Preiswerter Strom für Gemeinden
Magdeburg
Magdeburg (dw) - Die Ausgaben für Energie stehen im Haushalt der Pfarreien im Bistum Magdeburg weit oben. Den Gemeinden und ihren Mitarbeitern Einsparpotenziale zu erschließen, war eine der Haupt-Geschäftsideen, als das Magdeburger Siedlungswerk St. Gertrud vor rund zwei Jahren die WB Windpark Betriebsgesellschaft gründete. Gleichzeitig sollte das Tochterunternehmen nachhaltige Formen der Energienutzung vorantreiben. Seit 1999 betreibt die Gesellschaft drei eigene Windkraftanlagen, zwölf bis 16 weitere sind in Planung.
In erster Linie war die bisherige Firmenaktivität jedoch darauf ausgerichtet, die Strompreise durch Aushandeln von Gruppentarifen für Gemeinden und andere interessierte Stromkunden zu verringern. Mit der Berliner EnBW Energie-Vertriebsgesellschaft einigte sich Windpark Ende vergangenen Jahres auf einen sehr günstigen Preis: Die Berliner Gesellschaft sagte zu, den Windpark-Kunden Strom zum Preis von 20 Pfennig pro Kilowattstunde zur Verfügung zu stellen, üblich waren damals etwa 34 Pfennig, einzelne Gemeinden zahlten den Erhebungen zufolge sogar bis zu 2,80 Mark. 1800 Kunden hat die Siedlungswerk-Tochter unterdessen geworben, knapp ein Drittel sind kirchliche Gemeinden und Einrichtungen der Bistümer Erfurt und Magdeburg sowie der Kirchenprovinz Sachsen.
In den Kassen macht sich der Vertragsbeitritt bislang jedoch bei keiner Gemeinde positiv bemerkbar. Die Kunden zahlen nach wie vor die alten, höheren Preise an ihre bisherigen Stromversorger. Nach Auskunft von Dirk Nowak, dem stellvertretenden Geschäftsführer der Windpark Betriebsgesellschaft, ist dafür ausschließlich die EnBW verantwortlich. Der Konzern habe den Neukunden bislang nur ein Begrüßungsschreiben zugesandt. Selbst diejenigen, die schon vor einem Jahr den Vertrag unterschrieben, haben bis heute die üblichen Informationen über Abschläge, Erstattung und Ablesung nicht erhalten. "Das Unternehmen blockiert bewusst die Abarbeitung der Anträge", ärgert sich Nowak, der jede Woche in Berlin anruft und dort regelmäßig vertröstet wird. Der Vertragspartner verhalte sich "äußerst geschäftsschädigend" für die Windpark Gesellschaft. Unverständlich ist das für Dirk Nowak insbesondere vor dem Hintergrund, dass man der EnBW in Nachverhandlungen mehrfach entgegengekommen sei, nachdem die Preise auf dem Strommarkt den allgemeinen Erwartungen entgegen nicht weiter gesunken sind. Beispielsweise habe Windpark monatelang auf Werbung verzichtet und sich im August verpflichtet, entgegen dem ursprünglichen Vertragstext nicht mehr deutschlandweit zu werben und auch das abgenommene Stromkontingent auf ein Jahresmaximum von 60 Millionen Kilowattstunden zu beschränken. "Im März wird dieses Volumen ausgeschöpft sein", vermutet Nowak. Danach könnten nur noch Mittelspannungskunden aufgenommen werden, kirchliche Krankenhäuser etwa oder Pflegeheime. Ein Drittel des Niederspannungskontingents sei schon verkauft. In den nächsten Monaten wirbt das Unternehmen gezielt um kirchliche Neukunden. Die EnBW sei mit dem Vertrag "nicht glücklich", werde ihn aber erfüllen, sagte der Berliner Niederlassungsleiter Norbert Juchem. Man habe bei Vertragsabschluss größere Abnahmestellen vor Augen gehabt. Von der großen Zahl privater Haushalte hätte die Windpark Gesellschaft damals nicht gesprochen. Man sei deshalb davon überrascht worden und war organisatorisch nicht darauf eingestellt. Von einer bewussten Blockierung, so Juchem, könne daher nicht die Rede sein. In den späteren Nachverhandlungen sieht er kein Entgegenkommen, sondern eine Konkretisierung des Vertrags. Windpark habe zudem einen finanziellen Ausgleich erhalten. Noch in diesem Jahr würden jedoch alle Kunden ihre Infos erhalten, sicherte er zu.
Mittelfristig will die Windpark Gesellschaft Gemeinden umfassende Energieberatung für gebrauchte Immobilien anbieten. Pfarreien, die das wünschten, können ihre Energieverbrauchszahlen von Strom, Gas und Öl, den Zustand ihrer Gebäude und Heizungsanlagen zunächst in Datenbanken erfassen lassen, auf deren Grundlage dann die günstigste Vorgehensweise individuell ermittelt werden kann. Die Gewinne will das Unternehmen in weitere erneuerbare Energieträger investieren. Eines Tages, hofft Nowak, können die Kunden wählen, ob sie den derzeit angebotenen preisgünstigen Energiemix aus fossilen Brennstoffen, Wasser- und Atomstrom weiter beziehen wollen oder ob sie stattdessen mehr Geld für ökologisch erzeugten Strom auszugeben bereit sind.
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 10.12.2000