken!

Aktuelle Buchtipps