Diakon Norbert Polossek, Niesky
Vorgestellt
Seinen Entschluss, sich zum Diakon weihen zu lassen kann Norbert Polossek genau datieren: "Eigentlich ist der Advent 1996 schuld", erklärt er. Innerhalb weniger Wochen wurden damals drei Angebote an ihn herangetragen - von ganz unterschiedlichen Seiten: Ob er in die sächsische Landespolitik nach Dresden gehen wolle, fragte seine Partei den Kommunalpolitiker an. Die Firma des 38-Jährigen, das Waggonbauwerk Niesky, hatte andere Vorstellungen. Sie wollte ihn nach Ungarn schicken. Dort sollte er ein neues Werk mit aufbauen. Und als ob diese Entscheidungen nicht schwierig genug gewesen wären, wurde er von seinem damaligen Gemeindepfarrer, Ludwig Kurtz und von Prälat Bernd Richter aus Görlitz gefragt, ob er sich vorstellen könnte, Ständiger Diakon zu werden.
"Welchen Weg geht man?", fragt Polossek und beantwortet die Frage mit einem Lächeln gleich selbst: "Immer den schwersten."
Die beiden ersten Angebote lehnte er ab und entschied sich für das dritte, jenes, das für den Kontoauszug und die Karriereleiter am wenigsten förderlich war. Nicht nur, weil diese Möglichkeit familienfreundlich war. "Es ist der Versuch, etwas mehr zu tun für und mit der Kirche Gottes und mit der Gemeinde", begründet Polossek seine Entscheidung. Und: "Bei der Kirche ist man gut aufgehoben. Der Glaube ist krisensicher. Man kann damit manche Krise überleben, anders als in der Wirtschaft."
Das Bestreben, etwas mehr zu tun, war bei Norbert Polossek schon da, während er in Niesky aufwuchs. Schon lange ist er Diakonatshelfer. Während der letzten Jahre wurden seine ehrenamtlichen Aufgaben dann immer mehr - auch außerhalb der Kirchenmauern: Während der Wendezeit beteiligte er sich an der Gründung eines Runden Tisches in seiner Heimatstadt. Seitdem engangiert er sich in der Kommunalpolitik. Eines seiner Ziele: "... dass wir junge Menschen hier behalten", was letztlich auch für die Pfarrgemeinde wichtig ist. Die Grundlagen dafür müssen seiner Meinung nach in Politik und Wirtschaft der strukturschwachen Lausitz-Region geschaffen werden. Daran will er sich als Abgeordneter und Fraktionssprecher im Stadtrat beteiligen. Auf einer zweiten Schiene setzt er sich seit acht Jahren ebenfalls für Jugendliche ein: als ehrenamtlicher Jugendstrafrichter des Landkreises, der den Jugendlichen in erster Linie "die Hand reichen" will.
Im Elternrat der Schule ist der Vater von zwei Kindern vertreten. Seit kurzem ist er Friedensrichter der Stadt Niesky. "Wa-rum sollen wir von der Kirche nicht auch Verantwortung übernehmen", fragt Norbert Polossek. Seine Antwort ist in der Frage enthalten. "Die Kirche darf nicht außen stehenbleiben", findet er. Auch innerhalb der Kirche ist es Polossek schon lange zu wenig, lediglich am Sonntag zur Messe zu gehen. Seit 14 Jahren steht er der Kolpingsfamilie Niesky vor - eine Gemeinschaft, in der er sich innerhalb der Gemeinde geborgen fühlt und die für ihn auch während seiner Entscheidung für das Diakonat tragend war.
Alles Engagement kann er sich allerdings nur unter einer Bedingung vorstellen: Man müsse auch "nein" sagen können. Und das tut er. Einen Tag in der Woche reserviert er für seine Familie, den Sonntag sowieso.
Auch während des zehntägigen theologischen Intensivkurses im Erfurter Priesterseminar war es ihm wichtig, sich dort ganz konzentrieren zu können. Diese Zeit hat er als sehr prägend empfunden: "Ein richtiger Schub". Gut tuend war auch, dass die Gemeinde ihren neuen Diakon warmherzig aufgenommen hat, "sogar die älteren Leute, die einen schon als Kind kannten und wissen, was man so alles angestellt hat", schmunzelt er.
In der eigenen Gemeinde ist er auch zuerst als Diakon tätig geworden: Am Tag der Weihe hielt er dort eine feierliche eucharis-tische Andacht. Kurz danach war Fronleichnam, "wo ich auch gleich richtig aktiv werden konnte." Neben der Mitwirkung in Gottesdiensten in Niesky und den zugehörigen Außenstationen hat Norbert Polossek sich eines ganz fest vorgenommen: Einen Nachmittag in der Woche will er sich für Besuche bei kranken Gemeindemitgliedern freihalten, schließlich seine viele von ihnen als Beter ganz wichtig für die Gemeinde.
Bei allen Aktivitäten braucht Norbert Polossek einen Ausgleich. Den findet er - mit einem Spaten in der Hand - in seinem Garten. Hier ist sein Ort, wo er "mal abschalten" kann. Manchmal fährt er auch Fahrrad oder Inlineskates. Für einen Traum aus den Kindertagen hat er bisher noch keine Zeit gefunden: Auf den Pariser Eifelturm möchte er mal klettern ...
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 09.07.2000