Neue Wege in der Pastoral Indiens vorgestellt
Dresden
Dresden - Vieles können indische und deutsche Christen voneinander lernen. Das wurde deutlich, als Bischof Soosa Pakiam aus Trivandrum - Provinz Kerala, Südindien - vom 4. bis 10. Oktober das Bistum Dresden-Meißen besuchte. Zur Vorbereitung auf den Weltmissionssonntag weilte er auf Einladung des internationalen katholischen Missionswerkes Missio in Deutschland und reiste von Dresden aus weiter ins Bistum Magdeburg.
Seit etwa zehn Jahren geht Bischof Pakiam in seinem Bistum neue Wege in der Pastoral: Er teilte die Gemeinden seines Bistums in kleine christliche Gemeinschaften ein, die aus jeweils bis 30 Familien bestehen. Außer dem Sonntagsgottesdienst treffen sie sich einmal wöchentlich bei einer Familie zum gemeinsamen Bibel-Teilen und fragen sich, was ihre Antwort auf das Wort Gottes sein könnte. Daraus seien viele gute Aktivitäten entstanden und vor allem auch ein gemeinschaftliches Miteinander quer durch verschiedene soziale Schichten und Altersstufen: gegenseitige Hilfe, Besuche bei Kranken, das Teilen von Freude und Leid sind selbstverständlich. An jedem Sonntag ist jeweils eine der Gemeinschaften für die Kirche zuständig - für die Reinigung ebenso wie für Schmuck und Gottesdienstgestaltung.
Dadurch sei die Liturgie für die Menschen zu einer Erfahrung geworden, die ihnen Kraft und Licht gebe für ihr Leben. Das regelmäßige gemeinsame Betrachten von Bibeltexten habe auch zur Folge, dass die Gemeindemitglieder wieder in der Heiligen Schrift lesen und erfahren, dass das Wort Gottes für sie verstehbar wird und sie antworten können. Jede der kleinen Christlichen Gemeinschaften hat zwei Leiter, die monatlich einmal geschult werden und zusätzlich im "Pfarrgemeinderat" vertreten sind. Beeindruckend waren die Zahlen, die Bischof Pakiam zur Vorstellung seiner Diözese nannte: Zur Diözese Trivandrum gehören heute zirka 250 000 Katholiken, davon sind fast 90 Prozent Fischer. Zur größten Pfarrei des Bistums gehören etwa 15 000 Katholiken. Die Kirchenbesucherzahlen liegen bei etwa 99 Prozent. Aber Bischof Pakiam betonte, dass ihn diese Zahlen nicht zufrieden stellen, sondern er den Christen Glaubenserfahrung vermitteln will. So intensiviere das Bibel-Teilen die Beziehung des Einzelnen zu Gott; das gemeinsame Teilen stärke die Gemeinschaft untereinander, ohne die der Glaube nutzlos sei. Eine weitere wichtige Konsequenz sei die Umsetzung des Wortes Gottes im täglichen Leben. Das alles aber sei erst der erste Schritt, auf den noch 99 weitere folgen müssten.
Vor etwa 400 Jahren brachten Missionare aus Spanien und Portugal die Frohe Botschaft nach Indien, unter ihnen auch der heilige Franz Xaver. Sie richteten sich besonders an die Armen. "Wir haben viel von der Kirche in Europa gelernt. Vielleicht kann jetzt die deutsche Kirche von der indischen Kirche und ihren ermutigenden Erfahrungen lernen", sagte Bischof Pakiam. Auch wenn die indische Situation nicht einfach auf die deutsche zu übertragen ist, ermutigte Bischof Pakiam seine Zuhörer, kreativ und zugleich auf den Heiligen Geist vertrauend sich anstecken zu lassen.
Elisabeth Meuser
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 15.10.2000