Stammtisch für Mütter
Projekt "Familie lokal" wird im Altmarkdorf Mieste ökumenisch organisiert
Von Uwe Naumann
Mieste. Neben Halle und Magdeburg gibt es seit Anfang Oktober auch im Altmarkdorf Mieste das Familienbildungsprojekt "Familie lokal" des Bistums Magdeburg. In Mieste wird es von der katholischen und evangelischen Christen gemeinsam getragen.
Mittwochs um zehn in Mieste: In dem 2000-Seelendorf in der Altmark treffen sich hinter geschlossenen Türen des katholischen Gemeindehauses die Entscheidungsträger von übermorgen zur wöchentlichen Beratung. Zur eigenen Sicherheit werden sie von ihrer jeweiligen Leibwächterin begleitet. Während vor der Tür schicke Cabrios und Sportwagen parken, bewacht vom ortsbekannten Schießhund Fuzzi, geht es im gut beheizten Gemeinderaum drunter und drüber.
Was sich genau abspielt zwischen Phil, Carla, Leni, Hanna, Victoria und Hermine, darüber wollen sie keine Auskunft geben. Lediglich die Leibwächterinnen wollen oder vielmehr können erzählen, was da in Mieste mittwochs so Spannendes passiert: Junge Mütter treffen sich mit ihren Kleinkindern im katholischen Gemeindehaus zur Krabbelgruppe. Nur der kleine Hund Fuzzi muss draußen bleiben und bewacht die Kinderwagen.
Seit April gibt es in Mieste diesen Babytreff, zu dem sich katholische, evangelische und vor allem nichtchristliche Mütter mit ihren Kleinsten einfi nden. Dabei geht es nicht nur um das gemeinsame Spielen und Krabbeln der Kinder, sondern auch um die Gemeinschaft der jungen Frauen. Sie frühstücken zusammen, geben einander Erziehungstipps und tauschen sich aus "über die Freuden und Sorgen der Mütter, wer zum Beispiel nachts wieder nicht schlafen konnte", erzählt Ute Herre, die Leiterin der Krabbelgruppe. Entstanden und eingebettet ist dieser "Stammtisch der Mütter" in das Projekt "Familie lokal", das Anfang Oktober offi ziell und ökumenisch auch in Mieste gestartet wurde. Es will offene Angebote zur Familienbildung im wohnortnahen Bereich schaffen und zum ehrenamtlichen Engagement ermutigen. Die Träger des Familienprojektes sind das Bistum Magdeburg sowie der Familienbund im Bistum Magdeburg und im Land Sachsen-Anhalt. Die Sachmittel fi nanzieren das Bonifatiuswerk der deutschen Katholiken und das Land Sachsen-Anhalt.
In Halle (Heilig-Kreuz-Gemeinde) und Magdeburg (Sudenburg, Verein "Du und ich"), läuft das Projekt schon seit längerer Zeit. Hier werden die offenen Angebote wie Familiencafé, Elternkurse, Vater- Kind-Treffs oder musikalische Früherziehung entweder allein von den Mitgliedern der örtlichen katholischen Gemeinde oder von einem Verein organisiert.
Im kleinen Ort Mieste dagegen haben sich die direkt benachbarte katholische und die evangelische Gemeinde vereint als "Initiative der Miester Kirchen" in das Projekt eingebracht. Erst dadurch habe es ausreichend engagierte Mitstreiter gegeben, sagt die Projektkoordinatorin Bettina Albrecht. Sie sei froh darüber, dass im Ort auf diese Weise zusammengearbeitet wird. "Was wir gemeinsam tun können, sollen wir auch gemeinsam machen", erinnert sie an die Ergebnisse des Pastoralen Zukunftsgesprächs des Bistums Magdeburg, im Zuge dessen "Familie lokal" entstanden war.
Die treibende und einende Kraft in Mieste war die katholische Gemeindereferentin Erika Günther. "Das Projekt hat mich sehr interessiert", sagt die Gemeindemitarbeiterin, die sich für die Familienarbeit in Mieste stark gemacht hat. Schließlich habe sie eine ökumenische Gruppe von derzeit sechs Frauen dafür gewinnen können, bestätigt Bettina Albrecht den langen Atem von Frau Günther. Nach etwa einem Jahr Vorlauf startete das Projekt am 7. Oktober mit einem gut besuchten Familientag (Tag des Herrn berichtete), worauf Familienbastelnachmittage und Kindersachenfl ohmarkt folgten oder an diesem Wochenende die Familienwichtelbude auf dem Weihnachtsmarkt. In Planung seien derzeit, wie die Koordinatorin aus Magdeburg verrät, ein Familientag in der Miester Grundschule und ein örtlicher Familienrat, der über Möglichkeiten für Familien in Mieste beraten soll. Dass "Familie lokal" aber kein Selbstläufer ist, zeigt das Beispiel in Merseburg, wo das Projekt vor mehreren Jahren angelaufen war. Die engagierten Frauen hätten zwar verschiedene Fachkompetenzen mitgebracht, berichtet Frau Albrecht, "aber weniger Motivation für das Familienprojekt". Es sei deshalb nicht über die Startphase hinausgekommen.
Auch in Mieste steht die Projektgruppe vor einer größeren Herausforderung, denn vor wenigen Wochen hat sich Erika Günther aus "Familie lokal" verabschiedet. "Das sollen jetzt die Jüngeren machen, die können das besser", sieht die Gemeindereferentin die Familienarbeit deshalb keineswegs in Gefahr. Noch sei aber unklar, wer das Projekt nun vor Ort leiten soll, sagt Koordinatorin Albrecht. Ihrer Meinung nach gebe es aber "gute Chancen", die ökumenische Initiative weiterhin mit Leben zu erfüllen, denn die Projektgruppe sei motiviert und der Bedarf an Familienangeboten in Mieste auf jeden Fall vorhanden.
Weitere Infos: www.familie-lokal.de . Nächster Termin: Familienwichtelbude, Miester Weihnachtsmarkt am 1./2. Dezember
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 29.11.2007