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Auf zwei Minuten

Beten: Zeit schenken, Zeit gewinnen

Beten hilft Arbeiten zu verrichten, die Konzentration und Nachdenken erfordern

Pater Damian Viele Christen möchten mehr Zeit zum Beten haben, aber "immer kommt etwas dazwischen". Es gibt viele äußere Faktoren, die unsere guten Absichten behindern: Unsere Umgebung, das gesellschaftliche Geflecht, in das wir verwoben sind, die fordernde Berufsarbeit, der volle Terminkalender. Es erfordert einige Planung und viel Disziplin, sich Freiraum für Gebet und Betrachtung zu schaffen. Und wenn wir dann einmal mehr freie Zeit haben, stehen wir uns oft sozusagen selbst im Wege: Wir sind noch nicht zur inneren Ruhe gekommen, um beten zu können. Die Freizeit oder der Urlaub ist oft wieder angefüllt von hektischer Aktivität. Erst wenn es uns gelingt, in Ruhe etwas Schönes in Muße zu betrachten oder Musik zu hören, einem anderen in Ruhe zuzuhören, Erinnerungen in uns aufsteigen zu lassen, Gefühle und Gedanken zu verarbeiten, dann sind auch innere Voraussetzungen für die Freizeit des Gebetes da, und man gewinnt Geschmack daran.

Der Jesuit Hans Schaller schreibt in seinem Buch "Wenn ich beten könnte" den zum Widerspruch herausfordernden Satz: "Bete, und du wirst mehr Zeit haben!" Das scheint doch der gewohnten Logik zu widersprechen. Wenn meine Zeit für die vielfältigen Arbeiten und Verpflichtungen schon knapp ist, wie soll dann Extrazeit für das Gebet mich entlasten? Würden nicht Gebetstermine das allgemeine Stressgefühl noch erhöhen?

Wenn man die Zeit nach der Uhr bemisst, verringert die für das Gebet aufgewendete Zeit natürlich die Minuten, die mir für die Erledigung einer Arbeit zur Verfügung stehen. Aber es kommt auf die Qualität der Zeit an. Wenn ich eine Aufgabe erledigen muss, die viel Nachdenken und Konzentration erfordert, gelingt sie mir viel eher und leichter, wenn ich sie aus innerer Sammlung und aus Gottvertrauen angehe. Ich muss beispielsweise einen schwierigen Brief an jemanden in einer wichtigen Angelegenheit schreiben, dann fließen mir die rechten Worte und der rechte Ton leichter aus der Feder, wenn ich vorher im Gebet mit Gott darüber gesprochen habe. Ich habe dadurch etwas Abstand von dem Problem gewonnen und versuche, es mit den Augen Gottes anzuschauen:

"Ich stelle die Schuhe zur Seite -meinen Ehrgeiz,
nehme die Uhr vom Arm -meinen Terminkalender,
setze die Brille ab -meine Ansichten,
lege die Feder auf den Schreibtisch -meine Arbeit,
lege die Schlüssel nieder meine Sicherheit,
um mit dir, du einzig wahrer Gott, allein zu sein.
Wenn ich bei dir gewesen bin,hole ich meine Schuhe,
um auf deinen Wegen zu gehen;
lege ich die Uhr an den Arm, um sie in deine Zeit zu legen;
setze ich die Brille auf, um deine Welt zu sehen;
stecke ich die Feder in die Tasche, um deine Gedanken niederzuschreiben;
nehme ich die Schlüssel zur Hand, um deine Türen aufzuschließen"

(Hans Schaller)..

Pater Damian Meyer

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 10 des 52. Jahrgangs (im Jahr 2002).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Samstag, 09.03.2002

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