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Bistum Dresden-Meißen

Advent im Aussiedlertreff

Caritas Leipzig

Advent im AussiedlertreffLeipzig (kh) - Zoo, Völkerschlachtdenkmal, Botanischer Garten, Altes Rathaus, Nikolaikirche: Wie die Stationen einer Stadtrundfahrt klingen die Ausflugsziele des "Aussiedlerclubs in Leipzig Grünau". Nicht nur ihren neuen Heimatort haben sich die Mitglieder der 1992 von Caritas-Berater Christoph Köst gegründeten Gruppe näher angesehen. Auch die Besichtigung anderer Städte stand immer wieder auf dem Programm, so etwa Fahrten nach Dresden, Erfurt, Naumburg oder Bonn.

Geradezu "verschüchtert" hätten die wenigen Teilnehmer bei den ersten Treffen auf sie gewirkt, berichtet Brunhild Hubrich - eine von mehreren "Einheimischen", die sich im Club engagieren. Inzwischen sind die großteils in Grünau lebenden Aussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion aber längst "aufgetaut": Um die 30 Männer und Frauen im Rentenalter kommen jeden Donnerstag um 14 Uhr ins katholische Gemeindezentrum St. Martin.

Dorota Monem braucht sogar eine kleine Glocke, um sich Gehör zu verschaffen. Seit rund dreieinhalb Jahren leitet die Aussiedlerberaterin vom Caritasverband Leipzig nun diesen Club. Sie weiß deshalb um die Schwierigkeiten der so genannten Wolgadeutschen, die nach Leipzig kommen, oft ihre Familienangehörigen zurücklassen müssen und in Deutschland nur eine geringe Rente beziehen oder ganz von Sozialhilfe leben.

Im Aussiedlerclub bekommen sie bei Bedarf materielle Unterstützung, zum Beispiel gebrauchte Einrichtungsgegenstände über die Möbelvermittlung der Caritas. Vor allem aber erhalten sie praktische Tipps und Informationen, erfahren etwas über deutsche Bräuche, hören Vorträge vom Sektenbeauftragten bis zum Polizisten, sehen sich Videos an oder feiern einfach bei Kaffee und Kuchen den Geburtstag eines Clubmitglieds.

Die Angebote treffen ganz offensichtlich ins Schwarze: Vor gut einem Monat hat Monem intern eine kleine Fragebogenaktion durchgeführt. "Warum ist mir der Aussiedlerclub wichtig?", wollte sie beispielsweise von den Teilnehmern wissen. "Da kann man die Sprache besser lernen, kann miteinander sprechen, singen, feiern und auch sich trösten lassen", lautete eine der Antworten. Andere Aussiedler erwähnten die Hilfestellung beim Ausfüllen von Formularen, bedankten sich für Hinweise auf kulturelle Veranstaltungen oder einfach für die Ablenkung "vom täglichen Leben", die ihnen die Clubnachmittage böten.

Auch für das neue Jahr hat Monem schon Pläne: So will sie zu einem der Treffen eine Flüchtlingsfamilie aus dem Kosovo oder dem Iran einladen, um die Aussiedler mit deren Problemen vertraut zu machen. Außerdem soll wieder der Lebenslauf einiger Clubmitglieder zu Papier gebracht und die Liste mit alten schwäbischen Wörtern, die unter den Wolgadeutschen noch in Gebrauch sind, ein wenig verlängert werden.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 52 des 50. Jahrgangs (im Jahr 2000).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 24.12.2000

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