Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt
Kolping-Bildungswerk
Dresden (tdh) - Das Kolping-Bildungswerk Sachsen e.V. hat am 6. Oktober beim Amtsgericht Dresden den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens wegen Zahlungsunfähigkeit gestellt. Dieser Schritt sei notwendig geworden, weil Forderungen des Bildungswerkes gegen das Sächsische Kultusministerium nicht bezahlt worden seien, heißt es in einer Mitteilung des Vereins. Es handele sich dabei um eine Summe von etwa 14 Millionen Mark. Der Geschäftsbetrieb solle allerdings uneingeschränkt fortgeführt werden. Das Kolping-Bildungswerk Sachsen ist nach eigenen Angaben größter Träger von freien Bildungsangeboten in Ostdeutschland.
Dresdens Bischof Joachim Reinelt hat inzwischen in einer Stellungnahme darauf hinwiesen, dass das Bistum über die wirtschaftlichen Einzelheiten, die das Kolping-Bildungswerk betreffen, nicht unterrichtet sei. Es handele sich um ein eigenständiges Unternehmen, das nicht durch die Kirche finanziert werde. Die Verantwortung liege allein beim Vorstand. Wegen der wirtschaftlichen Eigenständigkeit habe die Kirche auch keinerlei Einspruchsrechte. Weiter erklärte Bischof Reinelt aber: "Es wäre bedauerlich, wenn die vorzügliche Arbeit für sozial schwache und behinderte Jugendliche Schaden nehmen würde." Er forderte das Kultusministerium auf, "alles zu tun, um Schaden abzuwenden". Der Bischof würdigte die "qualifizierte Arbeit der Mitarbeiter", die für Sachsen und darüber hinaus einen hohen Wert habe. "Man kann diese Arbeit mit Sicherheit nicht so leicht durch andere ersetzen."
Der Streit um die 14 Millionen Mark besteht nach Angaben des Bildungswerkes seit 1994. Es handele sich dabei um Gelder für den Betrieb zweier staatlich anerkannter, bis heute fortgeführter beruflicher Förderschulen. Durch das Bildungswerk eingeholte Gutachten belegten, dass die Forderungen berechtigt seien. Dem widerspricht allerdings das Kultusministeriums. Auf Anfrage unserer Zeitung teilte dessen Pressesprecher Steffen Große mit, dass die Höhe der Forderungen für das Ministerium nicht nachvollziehbar sei. Tatsächlich habe das Ministerium die Zuschüsse zwischen 1994 und 1997 gekürzt. Es handele sich um eine Summe von 9,3 Millionen Mark. Zur Begründung sagte Große: "Wir haben eine unterschiedliche Auffassung zur Refinanzierung von Unterrichtsstunden." In beruflichen Schulen müssten 13 Stunden pro Schüler und Woche gehalten werden. "Beim Kolping-Bildungswerk wurden nur acht Stunden gegeben. Folglich hatte man dort auch geringen Personalaufwand und niedrigere Sachkosten." Die Streichung der Zuschüsse sei daher gerechtfertigt. Große: "Wir können private Schulen nicht besser stellen als stattliche." Um den Streit zu beenden habe das Ministerium ein Vergleichsangebot unterbreitet: "Wir haben vier Millionen Mark angeboten, die aber ausgeschlagen wurden." Der Fall liege jetzt beim Verwaltungsgericht Dresden.
Die Auseinandersetzungen mit dem Kultusministerium seien "Hauptgrund und Auslöser" der Liquiditätskrise, erklärte Martin Stock, Vorstandsmitglied des Kolping-Bildungswerkes. Verschärft werde die Situation noch, weil weitere elf Millionen Mark dadurch blockiert seien, dass Ansprüche gegen Bauunternehmen aus Baumängeln und Vermögensschäden bisher nicht durchgesetzt werden konnten.
Das Bildungswerk sei in der "wirtschaftlichen Grundstruktur gesund und überlebensfähig", erklärte Stock weiter. Das sei durch eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft kürzlich bestätigt worden, die festgestellt habe, das der Kernbereich, die Bildungsarbeit, gesund und wirtschaftlich sei. Vorhandene und bekannte Schwachstellen könnten saniert werden.
Das Bildungswerk, das vor zehn Jahren gegründet wurde und seinen Hauptsitz in Dresden hat, widmet sich vor allem der Berufsvorbereitung, -ausbildung und der Betreuung von benachteiligten und lernbehinderten Jugendlichen. An über 60 Standorten in den neuen Bundesländern beschäftigt es rund 1200 Mitarbeiter.
Zum weiteren Vorgehen teilte der Verein mit, der Vorstand wolle jetzt unter Ausnutzung der Möglichkeiten des neuen Insolvenzrechtes den Geschäftsbetrieb aufrecht erhalten. "Wir hoffen auf die Einsicht aller Beteiligten, dass hier ein besonnener und behutsamer Weg gegangen werden kann. Das sind wir unseren Teilnehmern in den Maßnahmen und den Mitarbeitern schuldig", so Stock.
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 15.10.2000