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Bistum Magdeburg

Eltern in ihrer Aufgabe stärken

Der Vorsitzende des Familienbundes zur aktuellen Diskussion um das Wohl der Kinder

Klaus Skalitz

Magdeburg. Vor 14 Tagen ging das Schicksal der fünfjährigen Lea-Sophie aus Schwerin durch die Medien, die bei ihren Eltern verhungert war. Der Familienbund des Bistums nahm dieses furchtbare Ereignis zum Anlass für eine Resolution. Der Tag des Herrn sprach mit dem neuen Vorsitzenden des Familienbundes, Klaus Skalitz.

Herr Skalitz, ist der Tod von Lea-Sophie nur die Spitze eines Eisberges, wie es Statistiken nahelegen? Welche Erfahrungen machen Sie beim Familienbund und auch bei der Caritas, wo Sie beruflich tätig sind?

Grundsätzlich gehen wir davon aus, dass die übergroße Mehrheit der Eltern ihre Kinder gut erzieht. Leider gibt es aber auch gerade in Sachsen-Anhalt eine nicht unerhebliche Zahl von Eltern, die aufgrund verschiedener Problemlagen dazu nur eingeschränkt in der Lage ist. Diese bedürfen besonderer Hilfen. Für solche wie von Ihnen beispielhaft angeführte, gravierende Fälle bedarf es darüber hinaus auch der konkreten Intervention seitens der Jugendämter. Über die Frage von Kindesvernachlässigung oder Kindeswohlgefährdung hinaus erhält das Thema der Chancengerechtigkeit für Kinder aus sozial belasteten und bildungsfernen Schichten in gesellschaftlichen Diskussionen eine zunehmende Bedeutung. Hier müssen präventive Maßnahmen wie etwa eine qualitativ gute Kinderbetreuung und Angebote der Elternbildung greifen.

In der Politik gibt es Vorschläge zur Aufnahme von Kinderrechten in die Verfassung ...

Diese sind einer genauen Prüfung zu unterziehen. Insbesondere eine weitergehende Verrechtlichung der familiären Binnenverhältnisse würde aus unserer Sicht nicht der Stärkung von Kinderrechten dienen, weil diese sie in eine unerwünschte Distanz zu ihren Eltern bringt. Aus unserer Sicht kommt es eher darauf an, den bestehenden grundgesetzlichen Schutzauftrag in Artikel 6 des Grundgesetzes und Artikel 11 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt entschlossen zu erfüllen oder eine solche Verfassungsänderung vorzunehmen, durch die die Elternverantwortung zum Wohl der Kinder gestärkt und die Pflicht des Staates zur Unterstützung des elterlichen Pflege- und Erziehungsauftrags hervorgehoben wird. Wir können uns vorstellen, den Artikel 11 Absatz 1 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt durch eine Formulierung zu ergänzen, die die Beziehung von Eltern und Kindern stärkt und die Eltern verpflichtet, dem Wohl des Kindes zu dienen. Dadurch würde aus unserer Sicht beiden Aspekten, Kindeswohl und Elternverantwortung, Rechnung getragen.

Was muss darüber hinaus geschehen?

Hilfs- und Unterstützungsangebote für Familien und Kinder müssen ausgebaut und weitere Finanzmittel bereitgestellt werden. Zum besseren Schutz des Kindeswohls und dem Erreichen einer größeren Chancengerechtigkeit ist ein Gesamtkonzept im Blick auf das Kindeswohl sowie Bildungs- und Entwicklungsperspektiven von Kindern notwendig. Dieses darf elterliche Erziehungsverantwortung nicht beschränken, sondern muss im Gegenteil insgesamt familiäre Kompetenzen stärken. Stärkung der Elternverantwortung und besserer Schutz des Kindeswohls sind kein Gegensatz. Der Familienbund kritisiert in diesem Zusammenhang einen ständig wachsenden öffentlichen Rechtfertigungsdruck auf die elterliche Erziehung und einen immer wieder vorgebrachten Generalverdacht auf den Missbrauch von Elternverantwortung. Die meisten Eltern in unserem Land erziehen ihre Kinder verantwortungsbewusst.

Sie sprechen von einem wachsenden Rechtfertigungsdruck auf die Eltern und einem immer wieder vorgebrachten Generalverdacht hinsichtlich des Missbrauchs von Elternverantwortung ...

Zum Beispiel, wenn in der öffentlichen Diskussion Vorbehalte gegenüber der elterlichen Erziehungsleistung geäußert oder Vorschläge zur Erhöhung des Kindergeldes oder zu Leistungen für Eltern generell unter den Verdacht gestellt werden, die Eltern würden diese Mittel überwiegend für den eigenen Konsum ausgeben. Dies kann man als Ausdruck eines Generalverdachts verstehen. Solchen Vorstellungen will der Familienbund entgegen wirken.

In der DDR waren die Vorsorgeuntersuchungen für Kinder auch als Möglichkeit der Kontrolle der gesunden Entwicklung Pflicht. Wie stehen Sie als Familienbundsvertreter dazu?

Die Vorsorgeuntersuchungen wahrzunehmen sollte eine Selbstverständlichkeit sein. Hierzu sind Unterstützungssysteme zu entwickeln, um jenen kleineren Teil von Eltern zu erreichen, die ihre Kinder nicht oder nicht regelmäßig untersuchen lassen.

Wie steht es Ihrer Erfahrung nach um die Vernetzung der Angebote für Familien in der Gesellschaft, und was muss verbessert werden?

Notwendig ist die verstärkte Kooperation zwischen den Einrichtungen der Gesundheitshilfe und denen der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe. Durch diese Vernetzung können niedrigschwellige Angebote über Schwangerschaftsberatungsstellen, Geburtskliniken, Frauen- und Kinderärzte sowie Hebammendienste Eltern besser erreichen. Das Angebot früher Hilfen muss ausgebaut werden. Frühwarnsysteme und Frühförderansätze sind zu stärken. Familien erhalten durch sie wirksame und kostengünstige Hilfe wie sich beispielhaft im Projekt "Familienhebammen" in unserem Bundesland zeigt.

Fragen: Eckhard Pohl

Resolution des Familienbundes: www.familienbund-bistummagdeburg. de;

Mehr Infos auch: www.hebammen-sachsen-anhalt. de

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 49 des 57. Jahrgangs (im Jahr 2007).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Freitag, 07.12.2007

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