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Bistum Magdeburg

50 Jahre Konrad-Martin-Haus

Bad Kösen

Monsignore Karl-Heinz Ducke aus JenaBad Kösen - Die weiße Maus in Zimmer 12, das Ringen um eine Überproduktion Ziegelsteine, heimliche Seminare im SED-Staat und gutes Essen in familiärer Atmosphäre: Vielfältig sind die Anekdoten und Geschichtchen, bei denen das Bad Kösener Konrad-Martin-Haus im Mittelpunkt steht. Zum 50. Geburtstag der Bildungs- und Freizeiteinrichtung wurde am vergangenen Freitag an die eine oder andere Begebenheit erinnert. Bei einem Gottesdienst mit Bischof Leo Nowak und anschließender Festveranstaltung feierten ehemalige und jetzige Mitarbeiter mit einer großen Gratulantenschar das Jubiläum des Hauses. In einem Rückblick ließ Hiltraud Kussmann, die mit ihrem Mann derzeit die Einrichtung leitet, die vergangenen fünf Jahrzehnte noch einmal lebendig werden.

Am 1. Dezember 1950 erhält die Einrichtung den Namen Konrad Martins, nachdem sie seit 1947 für katholische Bildungsarbeit genutzt wird. Das Haus dient zunächst als Anlaufstelle und Heimstatt für Katholiken, die während des Krieges ins Stammland der Reformation kamen. In der stalinistischen Ära versuchen die Betreiber, der Ideologie ein christliches Weltbild entgegenzusetzen. Seminar und Tagungen finden statt, später auch Freizeiten für Familien, Körperbehinderte und psychisch Kranke. Ab 1978 - Träger ist jetzt der Caritasverband Magdeburg - wandelt sich das Konrad-Martin-Haus zum Erholungsheim. Nach langem Behördenkampf und anstrengender Materialbeschaffung errichtet eine Feierabendbrigade ab 1987 einen dringend benötigten Neubau mit 40 Betten.

Doch die Freude über die Einweihung im November 1989 währt nur kurz. Die Mauer ist offen, die Menschen reisen durch die Welt - nicht nach Bad Kösen. 1990 kommt Pfarrer Karl Fromme, einer der Gründungsväter des Hauses, zu Besuch und schlägt die Etablierung einer Heimvolksschule vor. Einer Einrichtung, unter deren Dach Menschen gemeinsam leben und lernen nach christlichem Welt- und Menschenbild. Engagierte Menschen der Diözese Paderborn greifen den Bad Kösenern unter die Arme. Vier Jahre später erkennt das Kultusministerium das Haus als förderfähige Institution der Erwachsenenbildung an.

In seinem Grußwort beschrieb Otto Heil, Mitarbeiter des Kultusministeriums, das Haus als "Ort des intergenerativen Dialogs", als eine Stätte, wo Menschen zu "Selbstbestimmung, Mitbestimmung und Solidarität" befähigt würden.

Von zweierlei wurde in den vielen Dankesworten und Grußreden am 15. Dezember immer wieder geschwärmt: von der Gastfreundschaft und dem guten Geist des Hauses. Diözesancaritasdirektor Franz Jorgol lieferte die schlichte Erklärung für die viel gelobte Atmosphäre: Es seien Menschen am Werk gewesen, die "mit Herz und Seele für das Wohl des Hauses gearbeitet haben".

Zwei dieser Menschen - zwei gute Seelen - wurden stellvertretend für alle Kollegen unter viel Applaus geehrt: die ehemaligen Mitarbeiterinnen Gertrud Purschke und Margarete Poschmann.

Rückblick, Dank, Ehrungen. Und wie geht es weiter? Welche Rolle spielt die Kirche in der Gesellschaft als Bildungsvermittler? Wie sollte sie diese künftig spielen? Monsignore Karl-Heinz Ducke aus Jena lieferte in seinem impulsiven, leider wegen Zeitmangels gekürzten Festvortrag klare Ausblicke: "Christliche Bildungsarbeit soll nicht dazu führen, ein utopisches Himmelreich zu versprechen, sondern der Phantasie Raum lassen. Sie ist nicht Ausbildung auf ein bestimmtes Ziel, sondern sie bedeutet Bildung für eine offene Zukunft."

An der Wertediskussion müsse sich die Kirche zweifellos beteiligen, aber nicht als Besserwisser oder vorschreibende Institution, die auf alles fertige Antworten geben könne. Kirche müsse wahrnehmbar sein als Begleiter von Menschen. Außerdem könne sie Ducke zufolge vermitteln, dass Werte "lebbar" seien. Markus Tichy

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 52 des 50. Jahrgangs (im Jahr 2000).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 24.12.2000

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