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Bistum Erfurt

Sich auf zeitgenössische Kunst einlassen

Klangschatten

Die zweite Haut des LebendenErfurt (ep) - Bischof Joachim Wanke hat dazu ermutigt, sich als Christen auf die Auseinandersetzung mit moderner Kunst einzulassen. "Wenn Kunst neben Religion, Sprache und Wissenschaft eine eigenständige Form ist, mit Welt umzugehen, dann werden wir uns darauf einzulassen haben", sagte Wanke bei der Eröffnung der Kunstausstellung "Klangschatten" am 15. August in Erfurt. Sich einzulassen bedeute jedoch nicht, etwas einfach nur hinzunehmen oder zu tolerieren, "sondern verlangt eine Auseinandersetzung", sagte der Bischof bei der Vernissage.

Freilich sei "der Wunsch nach schneller inhaltlicher Erklärung" der nun in fünf Erfurter Kirchen gezeigten Installationen zeitgenössischer Künstler "nicht erfüllbar", so Wanke im Wissen um die Zurückhaltung vieler gegenüber moderner Kunst gerade in Kirchen. Doch "das Staunen über Formen und Kombinationen ermöglicht Ahnungen, weckt Fragen über das Gewohnte und Alltägliche hinaus." Wer sich auf die Kunstwerke in den Kirchenräumen einlasse, könne dabei "eine Spur des Heiligen entdecken", meinte auch der Präsident der Deutschen Gesellschaft für christliche Kunst, Jürgen Lensen, bei der Eröffnung.

Die alttestamentliche Weisung "Du sollst dir kein Bild machen" habe in Judentum, Christentum und Islam schon immer für theologische und künstlerische Auseinandersetzungen gesorgt, erinnerte Bischof Wanke. Der alte Streit könne heute Mahnung sein, Architektur und Kunst neu in den Blick zu nehmen. Wanke: "Vielleicht haben wir uns an Bilder, Glasmalereien, Plastik und Architektur schon so gewöhnt, dass wir ihre Aussagen, ihre Fingerzeige und auch die Härte der Konfrontation, wie es zum Beispiel im Barock geschieht, gar nicht mehr wahrnehmen." Dies könne sich im gedankenlosen Anschauen ebenso ausdrücken wie in der ästhetischen Faszination ohne Wissen um die jeweiligen religiösen Grundlagen.

An der Vernissage im Kreuzgang des Erfurter Domes, die mit einem Rundgang zu den Installationen in Dom, Severi-, Lorenz- und Ursulinenkirche sowie im Museum der Barfüßerkirche fortgesetzt wurde, nahmen auch Jürgen Aretz vom Thüringer Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst und der Beigeordnete für Kultur der Stadt Erfurt, Joachim Kaiser, teil.

Hubertus Staudacher vom Katholischen Forum, das gemeinsam mit dem Bistum zu den Ini-tiatioren gehört, räumte vor Journalisten bei allem Zuspruch auch "momentane Problemfelder" in den Gemeinden ein. Man dürfe die Gläubigen der Kirchen, in denen die Installationen gezeigt werden, nicht überfordern, meinte der Geschäftsführer der Katholischen Akademie in Thüringen.

So werde etwa in der Severi-Kirche der Beatmungskompressor für die Installation "Atemwege" während der Gottesdienste ausgeschaltet, um die Gläubigen nicht durch Geräusche zu stören. Zugleich apellierte Staudacher an Künstler und Kulturschaffende, eine für die Menschen verständliche Sprache zu sprechen. Nichtchristen, die in einen katholischen Gottesdienst kommen, gehe es vermutlich ähnlich wie Laien, die Künstlern zuhörten.

Nach Angaben von Ausstellungskurator Markus Wimmer hat die Deutsche Gesellschaft für christliche Kunst einen Betrag von 70 000 Mark für die Realisierung der Exposition bereitgestellt, weitere 50 000 Mark seien vom Bistum und von Sponsoren aufgebracht worden, darunter vom Thüringer Wirtschaftsministerium, der Landesentwicklungsgesellschaft und der Hypovereinsbank.

Die Ausstellung ist bis 3. Oktober zu sehen. Am 19. September ist in der Erfurter Kunsthalle eine Podiumsdiskussion zum Thema geplant.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 35 des 50. Jahrgangs (im Jahr 2000).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 27.08.2000

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