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Bistum Magdeburg

Vom Petersplatz auf den Markt

Magdeburger Tag der Akademie

Weihbischof Gerhard Feige (li.) und der Philosoph Eberherd TiefenseeMagdeburg (dw) - "Wir halten uns viel zuviel auf dem Petersplatz auf und sollten stattdessen mehr auf den Aeropag gehen", hatte Hans-Joachim Marchio, Direktor der Katholischen Akademie des Bistums Magdeburg, bei einer Akademieveranstaltung im vergangenen Jahr gesagt. Christen verharrten gegenwärtig zu sehr im eigenen Milieu, anstatt den Dialog mit allen diskussionsbereiten Menschen zu suchen, erläuterte Marchio seinen Denkanstoß.

In einer Podiumsveranstaltung über Perspektiven des Christentums griffen drei Professoren, der Magdeburger Weihbischof Gerhard Feige (Magdeburg), der Erfurter Philosoph Eberhard Tiefensee und der Münsteraner Ludwig Siep, beim diesjährigen Magdeburger Tag der Akademie am 24. Juni die These des Akademiedirektors auf.

Eberhard Tiefensee wies darauf hin, dass Paulus in Athen ein "Flaneur" gewesen sei. Er habe sich mit dem Milieu der Stadt vertraut gemacht und habe in der dortigen Kultur Anknüpfungspunkte für seine Botschaft gesucht. Für Christen in Ostdeutschland sei das Milieu, das sie umgebe, hingegen oft absolut fremd geblieben. "Wer hat schon Nichtchristen in seinem engeren Freundes- und Bekanntenkreis?", fragte er. Teilweise beschränke man sich im Urteil über sie auf Klischees, die ähnlich zutreffend seien wie die Klischees, die im Bezug auf den Islam in Umlauf seien. "Sightseeing als Vorbereitung zur Verkündigung", lautete eine der plakativ formulierten Vorschläge, die der Erfurter Professor in die Diskussion einbrachte.

Dem Hinweis aus dem Publikum, dass Paulus bei seinem Auftritt auf dem Aeropag doch kläglich gescheitert sei und deshalb wohl kaum als Vorbild für christliche Präsenz in der Öffentlichkeit dienen könne, hielt er entgegen, dass es im Athener Publikum durchaus auch einige Zuhörer gegeben habe, die Paulus gefolgt seien. Ungeachtet ihrer unmittelbaren Wirkung wertete er die Aeropag-Rede als Auftakt der christlichen Auseinandersetzung mit der antiken Philosophie. Damit sei ein "ungeheurer geistiger Schub für das Christentum" verbunden gewesen.

Eine Frage, die viele der in Magdeburg Anwesenden nach eigenem Bekunden noch länger beschäftigen wird, lautet: "Und wo genau ist der Aeropag heute?" Professor Tiefensee wies auf die für Kinder aller Weltanschauungen offenen kirchlichen Schulen hin, auf die Feiern zur Lebenswende im Erfurter Dom, die Leipziger Friedensgebete und das Anknüpfen an die Sternsinger-Tradition - Versuche, als Kirche Profil zu gewinnen und öffentlich in Erscheinung zu treten. Die plurale Gesellschaft lebe von der Auseinandersetzung. Mit einem "Rühr mich nicht an!" sei da nichts zu gewinnen. Aus dem Plenum kamen unter anderem die Vorschläge, Fronleichnamsfeste auf öffentlichkeitswirksameren Plätzen zu feiern, die Gelegenheit zur Teilnahme an kommunalen Empfängen verstärkt zu nutzen und in den Ordinariaten Abteilungen für Marketing oder Mission zu eröffnen.

Weihbischof Feige erinnerte daran, dass im Bistum Magdeburg gerade ein pastorales Zukunftsgespräch in Gang gebracht werde, von dem er sich Impulse für das Miteinander zwischen katholischen Christen und der Bevölkerungsmehrheit erhoffe. Sicher werde man allerdings auch in diesem Gesprächsprozess kaum Wege finden, die für alle Gemeinden gleichermaßen gangbar seien. Wichtig erscheine es ihm, sich über die Frage zu unterhalten: "Wollen wir ,nur' die Menschenfreundlichkeit Gottes kundtun oder wollen wir auch Nachwuchs für unsere Gemeinden gewinnen?" Ihn persönlich bewege die Frage, was aus den ostdeutschen Gemeinden wird, sehr.

Im Einstiegsreferat hatte der bis zu seiner Bischofsweihe in Erfurt lehrende Professor für Kirchengeschichte seinen Blick auf die "Erfolgsgeschichte" der frühen Christen gerichtet. Dabei hatte er auch auf die Ausstrahlungskraft der Gemeinden der ersten Jahrhunderte und ihres Lebensstils hingewiesen. "Werbewirksam" sei zum Beispiel ihre Integrationskraft für Menschen aller sozialer Schichten gewesen und ihr sozial-karitatives Engagement.

Der Münsteraner Philosoph Professor Ludwig Siep hatte mit seinem Referat die Lücke geschlossen zwischen Altertum und Gegenwart. Unter der Überschrift "Das Christentum - die vernünftigste Religion?" stellte er die Beiträge von Kant, Fichte und Hegel zur Geschichte der Religionsphilosophie dar.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 27 des 50. Jahrgangs (im Jahr 2000).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 02.07.2000

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