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Bistum Magdeburg

Gedenken an NS-Opfer

Geistliche erinnerten an Versagen der Christen

Gardelegen -Rund 150 Menschen haben am 27. Januar in Gardelegen der Opfer des Nationalsozialismus gedacht. Die Mahn- und Gedenkstätte Isenschnibbe sowie der Rathaussaal waren Schauplätze für die zentrale Gedenkveranstaltung des Landes Sachsen-Anhalt anlässlich des vom früheren Bundespräsidenten Roman Herzog ins Leben gerufenen Gedenktages.

"Die Erinnerung darf nie enden" stand auf der Schleife des Kranzes, den Landtagspräsident Wolfgang Schaefer (SPD) am Gedenkstein auf dem Gräberfeld niederlegte. Das Erinnern an das unfassbare Massaker an mehr als 1000 KZ-Häftlingen am 13. April 1945 in und an der Feldscheune war zentrales Thema der Reden und Gebete, die an der Mauer und auf dem Gräberfeld gehalten wurden.

Renate Höppner, die Frau des sachsen-anhaltischen Ministerpräsidenten, sprach in Vertretung ihres Mannes, der in Berlin mit Bundeskanzler Gerhard Schröder über die Zukunft des Waggonbaus in Halle-Ammendorf beriet. "Nur wenn wir uns der schrecklichen Vergangenheit vergegenwärtigen, haben wir die Chance auf eine bessere Zukunft", sagte die Pastorin vor Bundes- und Landespolitikern sowie vor Vertretern der Ukraine, Weißrusslands, Tschechiens und der USA. "Nur aus Wissen kann Gewissen wachsen", so Renate Höppner.

Von der erst im vergangenen Jahr sanierten Gedenkmauer gingen die Teilnehmer der Veranstaltung zum Gräberfeld. Dort sprachen Gardelegens katholischer Pfarrer Johannes Eisele, sein evangelischer Amtkollege Horst Dietmann sowie der Oberrabbiner der jüdischen Gemeinden in Sachsen-Anhalt, Benjamin Soussan.

Eisele bat in seiner Rede Gott um Verzeihung für alles,was geschehen ist, und um Vergebung dafür, "dass deine Kirche auch in unseren Tagen nicht im Stande ist, sich freizuhalten von Gewalt" und dafür, "dass wir den Mord an den Juden nicht verhindert haben". Eisele: "Wir sind leider nicht dein Frieden in der Welt". Der Geistliche mahnte: "Wir dürfen niemals glauben, dass wir dort Unrecht bekämpfen können, solange wir hier Unrecht bestehen lassen." Aber, so der Pfarrer, "wir glauben an die scheinbar machtlose Liebe". Unter der Leitung des katholischen Kantors Rembert Butzke sangen Mitglieder seines Chores dazu den griechischen Kyrie-Ruf sowie das hebräische "Herr, gib Frieden über Euch".

Oberrabbiner Benjamin Soussan verlas auf Hebräisch und Deutsch zwei Psalmen und das Gebet für die Opfer des Nationalsozialismus "El Male Rachamin" (Gott voller Erbarmen). Auch Soussan ging auf die Menschen ein, die an der Feldscheune "abgeschlachtet, verbrannt und umgebracht" wurden. "Möge Gott sie für alle Zeiten unter seinen Schutz stellen", sagte der Rabbiner.

Jörg Marten

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 6 des 52. Jahrgangs (im Jahr 2002).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Freitag, 08.02.2002

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