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Auf zwei Minuten

"Jeden Morgen weckt er mein Ohr"

Pater Damian

Pater DamianIm dritten Lied vom Gottesknecht im Buch des Propheten Jesaja heißt es: "Gott, der Herr, gab mir die Zunge eines Jüngers, damit ich verstehe, die Müden zu stärken durch ein aufmunterndes Wort. Jeden Morgen weckt er mein Ohr, damit ich auf ihn höre wie ein Jünger. Gott, der Herr, hat mir das Ohr geöffnet" (Jes 50,4-5).

Dieses Wort ist eine Frage an uns alle: Wie fange ich den Morgen an? Sind die Nachrichten aus dem Radio oder aus der Zeitung das Erste, mit dem ich mich nach dem nächtlichen Schlaf beschäftige? Informiertsein, Auf-dem-Laufenden-Sein, Mitredenkönnen - das ist alles nicht unwichtig. Aber ist das genug? Gibt uns das Weisung und Orientierung für den Tag? Aus den täglichen Nachrichten gewinnt man nur selten ein "aufmunterndes Wort, um die Müden zu stärken." Die meisten Informationen aus den Medien handeln von Katastrophen, Auseinandersetzungen und Streit, Gewalttaten, Korruption, Skandalen und kriminellen Taten aller Art . Und wer mit solchen Informationen überfüttert wird, wird leicht pessimistisch, wenn nicht sogar zynisch: "Es hat doch keinen Sinn, sich für das Gute einzusetzen. Die Menschen sind schlecht. Das Böse ist einfach stärker und gewinnt die Oberhand."

Müssen wir Christen in diesen resig-nierten Klagegesang einstimmen? Haben wir nicht noch bessere "Informationsquellen", die das Bild der Wirklichkeit zurechtrücken? Ich meine nicht das trügerische Bild von einer heilen Welt! Ein christlicher Realismus gewinnt durch die Perspektive des Glaubens eine Sicht der Welt, die nicht ohne Hoffnung ist: Es geschieht jeden Tag viel Gutes in der Welt, es gibt viele Menschen, die Liebe gegen Hass setzen, Versöhnung gegen Rache, Hilfsbereitschaft gegen Egoismus. Im Letzten wird das Gute siegen ...

Woher nehmen wir diese hoffnungsvolle Sicht der Lage? Sicher nicht aus einem naiven Optimismus. Es ist das aufmerksame Hören auf Gottes Wort, das uns den Mut zur Hoffnung gibt. Der Christ ist - wie der Prophet - Bote und Zeuge des Wortes, des Wortes von der Hoffnung. Das kann er aber nur, wenn er immer wieder ein Hörender ist. Das geöffnete Ohr und die Gabe des Wortes müssen von Gott immer neu gegeben werden, "Jeden Morgen." In die Hoffnungslosigkeit, in die Dumpfheit und Stumpfheit hinein, in die Resignation und die Ermüdung des Herzens soll er das belebende Wort der Ermutigung sprechen. "Über eure Lippen komme kein böses Wort, sondern nur ein gutes, das den, der es braucht, stärkt, und dem, der es hört, Nutzen bringt" (Eph 4,29).

Pater Damian Meyer

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 39 des 50. Jahrgangs (im Jahr 2000).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 24.09.2000

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