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Auf zwei Minuten

Das Leben neu formatieren

Das Leben kritisch anschauen und neu in die Form bringen

Pater DamianWer einen Text mit dem Computer schreibt, achtet zunächst nicht auf Rechtschreibfehler, die ihm in der Eile unterlaufen sind. Er braucht sich auch noch nicht zu entscheiden, ob er linksbündig oder im Blocksatz schreiben will, was er fein gedruckt oder unterstrichen haben will, wo er einen Absatz setzen will, welche Schriftart und welchen Schriftgrad er wählen soll ...Erst in einem zweiten Schritt , wenn er den geschriebenen Text noch einmal durchgeht, fügt der Schreiber allerhand Korrekturen und Änderungen ein: Er formatiert den Text.

Vielleicht könnte die österliche Bußzeit ein Anlass sein zu fragen: Wie kann ich mein Leben "formatieren", das heißt in Form bringen? Was muss / kann ich korrigieren oder weglassen? Was will ich als wichtig unterstreichen, wo will ich einen neuen Anlauf nehmen? Von was will ich Abstand nehmen?

Beim Formatieren eines Textes bleibe ich grundsätzlich beim Geschriebenen, ich lösche nicht einfach alles aus: Das Skript unseres Lebens können wir auch nicht auslöschen, vor allem dann nicht, wenn es die Geschichte eines langen Lebens ist. Die Ereignisse und Erfahrungen von Freude und Trauer, Erfolg und Misserfolg, Versagen und Schuld -all das kann nicht ausgelöscht werden als wäre es nicht geschehen. Würde ich darangehen, mein Leben völlig umzuschreiben, wäre es dann noch mein eigenes Leben? Wäre es nicht eine ideale Fantasievorstellung, zu weit entfernt von meiner Realität?

Wie ich aber durch Formatieren Klarheit und Übersicht in einem Text schaffen kann, so kann ich auch versuchen, mehr Ordnung und Übersicht in mein Leben zu bringen. Wie mache ich das? Ich schaue mein Leben kritisch an, merke die starken und schwachen Seiten an. Ich frage: Was ist eigentlich wichtig für mich? Welche Ziele habe ich? Was will ich doppelt unterstreichen? Ich könnte auch versuchen, eine Liste meiner Prioritäten aufzustellen und die einzelnen Punkte zu nummerieren.

Vor allem aber müsste ich mich fragen: Wo muss ich in meinem Lebensskript einen klaren Absatz setzen und neu anfangen? In den Evangelien heißt der Beginn einer neuen Lebenspraxis metanoia, Umkehr oder Buße: "Kehrt um und glaubt an das Evangelium!" (Mk 1,15). Das Tröstliche -und daran erinnert uns auch das Formatieren am Computer -Wenn ich in meinem Lebensskript einen Absatz setze, das heißt wirklich umkehre, dann kommen viele kleinere Fehler einfach ins Lot. Das Skript kommt in Bewegung.

Das Ganze sieht vielleicht nach Überforderung aus, aber wir dürfen nicht vergessen: Zunächst einmal "bekehrt" sich Gott zu uns, wendet sich uns in Liebe und Erbarmen zu. "Nicht darin besteht die Liebe, dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt und seinen Sohn als Sühne für unsere Sünden gesandt hat" (1 Joh 4,10).

Pater Damian Meyer

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 7 des 52. Jahrgangs (im Jahr 2002).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 14.02.2002

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