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Was verbindet mich mit den Heiligen

Betrachtung zum Agnestag am 21.Januar nach einem Text der heiligen Gertrud von Helfta

Die heilige Agnes Aus dem Lobpreis der göttlichen Gnade: Als Gertrud in der Nacht vor dem Feste der gottgeliebten Jungfrau Agnes sich sehr darüber freute, wie der Herr durch die Liebe und den Lobpreis verherrlicht wurde, mit dem der ganze himmlische Hof die Worte dieser Jungfrau rühmte, die damals in der Kirche gelesen wurden, dachte sie mit Trauer an ihre Krankheit und sprach zum Herrn: "Ach, Herr, welches Glück hätte bei diesen Worten in meine Seele einströmen können, wenn meine Krankheit das nicht verhindert hätte!" Dazu meinte der Herr: "Es ist dir in mir aufbewahrt, und du wirst es jetzt und in Zukunft um so tiefer empfinden, je weniger es mit dem Beigeschmack des eigenen Willens vermischt ist." Daran erkannte sie, dass das Heil eines Menschen nicht durch ein unverschuldetes Hindernis beeinträchtigt wird.

Als dann in der sechsten Lektion gelesen wurde: "Einer sagte, Agnes sei von Kindheit an Christin und habe sich so sehr mit magischen Künsten befasst, dass sie Christus ihren Bräutigam nenne", fügte sie betrübt hinzu: "Ach, mein Herr und Gott, was erträgt deine erhabene Majestät vom Menschen!" Der Herr erwiderte: "Durch die große Freude, die mich und Agnes verbindet, wird das mehr als ausgeglichen." Darauf sagte Gertrud: "Gütigster Gott, gib all deinen Auserwählten, in solcher Liebe und Treue zu dir zu stehen, dass du alle dir von deinen Widersachern zugefügten Kränkungen für unwichtig hältst."

Als ihr am Fest des heiligen Augustinus die Verdienste zahlreicher Heiliger gezeigt wurden, wünschte sie, dass auch ihr etwas von den Verdiensten dieses Mädchens geoffenbart würde, das sie von Kindheit an so innig liebte. Schnell stimmte der Herr ihrer Bitte zu, erhob seinen Arm und zeigte ihr die heilige Agnes selbst, wie sie in ihrer überaus liebenswürdigen und zarten Gestalt an seinem göttlichen Herzen lag, um ihre außergewöhnliche Unschuld hervorzuheben, über die es heißt: Die Unversehrtheit bringt Gott am nächsten (Weisheit 60/2). Dieses heilige Mädchen nämlich schien Gott so nahe, dass ihm in seiner Unschuld und echten Liebe kaum jemand im Himmel gleichen konnte; und Gertrud erkannte, wie der Herr in jedem Augenblick alle Hingabe und Freude in sich aufnahm, von der je ein Herz ergriffen wurde und bis jetzt ergriffen und zur Gottesliebe und Frömmigkeit angeregt wird durch die beglückenden -honigfließende -Worte dieser seligen Jungfrau, die noch heute in der Kirche gelesen werden. Dies alles veredelte er in seinem Herzen in wunderbarer Weise und träufelte es wie den süßesten Nektar in das Herz der heiligen Agnes, die seinem göttlichen Herzen so innig verbunden war. Dadurch wurde diese hochheilige Jungfrau wie mit neuem Glanz geschmückt, der zu jeder Stunde in die Herzen derer drang, die sie verehrten.

Betrachtung: Am Fest der heiligen Agnes, am 21. Januar, ist Gertrud traurig darüber, dass sie wegen Krankheit nicht am nächtlichen Chorgebet in der Klosterkirche teilnehmen kann. Sie hätte gern die Väterlesung gehört, die jedes Jahr an diesem Tag vorgetragen wird. Daraufhin sagt ihr der Herr, dass ihr durch die Krankheit kein Nachteil entsteht. Das Kranksein ist für sie ein nicht selbst verschuldetes Hindernis, und das kann keinen Menschen von Gott trennen. Gertrud möchte gern die Lesung mit Wonne verkosten und genießen, doch der Herr belehrt sie: Durch den Verzicht auf die eigene Befriedigung darf sie später um so mehr Trost und Freude als Geschenk erfahren.

Gertrud hat die heilige Agnes von Kindheit an verehrt und gern gehabt. Das hängt sicher mit ihrer eigenen Lebensgeschichte zusammen: Gertrud wurde selber bereits als Kind mit fünf Jahren in das Helftaer Kloster gebracht, und Agnes starb in einem kindlichen Alter. Heute noch wird in Klöstern zur Vigil, dem nächtlichen Chorgebet, ein Text von Ambrosius gelesen, in dem es heißt: Nach der Überlieferung hat die heilige Agnes mit zwölf Jahren das Martyrium erlitten. Welch Abscheu erregende Grausamkeit, die auch das zarteste Alter nicht schonte! Mit welchem Schrecken droht der Henker, um sie einzuschüchtern, wie schmeichelt er, um sie zu verführen! Was versprechen ihr die vielen Freier alles, um sie heimzuführen! Sie aber spricht: "Schon das wäre Unrecht gegen den Bräutigam, wollte ich darauf warten, ob ich jemand gefalle. Der mich zuerst erwählte, dem will ich gehören. Auf was wartest du, Henker? Der Leib vergehe, ihn könnten Augen lieben, deren Liebe ich nicht mag!" Da stand sie, betete und beugte den Nacken.

Durch das Martyrium der heiligen Agnes beschäftigt sich Gertrud auch mit dem Problem der Lästerung und Verleumdung. Ihr wird vom Herrn gezeigt, dass die Liebe derer, die an ihn glauben, stärker ist und mehr wiegt als das Unverständnis oder die Ablehnung anderer. Durch die Liebe seiner Auserwählten wird beim Herrn ausgeglichen, was andere Menschen Gott an Schmähungen zufügen. Hier schwingt der Gedanke der Stellvertretung mit: Durch Glaube und Liebe werden die Lästerungen und der Spott gegen Gott ausgeglichen und gesühnt.

Gertrud darf in ihrer Vision erkennen, dass die Verehrung der Heiligen den Menschen selber Glanz verleiht. Sie hat nicht nur am 21. Januar an die heilige Agnes gedacht. Das Fest des heiligen Augustinus, am 28. August, bot ihr ebenso Gelegenheit dazu. Die kindlich zarte Agnes ist in gewisser Weise das genaue Gegenteil zu dem stürmisch veranlagten, sich zunächst austobenden Augustinus, und doch verbindet beide die glühende Liebe zu Christus.

Impuls: Gibt es Heilige, die mir besonders lieb sind, deren Lebensgeschichte Ähnlichkeiten mit meiner eigenen Situation besitzt? Was verbindet mich mit ihnen? Spricht mich ihr Leben an? Haben sie eine Botschaft für mich?

Aus Johanna Schwalbe (OSB): "Durst nach

Leben -Betrachtungen zum Kirchenjahr zu Texten der heiligen Gertrud von Helfta",

St.-Benno-Verlag, Leipzig

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 3 des 52. Jahrgangs (im Jahr 2002).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Freitag, 18.01.2002

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