Wasser in übergroßer Fülle
Ökumenisches Fest 2000
Magdeburg (dw) - Mit etwas mehr prophetischer Begabung hätten die Veranstalter den Festgottesdienst vielleicht "Licht der Welt" oder "Gottes Liebe ist wie die Sonne" genannt. Der ökumenische Gottesdienst beim "Fest 2000" in Magdeburg stand aber unter dem Thema "Jesus Christus - Wasser des Lebens". Aufgrund der pausenlos vom Himmel fallenden Wassermengen bot der Tag anders als geplant wenig Gelegenheit zu öffentlichem Zeugnis christlichen Lebens auf dem Domplatz, dafür aber die Chance, sich beim gemeinsamen Krisenmanagement intensiv kennen zu lernen.
Der ökumenische Festgottesdienst war kurzfristig in den Dom verlegt worden und konnte deshalb nicht vom Mitteldeutschen Rundfunk live übertragen werden. Etwa 5 000 Christen - Katholiken, Lutheraner, Reformierte und Mitglieder der Freikirchen - drängten sich in dem gotischen Gotteshaus und feierten dort das nach besten Kräften improvisierte Fest christlicher Lebensfreude mit.
Das Thema "Wasser des Lebens" durchzog den gesamten Gottesdienst. Kinder zogen mit gefüllten Wasserflaschen und -krügen aus ihren Heimatorten durch den Dom, Wasser wurde in Schüsseln weitergereicht, die Mitfeiernden segneten damit sich selbst und einander. Als Andenken bekamen sie zum Abschluss gläserne Wassertropfen. "Gott mutet uns zu, Zeichen lebendigen Wassers zu sein", sagte der katholische Bischof Leo Nowak in seiner Predigt, die er gemeinsam mit der freikirchlichen Pfarrerin Andrea Schneider aus Oldenburg hielt. Auch heute bediene sich Gott gläubiger Menschen, damit Leben gelingen könne, äußerte er in Bezug auf die alttestamentliche Lesung vom Wüstenzug der Israeliten. "Wenn Liebe und Gerechtigkeit unter uns strömen wie frisches Wasser, wird unser Leben gelingen", sagte der Bischof.
Die Notwendigkeit, in der ostdeutschen Minderheitssituation als Christen gemeinsam Zeugnis zu geben, betonten Vertreter aller Konfessionen bei einem Gesprächsforum zur Situation der Kirche. Für eine Belebung der Diskussion sorgte der evangelische Bischof der Kirchenprovinz Sachsen, Axel Noack, mit seinem Denkanstoß zur Kirchen-Mitgliedschaft: "Entspricht es überhaupt noch der Lebenssituation der Menschen, sich lebenslang für die Zugehörigkeit zu einer Kirche zu entscheiden?", fragte er. Dass die Entscheidung für Christus eine Lebens-Wahl sei, halte er für unabdingbar. "Warum sollte es nicht möglich sein, alle paar Jahre seine Kirche zu tauschen?", gab der Bischof zu bedenken. Für den Präsidenten des Zentralkomitees deutscher Katholiken, Hans-Joachim Meyer, der als katholischer Vertreter an der Runde teilnahm, lässt sich dieser Vorschlag nicht mit dem hohen Wert von Gemeinde verbinden. "Es könnte der Eindruck erweckt werden, wir wollten Beliebigkeit und Bindungslosigkeit zu einem christlichen Lebensprinzip erklären. Damit werden wir aber keinen Erfolg haben, denn das bieten in unserer Gesellschaft alle", sagte Meyer. Der Ärger über seine eigene Kirche und das Leiden an ihr gehöre zum christlichen Engagement dazu. Helge Klassohn, der Kirchenpräsident der Landeskirche Anhalts, verstand Noacks Vorstoß als Mahnung, seine eigene Kirche nicht allzu wichtig zu nehmen. "Eine einzelne Konfession kann ohne die anderen Christsein nicht mehr leben", sagte er und warnte vor einer "konfessionellen Selbstgenügsamkeit."
Zum Programm des Festes 2000 gehörten neben zahlreichen kulturellen und geistlichen Veranstaltungen in verschiedenen kirchlichen Räumen Magdeburgs auch der "Markt der Möglichkeiten". Trotz Dauerregens und Windböen präsentierten sich zahlreiche kirchliche Initiativen und Vereine mit Informationsständen auf dem Domplatz. Bereits am Samstag hatten sich mehr als 600 Jugendliche zu einem eigenen Programm im Domgarten und im Kreuzgang eingefunden.
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 10.09.2000