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Aus der Region

Das Seelenheil retten

"Höllenqual und Seelenheil": Eine Ausstellung über mittelalterliches Stadtleben in Erfurt

In der Ausstellung werden die Todsünden mit dem Stadtleben in Verbindung gesetzt

Erfurt (mh). "Höllenqual und Seelenheil -Profanes und sakrales Leben hinter Stadtmauern" heißt eine Ausstellung, die noch bis 10. Januar im Stadtmuseum Erfurt zu sehen ist.

Dutzende Kirchen und Klöster -allen voran Dom und Severi -, Fachwerkhäuschen in engen Gassen und prächtige Gebäude, denen noch heute die Bedeutung der Handwerkerzünfte im Leben einer Stadt anzusehen ist: In Erfurt sind die Spuren der mittelalterlichen Geschichte so deutlich wie in nur wenigen anderen Städten in der Mitte Deutschlands erhalten. Wer sich dafür interessiert, wie das Leben einst hinter den mittelalterlichen Stadtmauern der heutigen Thüringer Landeshauptstadt aussah, dem sei der Besuch der Ausstellung "Höllenqual und Seelenheil" im dortigen Stadtmuserum empfohlen.

Was bewegt die Menschen, in Städten zusammenzuleben? Vielleicht waren es im Mittelalter die gleichen Triebkräfte wie heute: Hoffnung auf finanzielle Sicherheit, Statusverbesserung, friedliches Miteinander, Akzeptanz des Privaten. Die von Leibeigenschaft freigewordenen Bürger jedenfalls suchten seinerzeit die Erfüllung ihrer Wünsche und Träume im städtischen Leben. Eines allerdings unterschied sie maßgeblich vom modernen Stadtmenschen -und das macht die Erfurter Ausstellung eindrucksvoll deutlich: Das Leben in der Stadt war einem einzigen Ziel untergeordnet, dem Erreichen des Seelenheiles. Dem stehen die Verlockungen des städtischen Alltags entgegen, die ihren Ausdruck vor allem in den sieben Todsünden (Hoffart, Neid, Zorn, Geiz, Unkeuschheit, Unmäßigkeit, geistliche Trägheit und Hochmut vor Gott) finden. Um dem Einzelnen bei der Rettung seines Seelenheils zu helfen, funktionierte eine Stadt wie Erfurt als sakrale Gemeinschaft in engem Miteinander von Kirche und Bürgertum. Das geistliche Oberhaupt war häufig auch das weltliche. Profane Amtshandlungen wurden mit sakralen Zeremonien verbunden.

Besonders deutlich zeigt sich das Miteinander auch bei der Feier der verschiedensten Feste, ob sie nun im privaten oder kirchlichen Leben oder im Leben der Zünfte eine Rolle spielten. Übrigens waren die Menschen im Mittelalter überaus feierfreudig: Addiert man alle Feste, kommt man immerhin auf eine Zeit von rund drei Monaten. Dabei diente das häufige Feiern nicht nur dazu, die drängenden Probleme des Alltags zu vergessen. Das Stadtbürgertum wollte damit auch seinen Einfluss stetig ausdehnen.

Die Ausstellung zeigt, wie die Herausbildung des modernen Weltbildes mit dem städtischen Leben verbunden ist. Ein Beispiel dafür ist die Bildung, ein anderes der Umgang mit der Gesundheit. Das in den Klöstern bewahrte, auf der Antike beruhende Wissen wird von einem neuen, die Vernunft betonenden Weltbild abgelöst, das die Klostermauern verlässt und seine neue Heimat in den Universitäten findet. Ähnlich verhält es sich mit der Gesundheit: Sie wird immer mehr statt als göttliche Gabe als Ergebnis der eigenen Lebensführung gesehen. Diese in den mittelalterlichen Städten angelegten Entwicklungslinien lassen sich in die Gegenwart ziehen. Die Ausstellung tut das. In den einzelnen Räumen sind die sieben Todsünden thematisiert. Fotos aus der Gegenwart, in spiegelnde Wände eingearbeitet, machen sie aktuell und der Besucher sieht dazwischen sein Gesicht, das Gesicht eines Stadtmenschen des 21. Jahrhunderts.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 50 des 57. Jahrgangs (im Jahr 2007).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Freitag, 14.12.2007

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