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Bistum Görlitz

Arbeitsamt will Ausbildung indischer Schwesern stoppen

Görlitz

Die indischen Herz-Jesu-SchwesternGörlitz (dw) - Seit Anfang der 90er Jahre werden indische Herz-Jesu-Schwestern in deutschen Krankenhäusern zu Krankenschwestern ausgebildet. "Jahrelang lief das völlig ohne Probleme", erzählt Schwester Annie Chettiparampil, die selbst vor Jahren in Aachen eine Krankenpflege-Ausbildung gemacht hat.

Seit 1991 lebt sie auf Initiative des damaligen Bischofs Bernhard Huhn im Bistum Görlitz und ist für die kleine Ordensniederlassung im St.-Otto-Stift Görlitz verantwortlich. Auf Weisung ihrer Oberin sollten zwei Schwestern im Herbst 1998 ihre Ausbildung zu Krankenschwestern im Görlitzer St.-Carolus-Krankenhaus beginnen. Unerwartet bekamen Schwester Ancin Vadakkeveettilan und Schwester L../../incy Thakarappilil jedoch Schwierigkeiten mit dem Arbeitsamt. Ohne Arbeitserlaubnis dürften sie die Ausbildung nicht absolvieren, sagte man ihnen, für eine Arbeitserlaubnis fehle jedoch die Berechtigung.

Nach dem Widerspruchsverfahren klagten die beiden Schwestern vor dem Sozialgericht, um die von ihrem Orden gewünschte Ausbildung machen zu können. "Die Arbeitsbehörde ist der Auffassung, die Schwestern nehmen deutschen Bewerbern die Ausbildungsplätze weg", erläutert Andreas Oyen, der Justitiar des Bistums Görlitz, der die beiden Schwestern in dem Prozess vertritt. In der ersten Instanz obsiegten die Schwestern, denn das Gericht stellte fest, dass die Ordensfrauen ihrer Tätigkeit aus religiösen und karitativen Gründen und nicht in erster Linie zu Erwerbszwecken nachgehen und dass sie deshalb keine Arbeitserlaubnis benötigen.

Vor dem Sozialgericht hob der Justitiar hervor, dass die Ausbildung auf der Grundlage eines Gestellungsvertrages zwischen dem Krankenhaus und der Ordensgemeinschaft durchgeführt wird. Die Schwestern erhalten aufgrunddessen beispielsweise kein Ausbildungsentgelt. Persönlich bleibt ihnen nur ein kleines Taschengeld von dem Geld, das das Krankenhaus an den Orden zahlt. Der größte Anteil ihres "Lohns" geht über die Vereinigung katholischer Orden zur Förderung internationaler Solidarität e. V. in Neuwied nach Indien. Abgesehen davon, dass nicht genügend qualifizierte Bewerberinnen zur Verfügung stünden, so Andreas Oyen weiter, könne man Ordensschwestern nicht einfach gegen andere Auszubildende austauschen. Gerade für die indischen Ordensfrauen sei die Tätigkeit im Krankenhaus nicht nur ein Job, sondern eine durch ihre Berufung und ihr Ordensgelübde getragene Lebensaufgabe, die weit über die vorgeschriebenen pflegerischen Handgriffe hinausgehe. Das Carolus-Krankenhaus in Trägerschaft der Borromäerinnen, die selbst nur wenig Nachwuchs haben, schöpfe seinen guten Ruf nicht zuletzt aus der Tätigkeit christlicher Ordensfrauen.

Nachdem das Landesarbeitsamt Sachsen gegen das Urteil Berufung eingelegt hat, liegt der Fall nun beim Landessozialgericht in Chemnitz. Andreas Oyen hält es für nicht ausgeschlossen, dass der Rechtsstreit wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Angelegenheit bis vor das Bundessozialgericht in Kassel gelangen wird. Ein langer Prozess wäre für Schwester L../../incy und Schwester Ancin insofern von Nachteil, als sie ihre Lehre bis zur rechtskräftigen Entscheidung nicht fortsetzen können. Zur Zeit dürfen die beiden Schwestern im St.-Carolus-Krankenhaus nur hospitieren. Dennoch üben sie ihre Tätigkeit mit großem Einsatz aus.

Mit der zuständigen Ausländerbehörde hätten die indischen Schwestern übrigens keine Schwierigkeiten, sagt der Justitiar des Bistums. Diese Behörde interessiere sich in erster Linie für die Integrationsfähigkeit der Ausländer, die nach Deutschland kommen wollen. Da gebe es bei den Herz-Jesu-Schwestern keinen Anlass zum Zweifeln.

Schwester Annie hat sich bisher in Deutschland immer willkommen gefühlt. "Ich war erst 21 Jahre alt und habe doch nie Heimweh gehabt, weil ich so herzlich aufgenommen wurde", erzählt sie über ihre Ausbildungszeit. Die deutsche Sprache lernte sie von den Mitarbeitern und Patienten. Mit Ausländerfeindlichkeit ist sie persönlich nie in Berührung gekommen.

Seit 1997 lebt sie mit Schwester Lucy Kakkanatt in einer Wohnung im obersten Stockwerk des St.-Otto-Stiftes. Die beiden arbeiten als Pflegerinnen in dem Altenheim der Caritas und sind für die Hauskapelle verantwortlich.

Auch über das Stift hinaus ist ihr Dienst gefragt. Wiederholt sind sie beispielsweise gerufen worden, um Sterbende zu begleiten oder um Nachtdienste in der häuslichen Krankenpflege zu übernehmen. Die beiden Lehrschwestern aus dem Carolus-Krankenhaus leben während ihrer freien Tage ebenfalls mit ihnen zusammen. Schwester Ancin und Schwester L../../incy haben aber auch bei den Borromäerinnen ein Zimmer. Sie arbeiten, beten und essen gemeinsam mit den Schwestern der befreundeten deutschen Gemeinschaft.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 36 des 50. Jahrgangs (im Jahr 2000).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 03.09.2000

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