Dr. Hans-Andreas Egenolf
Vorgestellt
Damals habe ich mich für diese Pfarrstelle beworben, dann habe ich darum gekämpft und das bis heute nicht bereut", sagt Dr. Hans-Andreas Egenolf. Er war 25 Jahre Seelsorger in der Eisenacher Pfarrei St. Elisabeth und den beiden Filialgemeinden Gerstungen und Förtha. Anfang August feierte er sein Silbernes Ortsjubiläum, nun wurde er feierlich aus seinem Amt verabschiedet. Er habe keine Veranlassung gesehen, die Pfarrei eher zu wechseln, sagt Egenolf. "Man braucht lange, um sich in einer Gemeinde richtig einzuleben, außerdem war in Eisenach immer was los." Sehr oft waren Gastpriester in der Kirche zu Besuch. So kam es vor, dass die Gemeinde ihren Pfarrer manchmal drei Wochen nicht zu Gesicht bekam. Trotzdem: 25 Jahre habe er sich irgendwann als absolutes Zeitlimit gesetzt, "weil man selbst dann mal etwas anderes machen sollte und weil es für die Gemeinde gut ist, dass sie einmal einen anderen Pfarrer bekommt". Die heilige Elisabeth habe ihn in seiner Funktion als Seelsorger immer begleitet. Oft kamen einzelne Wallfahrer, aber auch ganze Gruppen nach Eisenach und in seine Pfarrei, um sich auf die Pfade der großen Heiligen zu begeben.
Jetzt ist er zurück in seine Heimatstadt Erfurt gezogen und freut sich, wieder in der alten und vertrauten Umgebung zu wohnen und zu arbeiten. Der 68-Jährige hat die Seelsorge im katholischen Alters- und Pflegeheim St. Elisabeth übernommen und ist außerdem weiterhin als Domkapitular im Bereich der ÷ffentlichkeitsarbeit und der ÷kumene tätig. Diese Funktion hat er seit 1994 inne. Schon jetzt kann der Geistliche auf eine bewegte Biografie zurückblicken. Nach der Priesterweihe im Jahr 1955 war er für zwei Jahre Kaplan in Ilmenau und dann für neun Jahre Diözesanjugendseelsorger. Anschließend übernahm er für weitere neun Jahre die Leitung des Referates Erwachsenenseelsorge in Erfurt. Unter Bischof Hugo Aufderbeck gab Egenolf das Buch "Welt - Christ - Kirche" über das II. Vatikanische Konzil heraus. In diese Zeit fällt auch seine Promotion über die Weihnachtspredigt im 20. Jahrhundert, die er 1974 erfolgreich abschloss. Dr. Hans-Andreas Egenolf war dann insgesamt 34 Semester Dozent für Homiletik am Philosophisch-Theologischen Studium Erfurt - der heutigen Theologischen Fakultät - , und hat auf diese Weise viele Priesteramtskandidaten bei ihren ersten Schritten, das Predigen zu lernen, begleitet. "Deshalb habe ich in meiner Pfarrei über 300 Erstpredigten gehört", erinnert sich Egenolf an diese Zeit. Der engagierte Theologe machte sich auch in der Wendezeit in Eisenach und Umgebung einen Namen. So war er einer der beiden Vorsitzenden des Runden Tisches des Kreises Eisenach. "Dadurch habe ich natürlich in der ÷ffentlichkeit großen Einfluss gehabt", so Egenolf. Seit 1991 ist er außerdem Vertreter der katholischen Kirche in der Thüringer Landesmedienanstalt. Die Versammlung ist Kontrollorgan für den privaten Rundfunk. Seit November letzten Jahres sitzt Egenolf auch im Vorstand dieser Institution.
Den Abschied von der Pfarrei nimmt Hans-Andreas Egenolf gelassen. "Der liebe Gott hat mir zwei Augen gegeben: ein lachendes und ein weinendes", sagt er, "ein weinendes, weil ich in der Pfarrei verwurzelt war mit allem, was ich dort erlebt habe. Das lachende Auge, weil ich jetzt älter bin und eine solche Stelle allmählich auch Belastung wird." Sehr gern erinnert er sich zum Beispiel an den 3. Oktober 1990, als auf der Wartburg der Tag der deutschen Einheit gefeiert wurde. Auch das Elisabethjahr 1981 und die vielen schönen Gottesdienste mit Kindern und Jugendlichen seien ihm unvergesslich. Jetzt wolle er erstmal wieder Tritt fassen in Erfurt. "Ich lese und studiere jede Menge", meint er. Sein großes Hobby ist die Musik. Abgesehen von Wagner höre er alles. Der Jazz begleite ihn zum Beispiel von Kindesbeinen an. Außerdem ist er tätiger Organist. In Eisenach habe er in vielen Gottesdiensten gespielt. "Jetzt weiß ich noch nicht recht, wo ich hier Orgel spielen kann", sagt der Geistliche, "aber hier in Erfurt bin ich ja umgeben von Orgeln."
Seine Entscheidung für Eisenach vor 25 Jahren habe er jedenfalls nie bereut: "Man kann auf die katholische Kirche schimpfen, wie man will. Jedenfalls habe ich in meinem Leben so viele Katholiken kennengelernt, bei denen ich weiß: Es hat sich gelohnt, Pfarrer zu sein."
Julia Kuttner
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 27.08.2000