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Aus der Region

Kein Platz frei im Herzen für den "Mann des Lebens"

Im Gespräch mit Ordensleuten -Teil 4: Das Gelübde der Ehelosigkeit

Schwester Simone begrüßt Gäste im Dresdner Haus der Kathedrale.

Dresden. "Verkümmert man denn da nicht, so ganz ohne Liebe?" Das Unverständnis, auf das Ordensleute mit ihrem Lebensstil oft stoßen, reicht von gut gemeinter Besorgnis bis zu offener Ablehnung. "Ohne Liebe? -Ganz im Gegenteil!", sagt die Missions- benediktinerin Simone Berger OSB.

Als Jugendliche hätte sich Simone Berger aus Regensburg sehr gut vorstellen können zu heiraten. Doch dann spürte sie irgendwann, dass in ihrem Herzen gar kein Platz mehr frei war für einen Traum-Mann. Ihr Leben war, auch durch Krankheits-Erfahrungen hindurch, im Laufe ihrer Jugend immer intensiver mit Gott weitergegangen. Die Beziehung zu Jesus Christus empfand sie wie ein inneres Feuer, wie eine lebendige Kraft, die sie zu einem intensiven Leben voller Liebe, voller Kreativität führte.

Der Wunsch, an diesem Erleben auch andere Menschen teilhaben zu lassen, brachte sie auf den Gedanken, nach einer missionarischen Gemeinschaft zu suchen. Als sich die frisch ausgebildete Kindergärtnerin mit 21 Jahren bei den Missionsbenediktinerinnen in Tutzing am Starnberger See vorstellte, kannte sie nichts als den Klang des Ordensnamens ...

Fast 30 Jahre sind seither vergangen. Schwester Simone lebt seit 1998 mit drei anderen Missionsbenediktinerinnen in einer Wohnung in der Dresdner Innenstadt und arbeitet in der katholischen City-Seelsorge mit.

Die Ausschließlichkeit der Gottesbeziehung empfindet sie auch heute noch als "das Abenteuerlichste auf unserem Lebensweg". Zu einem solchen Weg gehörten zwangsläufig immer wieder auch Durststrecken, in denen das Geliebtsein durch Gott weniger oder gar nicht spürbar ist. "In solchen Phasen trägt mich die Hoffnung", erzählt die Ordensschwester. "Dann ist mein Glaube besonders gefragt, pur gewissermaßen und ohne Verkleidung."

Auf Dauer können Menschen nicht ohne die Erfahrung des Geliebtseins leben, ist Simone Berger überzeugt. Sie macht diese Erfahrung im Gebet und im Zusammenleben in der Schwesterngemeinschaft. Sie fühlt sich geliebt, wenn die anderen Schwestern sie so annehmen und ertragen, wie sie ist, wenn sie Anteil an ihren Sorgen nehmen oder sie ermutigen. Ein starkes Zeichen der Liebe ist für sie auch, wenn jemand für sie kocht oder wäscht.

Wichtig ist ihr dabei aber auch: "Unsere Gemeinschaft ist nicht auf Freundschaft gebaut, sondern auf einem anderen Grund." Die Missionsbenediktinerinnen leben in der Regel nur für begrenzte Zeit an einem Ort und lernen so im Laufe ihres Lebens mehrere Gemeinschaften kennen, mit unterschiedlichsten Schwestern, die naturgemäß nicht immer alle miteinander harmonieren. "Man muss nicht alle sympatisch finden, aber man sollte sich gut sein und versuchen, zusammen eine lebendige Gemeinschaft aufzubauen", betont Schwester Simone. Ohne die sehr intensive Beziehung zu Christus wäre ein solches Leben für sie unvorstellbar.

Diese Beziehung ist heute anders als in ihrer Jugend, die sie als Zeit voller Schwung und Träume beschreibt. Dichter sei ihre Gottesbeziehung heute und ernsthafter. Auch die Entscheidung, ohne Partner zu leben, werde immer bewusster.

"Ich wiederhole mein Ja täglich und merke auch immer wieder, dass das gefordert ist. Sie ist dankbar dafür, dass sie diesen Weg bis heute geht und ist sich bewusst, dass dies keine Selbstverständlichkeit ist. Sie kennt auch Schwestern, die trotz der ausgiebigen Probezeit zu Beginn des Ordenslebens in späteren Jahren wegen der Liebe zu einem Mann die Gemeinschaft verlassen haben. Sie verurteilt deswegen niemanden. "Gott spricht mit jedem Menschen anders. Ich bin überzeugt, dass er unser Glück möchte und dass er nicht einen Lebensstand ausschließlich im Blick hat. Familienleben kann ebenso intensiv sein wie das Leben in einer Ordensgemeinschaft."

Schwester Simone kann sich von Herzen freuen mit Menschen, die sich ineinander verlieben. Für sich selber wünscht sie sich das aber nicht. Die Nähe zu Kindern hatte sie sich hingegen gewünscht, und dieser Wunsch erfüllte sich durch ihre langjährige berufliche Tätigkeit mit Kindern und Jugendlichen.

Schwester Simone pflegt Freundschaften zu Frauen und zu Männern, so wie auch Jesus das getan hat. "Das sind Menschen, zu denen Vertrauen gewachsen ist, bei denen ich weiß, dass ich immer ankommen kann." Auch die eigene Herkunftsfamilie ist ein Feld, auf dem solche tragfähigen Beziehungen wachsen. Das Maß, in dem sie Freundschaften und Familienbande pflegen kann, wird durch das klösterliche Leben vorgeben. "Ich bin hier ganz gefordert. Das bedeutet beispielsweise, dass mein Platz an Festtagen in der Ordensgemeinschaft ist", erzählt die Schwester.

"Was Gott von uns Ordensleuten möchte, ist geheimnisvoll -für die anderen, aber oft auch für mich selber", sagt sie. Dennoch fühlt sie sich zuhause auf ihrem besonderen Lebensweg: "Gottes Liebe ist unvergänglich und beständig, wie es irdische Liebe niemals sein kann."

Hintergrund

Missionsbenediktinerinnen

Die Gemeinschaft der Missionsbenediktinerinnen hat im Jahr 1885 in Deutschland begonnen als missionarisch ausgerichteter Orden, der nach den Regeln des heiligen Benedikt lebt. Am 11. November 1887 wurden die ersten Missionarinnen nach Ostafrika ausgesandt. 1904 übersiedelten die Schwestern nach Tutzing am Starnberger See und sind inzwischen weltweit vertreten. Im deutschsprachigen Raum gibt es Gemeinschaften neben Tutzing in Bernried, Dresden, Ettiswil und Wessobrunn.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 51 des 57. Jahrgangs (im Jahr 2007).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Mittwoch, 19.12.2007

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