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Auf zwei Minuten

Wenn Dich alles einlädt

Pater Damian

Pater Damian MeyerBei einem Gang durch ein großes Kaufhaus kommt mir oft der Gedanke: "Wie viele Dinge gibt es doch, die du gar nicht brauchst!" Das hilft mir, meine Freiheit zu wahren angesichts der Überfülle an verlockenden Angeboten. Aber ich muss zugeben: Manchmal erliege ich der suggestiven Macht der Werbung und kaufe doch etwas, auf das ich gut verzichten könnte. Um unsere Grundbedürfnisse befriedigen zu können, müssen wir Dinge aus der Natur und industrielle Produkte gebrauchen und verbrauchen. Wir sind alle Konsumenten, "Verbraucher". Wenn der Mensch aber nur noch vom Konsum bestimmt wird und damit vom "Haben", wird sein Leben passiv, leer und sinnlos. "Was nützt es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, an seiner Seele aber Schaden leidet?" (vgl. Mt 16,26). Man kann sich an den Besitz und an das Haben verlieren und sogar auch andere Menschen, Partner und Freunde unter dieser Kategorie sehen und sie so behandeln.

In einem Gedicht von Hilde Domin mit der Überschrift "Warnung" lauten die letzten Zeilen: "Wenn alles dich einlädt,/ das ist die Stunde/ wo dich alles verlässt." Was lädt uns nicht jeden Tag alles ein! Etwas, was käuflich und bezahlbar ist: Einladungen in das Vielerlei, in die permanente Ablenkung, in das Haben. Das ist keine Einladung, die von Herzen kommt und zu Herzen geht, keine Einladung zu tiefer persönlicher Begegnung und zum bereichernden Austausch. Dieses "alles" ist ein Neutrum, ein Sächliches; es kann dir nicht begegnen, es kann nicht bei dir sein. Es zieht dich nach draußen. Dein Herz wird leerer und ärmer, wenn du alles hereinlässt, was dich einlädt. Eine Erfahrung der Leere und Passivität und dann des Überdrusses kann jeder machen, wenn er - sei es aus Müdigkeit oder Unlust schnell durch die verschiedenen Programme des Fernsehens "zappt" und sich auf keines wirklich einlässt. Es ist die Einladung zum oberflächlichen Konsumieren. Wer alles in sich hereinlässt, hat bald keinen Platz mehr für echte Begegnungen, für Meditation und Gebet. Paulus hat im Römerbrief (12,2) eine ähnliche Warnung wie die Dichterin ausgesprochen: "Gleicht euch nicht dieser Welt an, sondern wandelt euch und erneuert euer Denken, damit ihr prüfen und erkennen könnt, was der Wille Gottes ist: Was ihm gefällt, was gut und vollkommen ist."

Pater Damian Meyer

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 32 des 50. Jahrgangs (im Jahr 2000).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 06.08.2000

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