Für mehr Toleranz
Jugendkonferenz in Weimar
Weimar (fr/tdh) - Die erste Thüringer Jugendkonferenz am 16. Dezember in Weimar setzte auf demokratisches Miteinander in allen Lebensbereichen, um Gewalt, Mobbing und Rechtsextremismus vorzubeugen. Zu der Konferenz für Jugendliche, Eltern, Lehrer und Polizeivertretern zum Thema "Strategien gegen Gewalt - auf dem Weg zu mehr Demokratie" hatte die Jakob-Kaiser-Stiftung und die Junge Union Thüringens eingeladen.
"Tolerante Luft" auch über den Stammtischen schweben zu lassen, sieht Hartmut Kaczmarek von der Thüringer Landeszeitung als dringende Aufgabe der Medien an. Kaczmarek forderte ein Landesprogramm gegen Extremismus wie in Brandenburg. Thüringens Kultusminister Michael Krapp (CDU) hingegen sieht darin nur Aktionismus. Besser sei eine Koordinierungsstelle der Landesregierung, wie sie Thüringen bereits im Frühjahr 2000 eingerichtet hat. Deren Leiter, Sven Heinemann, bot allen Schülern seine Hilfe vor Ort wie auch im Förderdschungel an. Für Sozialminister Frank-Michael Pietzsch (CDU) reicht Toleranz nicht aus. Er fordert Akzeptanz für Ausländer und ihre Kultur, aber auch im täglichen Miteinander in Familie, Schule und Beruf. Einig zeige er sich mit der Weimarer Sozialkundelehrerin Gatzsch, dass die Frage nach dem Menschenbild entscheidend sei und Christen für gewaltfreies Umgehen miteinander beste Grundlagen hätten. Schule und außerschulische Programme müssten also bei der Vermittlung humaner Werte ansetzen. "Ich muss den anderen Menschen als Wert an sich achten", so Pietzsch. Während der Streetworker Andreas Kosmalla gegen Sonntagsreden und für mehr Sozialarbeiterstellen plädierte, legte der Schüler Thomas Fritzsche vom von-Bülow-Gymnasium Neudietendorf im Schulbereich den Finger in die Wunde. In der schwächer werdenden Motivation und Zivilcourage der Lehrer sieht er Hemmnisse, Gewaltprävention und guter Bildung Vorschub zu leisten. Ursache seien auch nicht mehr zeitgemäße pädagogisch-psychologische Ausbildungskenntnisse bei Lehrern. Im Vergleich zu seinen Erlebnissen in Wales im vergangenen Jahr wünscht er sich in deutschen Schulen mehr persönliche Lehrer-Schüler-Gespräche, einen offeneren Umgang und konkrete Ansprechpartner auch für persönliche Probleme.
Michael Fritzsche von der Gemeinschaft Christlicher Eltern Thüringen (GCE) verwies auf die von der GCE am von-Bülow-Gymnasium seit drei Jahren organisierten Wissenschaftswochen. Die Gestaltung beziehe die Schüler so ein, dass sie demokratischen Umgang miteinander durch "learning by doing" einübten. Auch Kurse, die zum Konfliktmanagement befähigen, seien wertvoll. Rechtsradikalen fehlten oft Fremdsprachenkenntnisse. Wissen über andere Kulturen hätten sie nur aus dritter Hand, so Fritzsche. Deshalb sei es nötig, verstärkt Sozialarbeiter vor allem in die Regelschulen zu schicken, den Jugendlichen Ferien im Ausland anzubieten und sie dabei quasi an die Hand zu nehmen. Allerdings sollten nicht Camps genutzt, sondern Gastfamilien ausgewählt werden, in denen die jungen Leute zwei bis vier Wochen leben können. Dafür Geld bereit zu stellen, sei eine gute Investition in die Zukunft.
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 07.01.2001