In den Kindern Gott entdecken
Wie Familie Baensch aus Görlitz im Alltag den Glauben lebt
Görlitz (kh) -Ihre Puppen und Bilderbücher, das Rutscheauto und natürlich Papa und Mama: Noch lässt sich an einer Hand abzählen, was Rebecca (3) und Friederike (1) wirklich wichtig ist. Mehr und mehr, so wünschen sich die Eltern, soll auch der Glaube an Gott die beiden Mädchen durch den Alltag begleiten -ähnlich wie es bereits die engsten Bezugspersonen und liebsten Spielsachen tun. Deshalb versucht das Görlitzer Ehepaar Felicitas und Joachim Baensch, die Kinder so früh wie möglich mit Gott vertraut zu machen.
Das klappt allerdings nicht immer reibungslos: Zum Beispiel haben die Eltern festgestellt, dass sie bei Rebecca manchmal auf wenig Begeisterung stoßen, wenn sie vorschlagen, gemeinsam zu beten. Fragen sie die Tochter dagegen: "Na, wollen wir dem lieben Gott nicht danke sagen für das Essen, das wir heute haben?", ist Rebecca viel eher bereit, mit den anderen ein Gebet zu sprechen oder zu singen. Felicitas Baensch vermutet, dass der Begriff "beten" einfach noch zu abstrakt ist für die Dreijährige.
Möglichst konkret und greifbar müsse der Glaube Kindern in diesem Alter vermittelt werden, sind sich die Eltern einig, beispielsweise in Form eines abendlichen Geprächs mit Gott. Es bietet Gelegenheit, danke zu sagen für den Tag sowie um Verzeihung, Unterstützung und Hilfe zu bitten.
Wichtigste Grundlage für die Vermittlung des Glaubens ist die Vorbildwirkung der Eltern, meinen die Eheleute Baensch -ebenso wie andere Frauen aus dem Mütterkreis in der Görlitzer Jakobusgemeinde. Felicitas und Joachim Baensch etwa verzichten in der Fastenzeit -wie von früher her gewohnt -auf Süßigkeiten und Alkohol und lesen täglich in der Bibel. Außerdem spenden sie einen Geldbetrag, "der uns auch selber ein wenig schmerzt".
Mit dieser finanziellen Form des Fastens können die Kinder freilich noch wenig anfangen. Aber Geschichten aus der Kinderbibel lässt sich auch Rebecca schon gern vorlesen und wie Verzicht schmeckt, weiß sie auch: Freitags bekommt sie -wie alle anderen in der Familie -keine Wurst zum Frühstück, obwohl sie die sonst so gerne isst.
Die Eltern begründen diese kleine Fastenregel noch nicht religiös. Sie erklären, das Weglassen der Wurst solle daran erinnern, "dass es nicht selbstverständlich ist, so gutes Essen zu haben". Gar zu streng wird das Freitagsgebot bei der Kleinen aber nicht gehandhabt: Wenn sich Rebecca mal partout nicht dazu überreden lässt, eine Honigstulle oder etwas anderes zu essen, dann kriegt sie auch am Freitag ihr Wurstbrot.
Wann Sonntag ist, merkt die Dreijährige ebenfalls schon beim Frühstück: Es gibt weich gekochte Eier und die ganze Familie sitzt zusammen am Tisch -zwei Rituale, die das Besondere dieses Tages unterstreichen sollen. Vormittags gehen dann alle Familienmitglieder gemeinsam in die Kirche, ausgerüstet mit einem Stapel Bilderbücher für die beiden Mädchen.
Auch wenn die Kinder vom Inhalt des Gottesdienstes kaum etwas mitbekommen und oft auch noch die Eltern ablenken, möchten diese, dass ihre Töchter von Anfang an den Besuch der heiligen Messe als selbstverständlich empfinden und in die Gemeinde hineinwachsen, -auch damit sie später dort Freunde finden. Denn die Eltern haben selbst noch zu vielen Menschen Kontakt, die sie von der Pfarrjugend her kennen.
Vor ein paar Jahren haben sich Felicitas und Joachim Baensch außerdem mit vier anderen Paaren zu einem Hauskreis zusammengetan, um ihren eigenen Glauben zu vertiefen und zu reflektieren. Bei den monatlichen Treffen diskutiert die Gruppe beispielsweise über Fragen der Gentechnologie oder die Benediktiner, also über Themen, die sich auf unterschiedliche Weise mit der Beziehung zwischen Mensch und Gott beschäftigen.
Wichtig ist Felicitas und Joachim Baensch ferner, zu zweit über religiöse Fragen zu sprechen. Joachim Baensch liegt an diesem Austausch gerade deshalb so viel, "weil meine Frau -durch die Fokolarbewegung geprägt -in manchen Dingen eine ganz andere Sichtweise hat als ich und somit oft ein wichtiges Korrektiv für mich darstellt".
Den Eheleute ist aber auch bewusst, dass ihnen durch die Kinder weniger Zeit bleibt, um zu beten oder die heilige Messe mitzufeiern als früher. Dem werktäglichen Gottesdienstbesuch etwa geht meist das gemeinsame Abendessen vor. Und Ruhe für ein längeres Gebet herrscht nur kurz vor dem Zubettgehen, wenn die Kinder schlafen und die Eltern vom Tag erschöpft sind.
Dafür haben Felicitas und Joachim Baensch längst zwei neue Quellen der Glaubenserfahrung entdeckt -Rebecca und Friederike, denn: "Man erlebt auch in den Kindern Gott, zum Beispiel wenn man sieht, wie sie sich entwickeln, ohne dass man viel dazu tut."
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Samstag, 09.03.2002