10jähiges Bestehen in Ostdeutschland
Jubiläum der KFD
Ihr zehnjähriges Bestehen in Ostdeutschland feiert die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) am 9. September in Magdeburg. Die damals mit 56 Mitgliedern in Magdeburg gegründete "Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands im Bereich der Berliner Bischofskonferenz", hatte nach der Wiedervereinigung als "kfd neue Bundesländer" gearbeitet. 1996 löste sich dieser Zusammenschluss zugunsten eigenständiger Diözesanverbände auf, nach wie vor treffen sich die verantwortlichen Frauen jedoch regelmäßig in einer "Arbeitsgemeinschaft kfd in den ostdeutschen Bistümern", um sich über ihre Arbeit auszutauschen und gemeinsame Positionen abzustimmen, die sie dann in den gesamtdeutschen Verband einbringen. Zu den Gründungsmitgliedern der kfd in den neuen Ländern gehört Doris Michalke aus Lemsel bei Leipzig, die seit drei Jahren Vizepräsidentin im Bundesverband ist.
Frage: Zu Beginn Ihres Engagements in der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands bezeichneten Sie es als wesentliches Anliegen, dass Frauen sich in Kirche und Gesellschaft einbringen können, insbesondere in punkto Glaube und Spiritualität. Was konnten die Frauen des Verbandes in den letzten zehn Jahren in Ostdeutschland einbringen?
Michalke: Das ist regional sehr unterschiedlich. Es hängt unter anderem von der Größe der Ortsgruppen ab, aber auch davon, was die Gemeinden zulassen. Am besten konnte die kfd sicherlich im Bistum Erfurt ihre Themen und ihre eigene Spiritualität in die Gemeinde und Gemeindearbeit einbringen. Im Eichsfeld ist der Verband dort mit sehr starken Gruppen vertreten. Im Bistum Dresden-Meißen hingegen gibt es viele Einzelmitglieder, die zum Teil in pfarreiübergreifenden Gruppen engagiert sind. Eine unmittelbare Wirkung in die Gemeinde ist dort natürlich schwieriger. Darüber hinaus haben wir uns in unterschiedlichsten Gremien und Räten eingebracht, zum Beispiel bei der Katholischen Erwachsenenbildung, den Diözesanräten usw.
Frage: Die Mitgliederzahlen sind in den vergangenen Jahren gestiegen, sie sind im Vergleich zu westdeutschen Verbänden jedoch nach wie vor klein. Welche Voraussetzungen muss eine Gemeinde mitbringen, damit die kfd dort gut gedeihen kann?
Michalke: Diese Frage beschäftigt uns immer wieder. Es braucht natürlich Frauen, die bereit sind, sich zu engagieren, und auch einen Pfarrer, der dem Verband wohlwollend gegenüber steht. Doch selbst wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, führt das nicht ohne weiteres zu einer kfd-Gründung in einer Gemeinde.
Im Vergleich zu Westdeutschland ist die Scheu, sich an einen Verband zu binden, bei uns offensichtlich viel größer, das liegt wahrscheinlich an den Erfahrungen der Vergangenheit. Ich bin überzeugt, dass wir nur in einem starken Verband etwas erreichen können. Auch die Gemeinden profitieren letztlich davon, wenn Frauen eine derartige Bindung eingehen. Das wird aber noch nicht so gesehen. Wir hören mitunter von der Sorge, dass die Frauen dann, wenn sie Mitglied werden, der Gemeinde verloren gehen.
Frage: Der kfd geht es nicht nur darum, das kirchliche Leben zu aktivieren. Sie bringt sich auch ins politische Geschehen ein. Sind ostdeutsche Katholikinnen für diese Arbeit zu gewinnen?
Michalke: Ich denke ja. Zu den politischen Themen, die momentan besonders diskutiert werden, gehört zum Beispiel die Rente. Auch das Thema Gewalt und Ausländerfeindlichkeit beschäftigt uns hier.
Frage: Konnten Sie in den letzten zehn Jahren auf politischem Gebiet Erfolge verzeichnen?
Michalke: Zehn Jahre sind eine kurze Zeit, für einen Verband und auch in der Politik. Es wäre illusorisch, da große Erfolge zu erwarten. Auf Bundesebene haben wir aber an zahlreichen positiven Entscheidungen mitgewirkt, zum Beispiel bei der erweiterten Anerkennung von Erziehungszeiten für die Rente oder beim Anspruch auf einen Kitaplatz.
Frage: Was können die Frauen aus Ostdeutschland in den Bundesverband einbringen?
Michalke: Die Lebenssituation der Frauen hat sich in Ostdeutschland in den letzten zehn Jahren sehr verändert, und das fließt auch in unsere Verbandsarbeit ein. Meine Aufgabe im Präsidium sehe ich auch darin, die Situation hier im Auge zu behalten und darauf hinzuweisen, dass nicht abgehoben von der Situation im Osten beraten wird. Als beispielsweise über die 630-Mark-Beschäftigungen diskutiert wurde, musste ich immer wieder daran erinnern, dass im Osten die 520-Mark-Regelung gilt. Es gerät auch leicht in Vergessenheit, dass im Osten nach wie vor nur durchschnittlich 85 Prozent des Westgehalts gezahlt werden. Der ständige Austausch auf den verschiedensten Sitzungen und Veranstaltungen kann, so hoffe ich, helfen, die immer noch bestehenden Unterschiede abzubauen.
Frage: Ein spannendes Thema, das Ihren Verband monatelang in Atem gehalten hat, waren Ihre "Leitlinien 99". Mit den deutschen Bischöfen und innerhalb Ihres Verbandes gab es vor allem Diskussionen über den Zugang von Frauen zu kirchlichen Ämtern und die gleichwertige Anerkennung aller familiären Lebensformen, die in der ursprünglichen Fassung gefordert waren. Wie ist die Diskussion in den ostdeutschen Diözesanverbänden gelaufen? Gab es Austritte aufgrund der Leitlinien?
Michalke: Von Austritten aus diesem Grunde ist mir in den ostdeutschen Diözesanverbänden nichts bekannt. Kontroverse Diskussionen hat es auch bei uns gegeben. Die schärfsten Widersprüche kamen aus den traditionellen großen Diözesanverbänden. Es gab auch erfreuliche Reaktionen. Ich denke an die Äußerung einer älteren Frau, die aus einem traditionell geprägten kirchlichen Milieu stammt: "Mein Sohn ist homosexuell. Endlich sprecht Ihr dieses Thema einmal an. Bisher war das in der Kirche immer ein Tabu." Sicherlich hätte es im Vorfeld der Festschreibung der Leitlinien mehr Raum für Diskussionen geben müssen. In Bezug auf die Forderung, Frauen mehr Zugang zu kirchlichen Ämtern zu geben, war es nichts Neues für die kfd, denn bereits seit Jahren ist dieses ein Thema für den Verband.
Frage: Was haben Sie sich für die nächsten Jahre vorgenommen?
Michalke: Unser neues Schwerpunktthema heißt "Herausforderung Gerechtigkeit: Hinschauen und handeln". Hier ist auch der Zusammenhang von Schwerpunktthema und Leitlinien deutlich zu sehen. Themen werden sicherlich unter anderem sein "Frauen zwischen Familie und Erwerbsarbeit", "Weltweite Benachteiligte in Kirche und Gesellschaft", "Gelebte Ökumene", und so könnte ich die Aufzählung fortsetzen. Wir wollen die veränderten Lebensformen von Familien in den Blick nehmen. Denken Sie nur an die große Zahl der allein Erziehenden. Wir wollen diese Themen sowohl auf politischer Ebene als auch innerhalb der Kirche diskutieren. Als Christ kann man diese Bereiche nicht getrennt sehen. Dazu werden die aktuellen Themen kommen, wie zum Beispiel die Alterssicherung für Frauen - die Rente.
Interview: Dorothee Wanzek
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 10.09.2000