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Aus der Region

Trauergottesdienst im Christus-Pavillon

Concorde-Unglück

Trauergottesdienst im ChristuspavillonHannover - "Eschede". Immer wieder taucht das Wort auf. Wie war das damals, was haben wir dort getan, erinnert das tragische Flugzeugunglück nicht an die Katastrophe auf den Schienen?

Doch im Vergleich zu Eschede kam die Reaktion der Trauer nach dem Absturz der Concorde in Paris schnell. Bereits einen Tag später trafen sich Vertreter von Staat und Kirche zu einem Trauergottesdienst im Christuspavillion. Der evangelische Altbischof Horst Hirschler und der katholische Bischof von Hildesheim, Josef Homeyer, füllten die Gedenkstunde auf dem Gelände der Weltausstellung Expo mit Inhalten. Neben Angehörigen der gestorbenen Urlauber saßen auch Bundesklanzler Gerhard Schröder, fast das komplette Bundeskabinett sowie der französische Expo-Generalkommissar Bernard Testu in den ersten Reihen der Trauergenmeinde.

Und immer wieder Eschede. Das tragische Intercity-Unglück vor zwei Jahren unweit von Hannover hatte die Initialzündung zu diesem Trauergottesdienst gegeben. Die deutsche Generalkommissarin Birgit Breuel hörte die Nachricht vom Concorde-Absturz und knüpfte schnell ihre Verbindungen. Von ihr ging die Idee für den Gottesdienst aus. Kanzler Schröder, der sowieso mit seinem Kabinett zur letzten Sitzung vor dem Sommerpause am folgenden Tag auf dem Expo-Gelände verabredet war, sagte sofort zu. Abends um 20 Uhr erreichte Frau Breuel telefonisch den evangelischen Altbischof von Hannover, Horst Hirschler. Der klingelte Direktoren und Manager des Christuspavillons wach, baute ebenso den Kontakt zu seinem katholischen Kollegen in Hildesheim, Josef Homeyer, auf. Beide stimmten noch am späten Abend Lieder, Lesungen und Predigten aufeinander ab.

Im Christuspavillon dagegen liefen die Telefone heiß. Noch in der Nacht wurden 150 zusätzliche Stühle geordert, bereits um zwei Uhr in der Frühe des Mittwochmorgens baute der Norddeutsche Rundfunk seine Übertragungstechnik auf. Kabel wurden verlegt, Sitzreihen installiert. Der Gottesdienst sollte live im Fernsehen sowie auf dem Expo-Gelände übertragen werden.

Am Morgen um acht Uhr die erste Besprechung des Pavillon-Personals. Erste Einteilungen der erwarteten Journalisten: Drei Kamerateams des NDR sowie zwei Fotografen sollen beim Trauergottesdienst zugelassen werden. Die übrigen TV- und Radio-Reporter werden auf die Brücke vor dem Pavillon verwiesen. Zehn Minuten später Lagebeurteilung mit Bundeskriminalamt (BKA) und Protokollabteilung im Hof des Pavillions. Dinge, die sonst bei solch hochrangigen Besuchen tagelangen Vorlauf brauchen, werden plötzlich im Handstreich organisiert.

Während das BKA noch mit Sprengstoffhunden das Gelände absucht, instruiert Pavillonmanager Peter Schulze die ehrenamtlichen Mitarbeiter. Sie sichern sonst den Tagesbetrieb des Pavillons, geleiten täglich bis zu 9000 Besucher durch das Gebäude mit dem sich evangelische und katholische Kirche auf der Weltausstellung präsentieren. Doch an diesem Mittwoch müssen sie flexibel sein, Bänke und Stühle für die hohen Gäste bereiten, die Trauergäste zu ihren Plätzen geleiten und für Ruhe sorgen.

Kurz vor neun Uhr trifft Bischof Homeyer ein, anschließend riegelt das BKA den Eingangsbereich ab. Dann geht alles ganz schnell. Nach Generalkommissarin Breuel trifft der Kanzler mit dem Kabinett ein, drei Angehörige eines der Opfer aus Niedersachsen nehmen mit Platz, Orgelmusik stimmt die Trauergäste ein.

Punkt 9.30 Uhr ziehen die Bischöfe ein. "Wenn wir in höchsten Nöten sein und wissen nicht noch aus noch ein..." heißt es im Anfangslied. In ihren beiden Predigten nehmen die Bischöfe dieses Thema auf (siehe Kasten). Auch Bundeskanzler Schröder und der Franzose Testu machen ihre Betroffenheit und ihre Ohnmacht vor dem großen Leid so vieler Menschen deutlich.

Gut eine halbe Stunde hat der Gottesdienst gedauert. Während Schröder und das Kabinett zur gemeinsamen Sitzung im gegenüberliegenden deutschen Pavillon eilen, geht das Leben auf der Expo seinen gewohnten Gang. So, als sei gar nichts geschehen.

Christian Schlichter

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 32 des 50. Jahrgangs (im Jahr 2000).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 06.08.2000

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