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Bistum Görlitz

Wenn Menschen glauben wollen

Pastoralkonferenz Görlitz

Görlitz (mh) - Der Dienst der Kirche in der heutigen Zeit und in der ostdeutschen Diaspora stand im Mittelpunkt der Pastoralkonferenz des Bistums Görlitz Mitte Oktober in der Bischofsstadt. Ein wichtiger Teil der dreitägigen Tagung stand unter dem Thema "Katechumenale Wege: Erfahrungen aus unserem Bistum". Fragebögen, die vom Seelsorgeamt zur Vorbereitung an die Gemeinden verschickt worden waren, zeigten, dass es in einer Reihe von Gemeinden Aktivitäten gibt, um Menschen neu oder wieder an den Glauben und die Kirche heranzuführen.

Auch im zahlenmäßig kleinsten Bistum Deutschlands gibt es jedes Jahr Erwachsenentaufen und Konversionen. Bernadette Rausch, Referentin im Seelsorgeamt, zeigte sich bei der Vorstellung der Auswertung der Fragebögen - 50 waren verschickt worden, 20 Gemeinden hatten geantwortet - erstaunt über die Zahlen. So habe es in 14 Gemeinden regelmäßige Veranstaltungen zur Glaubensinformation gegeben. 200 Personen seien damit erreicht worden, wovon 80 getauft wurden oder konvertierten. Deutlich seien in den Antworten die grundlegenden Probleme geworden: Die Hinführung erwachsener Menschen zum Glauben erfordere sehr viel Zeit und persönliches Engagement. Gerade in Zeiten kleiner werdender Gemeinden fehle häufig die Möglichkeit der persönlichen Begleitung. Andere Probleme seien Erwartungen der Gemeinde, die neu zu ihr Kommenden müssten von Anfang an 100-prozentige Katholiken sein. Auch hätten viele Gemeindemitglieder - wenn es um Glaubensfragen geht - Scheu auf andere zuzugehen.

Was sich hinter nüchternen Zahlen und Fakten verbirgt, zeigten dann konkrete Einblicke in einzelne Pfarrgemeinden des Bistums. Pfarrer Norbert Joklitschke aus Doberlug-Kirchhain ist es wichtig, dass an den entsprechenden Kreisen auch interessierte Gemeindemitglieder teilnehmen. "Es geht nicht nur um Wissensvermittlung. Auch die Begegnungen in der Gruppe und gemeinsame Erlebnisse sind wichtig."

Erfahrungen ganz eigener Art - er wage sie nicht einmal als "Vorhof des Glaubens" zu bezeichnen - macht die Gemeinde jetzt mit einem Spielplatz, der auf dem Pfarrgelände eingerichtet worden ist, berichtete Pfarrer Joklitschke. "Die Kinder kommen, aber es sind selten die katholischen, sondern die Kinder aus der Umgebung, die überwiegend aus einem schwierigen Milieu stammen". Vor allem mit den älteren über Kirche und Glauben zu sprechen, sei fast unmöglich, aber: "Sie haben Langeweile ohne Ende und freuen sich , dass jemand für sie da ist." Ist das ein "vorkatechumenaler Weg", etwas, wo Kirche sich engagieren sollte, fragte er. Für sich selbst hat er diese Frage erst einmal mit einem Ja beantwortet, denn im Rahmen eines Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ) - finanziert durch Spenden - kümmert sich jetzt eine junge Frau um die Kinder.

Pfarrer Thomas Thielscher berichtete aus den Erfahrungen der Gemeinde in Finsterwalde, dass ein häufiger Anknüpfungspunkt für die Frage nach dem Glauben der katholische Ehepartner oder Freund sei. Der erste Kontakt erfolge dann meistens über den Gottesdienst. Der Feier der Liturgie und der Predigt kämen deshalb besondere Bedeutung zu. Menschen, die sich für den Glauben interessieren, dürften nicht mit Zeitplänen unter Druck gesetzt werden. Und: "Am Ende muss nicht unbedingt die Taufe stehen." Der ganze Prozess sei freiwillig. "Was uns aber fehlt", so die Klage des Pfarrers, "sind die normalen Gemeindemitglieder, die die Glaubensschüler authentisch begleiten."

Dass Familienfeste - Taufe oder Hochzeit - häufige Anknüpfungspunkt sind, berichtete Pfarrer Christoph Kliemank aus Lübben. Gerade wenn der erste Kontakt über persönliche Beziehungen gehe, sei es ihm wichtig, die Glaubensunterweisung dann auch "im Doppelpack" zu machen. Beide Ehepartner, Freund und Freundin oder Kind und Elternteil lernten sich dadurch auch in dieser Beziehung besser kennen, gerade weil Gespräche über den eigene Glauben sonst eher schwierig seien. Bei der Einführung in den Glauben sei einerseits die Begleitung durch das Kirchenjahr wesentlich. Andererseits gehe er aber auch immer auf aktuelle Fragen ein, "die die Leute aus der Presse kennen oder die sie in Gesprächen mit Arbeitskollegen beschäftigen". Hinführung zum Glauben ist ein zweiseitiger Prozess, sagt Pfarrer Kliemank: "Ich kann dabei die Übersetzung des Kirchenlateins in die Alltagssprache lernen." Für die neu Getauften sei es dann wichtig, dass sie in der Gemeinde Heimat finden. Das sei vor allem eine Aufgabe für Familienkreise.

Die Vorschriften des Kirchenrechts und großartige Abhandlungen über die Verpflichtung der Kirche und jedes einzelnen Christen, andere zum Glauben zu führen, nützten wenig, unterstrich Pfarrer Wolfgang Kresak aus Görlitz (St. Jakobus). Nötig seien vielmehr die "authentischen Glaubenszeugen", zitierte er den Erfurter Bischof Joachim Wanke, der während der Pastoralkonferenz mehrere Vorträge gehalten hatte. Für die Menschen, die sich für den Glauben interessieren, seien die Pfarrgemeinden besonders wichtig. "Aber häufig fühlen sie sich auch sehr allein." Im Einzelfall problematisch für die Hinführung zum Glauben sei die Haltung der Kirche gegenüber wiederverheirateten Geschiedenen.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 44 des 50. Jahrgangs (im Jahr 2000).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 29.10.2000

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