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Bistum Magdeburg

Katholische Kritik am Kultusministerium

Magdeburg

Magdeburg (tdh) - Im Zuge der zunehmenden Gewalttaten gegen Minderheiten, besonders gegen Ausländer, werde in diesen Wochen immer wieder nach Wertevermittlung gerufen. Gerade auf diesem Hintergrund sei das mangelnde Engagement der Landesregierung bei der flächendeckenden Einführung der Werte vermittelnden Schulfächer Evangelische / Katholische Religion und Ethik nicht nachzuvollziehen, kritisierte Dietmar Gotzhein, der Leiter der Schulabteilung im Bistum Magdeburg, kürzlich vor Journalisten.

Nach wie vor sei in weniger als zehn Prozent der staatlichen Schulen die Voraussetzungen gegeben, dass Teilnahme am Religionsunterricht oder Ethik zur Schulpflicht gehört. "Will das Land wirklich eine Werte vermittelnde Erziehungsoffensive?", stellte Gotzhein in Zweifel. Es fehle insbesondere an einer vorausschauenden Personalplanung. Das Land habe sich zwar auf dem Weg der Weiterbildung um Lehrer bemüht, sich aber weitgehend damit begnügt, den Religionsunterricht durch Mitarbeiter der beiden Kirchen erteilen zu lassen. Dies sei das Modell, das am wenigsten kostet. Es könne jedoch wegen der geringen Anzahl der zur Verfügung stehenden kirchlichen Mitarbeiter nicht weiter ausgebaut werden. "Für dieses ordentliche Lehrfach hat das Land Landesbedienstete in der benötigten Anzahl einzustellen wie für Geschichte oder Musik", bekräftigte der Schulabteilungsleiter. "Das Land Sachsen-Anhalt habe sich bisher davor gedrückt, in ausreichender Zahl neue Lehrstellen für die Fächer Evangelischer / Katholischer Religionsunterricht auszuschreiben und zu besetzen. Etliche Religionslehrer arbeiteten in Schulen, in denen sie nur in ihren anderen Unterrichtsfächern, nicht aber in Religion eingesetzt werden.

Zum Schuljahr 2000 / 2001 seien beispielsweise sechs Stellen für katholische Religionslehrer an Gymnasien ausgeschrieben worden. Die Freude darüber war Dietmar Gotzhein allerdings bald vergangen, als er im Ausschreibungstext las, dass die Bewerber eine Fächerkombination mit modernen Fremdsprachen vorweisen mussten. Der deutsche Lehrermarkt für diese Fächerkombination sei leergefegt, und die zuständigen Sachbearbeiter in den Ministerien hätten das sehr wohl gewusst. "Wie ernsthaft war tatsächlich der Wille zur Besetzung dieser Stellen?", fragte Gotzhein.

Bedauern äußerte er über die Tatsache, dass es in Sachsen-Anhalt bis heute nicht möglich ist, das erste Staatsexamen für das Lehramt im Fach Katholische Religion abzulegen, obwohl bereits vor sechs Jahren die Errichtung eines Instituts für katholische Theologie und deren Didaktik vertraglich festgelegt wurde.

Kritik übte er auch an der sinkenden Unterstützung der Landesregierung für Schulen in freier Trägerschaft. Kultusminister Gerd Harms habe die Schulen in freier Trägerschaft Ende August im Ökumenischen Domgymnasium Magdeburg als "wesentlichen Bestandteil unserer Schullandschaft" gewürdigt. Er betonte damals die Absicht der Landesregierung, den "freien Schulen auch größere Freiräume" einzuräumen. "Zu fragen bleibt, wann diesen Lippenbekenntnissen die Taten folgen", äußerte Gotzhein. In seinem Zuständigkeitsbereich als Schulabteilungsleiter des Bistums Magdeburg gehören drei katholische Gymnasien und eine Grundschule.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 40 des 50. Jahrgangs (im Jahr 2000).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 01.10.2000

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