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Bistum Magdeburg

Die Zukunft der Kirche im Blick

Bischof Nowak zum Stand des Pastoralen Zukunftsgesprächs

Bischof Leo NowakVor gut einem Jahr wurde mit der Vereinbarung über das Pastorale Zukunftsgespräch (PZG) zwischen Bischof, Priesterrat und Katholikenrat ein Gesprächsprozess begonnen, der zu einer Selbstvergewisserung der katholischen Christen über ihren Auftrag in der konkreten Situation des Bistums Magdeburg führen soll. Inzwischen haben die vier Arbeitsgruppen "Leitbild", "Aufgabenschwerpunkte", "Strukturen und Zuständigkeiten" und "Personen und Kompetenzen" längst ihre Arbeit aufgenommen. Im Gespräch mit dem TAG DES HERRN zieht Bischof Leo Nowak eine erste Zwischenbilanz zum Verlauf des PZG.

Frage: Herr Bischof, sind Sie mit dem Werdegang des PZG bisher zufrieden?

Bischof Nowak: Ich freue mich darüber, dass sich 140 katholische Laienchristinnen und -christen und eine Reihe von Priestern und Ordensleuten auf diesen Prozess eingelassen haben. Die Arbeitsgruppen sind dabei, nach einer Sondierungsphase erste Textentwürfe zu formulieren. Ich selbst engagiere mich in der Arbeitsgruppe I zum Leitbild des Bistums.

Frage: Sie haben das PZG angeregt. Was erhoffen Sie sich von diesem Prozess?

Nowak: Vor allem dies: Dass wir als Kirche über unser Selbstverständnis nachdenken. Dabei geht es nicht nur um das gültige dogmatische Kirchenverständnis, sondern um eine Antwort, wer wir als Kirche hier in diesem Land Sachsen-Anhalt sind und welchen Auftrag wir erfüllen sollen. Was will der Geist Gottes mit der Kirche in unserem Land? Das halte ich für die wesentliche Frage, von der her sich alle anderen Entscheidungen ableiten. Sie zu beantworten ist unser Auftrag, das PZG ist ein Instrument dafür. Die Suche nach einer Antwort muss unverzichtbar mit Besinnung und Gebet, Glaubensvertiefung und -erneuerung einhergehen. Zu einer solchen Erneuerung will das PZG einladen.

Frage: Gelingt dies bislang?

Nowak: Noch nicht überall. Wir haben vielleicht am Beginn des PZG versäumt, die eben beschriebene Zielvorstellung genügend deutlich zu machen. Auch deshalb haben einige skeptisch reagiert. Gerade die kritischen Stimmen haben aber die Leitungsgruppe gezwungen, Motivation und Ziele des PZG noch deutlicher zu formulieren. In der Arbeitsgruppe I mache ich die Erfahrung: Seitdem wir begonnen haben, an einem konkreten Text zu arbeiten, haben wir zu einer konstruktiven Zusammenarbeit gefunden. Im Ringen um den Text legen wir auf eine einfache Sprache Wert und mühen uns um ein klares, verständliches Leitbild der Kirche. In Kürze soll der Entwurf einigen Gemeinden zur Beurteilung zugeleitet werden. Es ist uns wichtig, dass dadurch viele einbezogen werden und so das Miteinander in der Kirche vertieft und gestärkt wird.

Frage: Grund für manche Skepsis gegenüber dem PZG ist doch auch, dass es vorher schon Anläufe gab, die Zukunft der Kirche im Bistum in den Blick zu nehmen, diese aber im Sand verliefen ...

Nowak: Das stimmt. Ich glaube, dass in dieser Hinsicht inzwischen bei dem einen oder anderen Vorbehalte ausgeräumt werden konnten. Ich bin der festen Überzeugung: Es ist gut, wenn Vertreter verschiedener Ansätze, denen das Evangelium zu verkünden gemeinsames Anliegen ist, in der Kirche um deren Zukunft ringen.

Frage: Leistet das PZG das?

Nowak: Sicher nicht flächendeckend. Dennoch habe ich angesichts der bisherigen Entwicklung die Hoffnung, dass durch diesen Prozess eine ganze Reihe von uns ermutigt werden, sich für die Ausbreitung der Botschaft des Evangeliums unter unseren hiesigen Bedingungen zu engagieren. Jedem aus dem Volk Gottes ist aufgetragen, zu fragen, was Gottes Geist hier und heute von ihm will. Insofern muss die unverzichtbare hierarchische Struktur der Kirche immer mit der notwendigen synodalen Struktur verknüpft werden. Genau dies versucht das PZG.

Frage: Mehrfach ist angemahnt worden, am Ende des PZG müssten Ergebnisse mit nachprüfbaren Konsequenzen stehen ...

Nowak: Dass kann ich nur unterstreichen. Ich möchte, dass das PZG zu greifbaren zukunftsweisenden Ergebnissen kommt. Hinsichtlich des Leitbildes, aber auch im Blick auf dessen Umsetzung zum Beispiel bei Fragen der Gemeindestrukturen. Am Ende möchte ich die Beschlüsse nach sorgfältiger Prüfung und erneuter Diskussion in einer Diözesanversammlung verbindlich in Kraft setzen. Doch zunächst müssen wir zu Ergebnissen kommen. Und ich muss mir als Bischof vorbehalten, diese prüfen zu können und dann darüber zu entscheiden.

Frage: Fragen gibt es auch zum Umgang mit Themen wie zum Beispiel der Zulassung von verheirateten Männern zur Priesterweihe, die nicht auf Bistumsebene gelöst werden können ...

Nowak: Wir haben uns darauf verständigt, dass diese Fragen in einem Themenspeicher transparent gemacht werden. Jeder Interessierte hat so die Möglichkeit, sich darüber zu informieren. Ich werde diese Anliegen zudem etwa auf der Ebene der Bischofskonferenz bei entsprechenden Anlässen zur Sprache bringen. Auch in der Dokumentation, die wir über das PZG erstellen werden und die dann auch meinen Bischofskollegen zugeleitet wird, werden diese erwähnt.

Frage: Was sind neben dem Leitbild zentrale Fragen, auf die das PZG eine wegweisende Antwort geben muss?

Nowak: Unsere Situation ist geprägt von verschiedenen Problemen: Wir leben als Minderheit unter vielen Nichtchristen. Uns fehlt oftmals das Bewusstsein, dass unser Glaube auch für andere Bedeutung haben könnte. Zudem haben wir relativ viele kleine Gemeinden und seit Jahren zu wenig Nachwuchs an Priestern und anderen pastoralen Mitarbeitern. Auf diesem Hintergrund brauchen wir im Bereich der Gemeindestrukturen eine Neuregelung.

Frage: Könnte es angesichts der vielen Nichtchristen nicht sinnvoll sein, auch im Rahmen des PZG das Gespräch mit ihnen zu suchen?

Nowak: Gerade an dieser Stelle wird das Problem deutlich. Viele wollen ein solches Gespräch, aber nur wenige in der Kirche sind dazu wirklich in der Lage. Wir stecken da in einer für uns schwierigen Situation: Einerseits können wir Glaubensinhalte nicht aufgeben, müssen sie aber andererseits in einer den Menschen verständlichen Weise vermitteln.

Frage: Was wünschen Sie sich von den Gemeindemitgliedern und den Hauptamtlichen im Zusammenhang mit dem PZG?

Nowak: Alle sollten sich nach Kräften und mit ihren Möglichkeiten am PZG beteiligen, in dem sie in den Arbeitgruppen mitarbeiten, auf Gemeindeebene über die Zukunft der Kirche nachdenken, sich in den Dialog auf Bistumsebene einbringen und nicht zuletzt den Prozess durch ihr Gebet und eine persönliche Glaubenserneuerung begleiten. Die vorösterliche Bußzeit bietet Gelegenheit, damit zu beginnen.

Interview: Eckhard Pohl

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 10 des 52. Jahrgangs (im Jahr 2002).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Samstag, 09.03.2002

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