Jetzt 4 Wochen kostenfrei Tag des Herrn lesen!
Anstoß

Alles in Ordnung?

Gott begegnet uns menschlich

Kaplan Marko Dutzscke

Ist bei Ihnen alles in Ordnung? Ich meine, haben Sie schon alles vorbereitet, damit Weihnachten werden kann? Immerhin geht der Advent am Sonntag in die zweite Runde. Ich habe mir in diesem Jahr vorgenommen, nicht so genau darauf zu achten, ob alles in Ordnung ist. Es ist nicht das Entscheidende, ob ich am Weihnachtsabend die Wohnung porentief rein geputzt habe und das perfekte Abendessen servieren kann. Es ist nicht das Wichtigste, ob ich die ganze Familie und jeden Freund mit einem Geschenk oder einer liebevollen Karte bedacht habe. Weihnachten gibt es auch, ohne dass ich all das getan habe.

Hinter diesem Gedanken steht eine Begegnung, die ich im Urlaub auf Sizilien gemacht habe. Ich meine die Begegnung mit einer Christusdarstellung im Dom von Cefalù. Das alte Kirchengebäude aus der Normannenzeit beherbergt in seiner Apsis ein großes Mosaik, das Christus den Pantokrator (den Weltenrichter) zeigt. Das große Bild auf einem strahlend goldenen Hintergrund bestimmt den Kirchenraum. Es zieht die Blicke der Besucher an, und egal wo man steht, der Blick des Weltenrichters scheint jeden Betrachter einzeln anzusprechen. Ich hatte tatsächlich das Gefühl, durch die lebendigen Augen in die Welt Gottes sehen zu können. Bricht in so einem Augenblick die Welt Gottes in unsere Welt ein? Wie soll ich mir eine Begegnung zwischen Gott und Mensch überhaupt vorstellen?

Wir saßen eine Zeit lang still in der Kirche und hatten Glück: Eine deutsche Pilgergruppe kam mit einer Führung in den Dom. Dabei wurden die Mosaiken ausführlich erklärt. Die Führerin machte auf ein Detail im Christusmosaik aufmerksam, dass ich bis dahin kaum bemerkt hatte: Eine unordentliche Haarsträhne. Wo sonst alles einer strengen Ordnung folgt, hängt diese eine Locke Jesus mitten auf der Stirn. Die Haarsträhne soll die Menschlichkeit des Gottessohnes unterstreichen. Es muss nicht alles perfekt sein, schließlich sind wir Menschen und nicht vollkommen.

Da habe ich die Antwort auf meine Frage: Gott begegnet uns ganz menschlich. Darum dürfen auch wir ihm ganz menschlich begegnen -Menschen bleiben. Wir brauchen aus der Welt und aus unserem Wohnzimmer keinen Himmel zu machen, damit es Weihnachten werden kann. Im Gegenteil, Gott kommt in seinem Sohn zur Welt, weil nicht alles in Ordnung ist. Christus ist geboren, um zu ordnen, was durcheinander geraten ist; um Mensch und Gott zueinander zu bringen.

Der Weihnachtsbaum, die Weihnachtsgeschenke und die Weihnachtskarten gehören dazu. Aber ich bleibe dabei: Ich möchte in diesem Jahr nicht so sehr darauf achten, ob alles in Ordnung ist. Sonst bleibt der Heiland am Ende noch aus.

Kaplan Marko Dutzscke, Cottbus

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 49 des 57. Jahrgangs (im Jahr 2007).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Freitag, 07.12.2007

Aktuelle Empfehlung

Der TAG DES HERRN als E-Paper - Jetzt entdecken!

Aktuelle Buchtipps