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Bistum Magdeburg

Domkapitular Kraning über das Pastorale Zukunftsgespräch

Im Interview:

Domkapitular Willi KraningIm Bistum Magdeburg startet in diesen Tagen das Pastorale Zukunftsgespräch, zu dem Bischof Leo Nowak zusammen mit dem Katholikenrat und dem Priesterrat eingeladen hat (Tag des Herrn Nr. 33, Seite 17). Anliegen ist es, gemeinsam darüber nachzudenken, welchen Weg die katholische Kirche im Bistum Magdeburg in den nächsten Jahren gehen soll. Der Tag des Herrn sprach darüber mit Domkapitular Willi Kraning, Leiter der Hauptabteilung Pastoral im Bischöflichen Ordinariat:

Frage: Wie ist die Idee für das Pastorale Zukunftsgespräch im Bistum Magdeburg entstanden?

Kraning: Die Zeit wird immer schnelllebiger, und die Umbruchsituation, in der sich Kirche und Gesellschaft gegenwärtig befinden, wird immer deutlicher. Das macht es für uns als Kirche notwendig, dass wir möglichst frühzeitig gemeinsam darüber nachdenken und nach Antworten auf die damit verbundenen Fragen suchen. Wie ist Glauben in der gegenwärtigen Zeit möglich? Wie können wir den Glauben anderen als Lebensweg vorschlagen? Welche Gestalt muss die Kirche, muss die Gemeinde annehmen, um den Heiligen Geist heute eine Stimme zu geben und seinem Willen zu entsprechen? Als besondere Herausforderung kommt für uns noch die große Zahl der Ungetauften um uns herum dazu.

Bereits mein Vorgänger hatte 1994 Fragebögen verschickt, um zu sehen, was in den Gemeinden lebendig ist und welche Gedanken und Ideen es gibt. Damals haben sich vor allem drei Problemkreise abgezeichnet: Fragen im Blick auf die Weltkirche, das Verhältnis zwischen Gemeinde und Gemeindeleitung und das Verhältnis der hauptamtlichen Mitarbeiter untereinander. Hier knüpfen wir jetzt an. Die damaligen Ergebnisse sollen in das Pastorale Zukunftsgespräch einfließen. Welche Inhalte darüber hinaus noch zur Sprache kommen, ist völlig offen. Außer der Methode geben wir nichts vor.

Frage: Pastorale Richtlinien für die Zukunft könnte die Bistumsleitung ja einfach von oben festlegen. Sie haben sich entschlossen, in die Suche danach die Basis einzubeziehen. Warum?

Kraning: Das Selbstbewusstsein aller Getauften wächst und muss wachsen. Jeder Getaufte handelt im Geist Gottes. Das wurde im Zweiten Vatikanum grundgelegt. Daraus ergibt sich ein neues Verhältnis zwischen Klerikern und Gemeinde. Die Gemeinde ist nicht nur Objekt der Seelsorge, sondern sie muss Subjekt der Seelsorge werden. Ein ganz und gar notwendiger Prozess. An der Suche nach der Pastoral der Zukunft müssen deshalb alle, die davon betroffen sind, beteiligt werden.

Frage: Wie wollen Sie die Gemeinden, die Verbände und Gruppen, schließlich jeden einzelnen katholischen Christen dafür begeistern?

Kraning: Besonders wichtig sind hier die hauptamtlichen Mitarbeiter in der Pastoral - Gemeindereferenten, Diakone und Priester. Der Pastoraltag im Herbst wird deshalb im Zeichen des Pastoralen Zukunftsgespräches stehen. Gemeinsam mit allen Mitarbeitern wollen wir überlegen, welche Inhalte wichtig sind, und vor allem, wie der Prozess in die Gemeinden hineingetragen werden kann.

Frage: Die Beteiligung aller bei der Suche nach der Pastoral der Zukunft - ist das ein Zeichen für eine gewisse Unsicherheit der Bistumsleitung?

Kraning: Unsicherheit gibt es immer. Wir sind stark in der Analyse der Situation, aber wir sind schwach, wenn es um die Antwort auf die Frage geht, welcher Weg jetzt der richtige ist. Als Bistumsleitung wollen wir nicht dieses oder jenes bestimmen, um dann ein wenig herumzuexperimentieren. Wir haben uns gesagt: Gott hat jedem Christen Verantwortung für die Zukunft der Kirche gegeben. Diese Verantwortung wollen wir abrufen, wenn nötig wecken.

Frage: Wie soll das Pastorale Zukunftsgespräch praktisch aussehen?

Kraning: Der Prozess ist auf mehrere Jahre angelegt. Nach der Sammlungsphase, die jetzt bis zum Jahresende läuft, werden Arbeitsgruppen gebildet. Sie sollen die eingegangenen Vorschläge sichten, zusammenfassen, sortieren, um sie zur Diskussion in die Gemeinden zurückzugeben. Daraus sollen die Vorlagen entstehen, die während einer Bistumsversammlung diskutiert werden, an der der Katholikenrat und weitere Vertreter der Pfarrgemeinderäte, die Mitarbeiter in der Pastoral und die Bistumsleitung beteiligt sein werden. Die Versammlung wird beschließen, welche nächsten pastoralen Schritte wir im Bistum gehen. Sie soll aber den Prozess nicht abschließen, im Gegenteil. Man könnte sagen: Sie eröffnet ihn, denn die gemeinsam gefundenen Vereinbarungen müssen umgesetzt werden, und die Umsetzung muss überprüft werden - nicht im Sinne einer Kontrolle, sondern weil wir unsere Vereinbarungen ernst nehmen.

Frage: Manche Fragen und Probleme, die katholische Christen heute hierzulande besonders bewegen, sind auf Bistumsebene nicht zu lösen. Wie werden Sie damit umgehen?

Kraning: Unser Bischof hat zugesagt, dass er alles, was nicht im Bistum gelöst werden kann, an die entsprechenden Stellen weitergibt. Die entsprechenden Fragen, Probleme, Wünsche und Anregungen will er einmal auf der Ebene der Deutschen Bischofskonferenz einbringen und besprechen, und er will sie als Votum der katholischen Christen im Bistum Magdeburg auch den zuständigen Stellen im Vatikan übergeben.

Frage: Eine immer wieder einmal diskutierte Frage: Glauben Sie, dass für die Lösung dieser Probleme ein neues Konzil notwendig ist?

Kraning: Zunächst wünsche ich mir mehr Möglichkeiten auf regionaler Ebene. Es wird in Zukunft immer weniger der Fall sein, dass alle Dinge weltweit gleichzeitig in Gang gesetzt werden, die dann auch noch überall richtig sind. Es gibt regional sehr große Unterschiede. Das gilt nicht nur für die verschiedenen Erdteile. Schon in zwei Nachbarländern kann die Situation sehr verschieden sein, vergleichen Sie nur einmal Gottesdienstbesuch und Gemeindesituation in Polen und bei uns. Also: Die einzelnen Bistümer und die Bischofskonferenzen brauchen mehr Möglichkeiten, um ihre Verantwortung wahrzunehmen. Auf der weltkirchlichen Ebene muss überlegt werden, welche Leitlinien finden wir dafür. Insofern ist ein Konzil fast überfällig.

Frage: Unter den katholischen Christen gibt es durchaus gegensätzliche Antworten auf die Fragen, vor denen die Kirche heute steht. Stichwort: Progressive und Konservative. Wie wollen Sie mit diesen unterschiedlichen Standpunkten umgehen?

Kraning: Sich zu einigen, ist immer ein schwieriges Unterfangen. Hilfreich ist es schon, wenn die verschiedenen Meinungen benannt werden. Die eher Konservativen müssen sagen dürfen, warum sie so denken. Und diejenigen, die meinen, die Umsetzung des Konzils habe noch gar nicht richtig begonnen, müssen auch sagen, welche Wünsche sie für die Zukunft haben. Zwischen beiden Positionen dürfen wir keine Mauern errichten. Vielmehr müssen wir Gesprächsbrücken bauen. Gerade dafür kann das Pastorale Zukunftsgespräch äußerst wichtig werden. Und dann müssen wir natürlich auch sagen: Das sind die Punkte, auf die wir uns zusammen geeinigt haben, und die müssen wir jetzt gemeinsam umsetzen. Wenn wir so miteinander umgehen, hoffe ich, dass das Pastorale Zukunftsgespräch ein wirklich geistlicher Vorgang bleibt.

Fragen: Matthias Holluba

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 36 des 50. Jahrgangs (im Jahr 2000).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 03.09.2000

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