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Bistum Erfurt

Die Großen helfen den Kleinen

Kinder müssen soziales Verhalten erlernen - Ein Besuch im Kindergarten St. Bonifatius in Erfurt

Dass man sich wie Madeleine der kleinen Hanna gegenseitig beisteht, ist wichtiges Anliegen des Kindergartens.

Erfurt (as) -An der Wand hängt eine Weltkarte: Auf jeden Kontinent ist ein Bild geklebt, das ein lachendes Kind zeigt. Die Kleinen im Kindergarten St. Bonifatius in Erfurt-Hochheim wissen genau: Der Junge aus China sieht anders aus als das Mädchen aus Amerika. Im "Welt-Projekt" lernen sie die Lebensweise von Menschen fremder Länder kennen -sie erfahren, dass sie andere Gewohnheiten haben, anders essen und in anderen Häusern wohnen.

Kinder erobern die Welt spielerisch -vor allem im Kindergartenalter. Dass die negativen Ergebnisse der Pisa-Studie jetzt auch auf die Kindertagesstätten abgewälzt werden, macht die Leiterin der Erfurter Einrichtung, Theresia Genter, ein wenig wütend. Jeder versuche jetzt anderen den schwarzen Peter zuzuschieben. Sicher müsse man nach den Ursachen fragen, so Frau Genter. Dass aber der Kindergarten in Zukunft Aufgaben der Schule übernehmen soll, hält die Erzieherin für pädagogisch falsch. Dagegen habe die Projektarbeit über mehrere Kontinente gezeigt, dass man die kleinen Kinder in einem größeren Zusammenhang zum Beispiel auch mit der Sprache eines Landes vertraut machen könne. Der Kindergarten werde seinem Bildungs- und Erziehungsauftrag in seiner ganz eigenen Weise gerecht. "Für uns kommt es vor allem darauf an, dass die Kinder soziales Verhalten einüben", sagt Theresia Genter.

Das bestätigt auch ihre Kollegin Monika Czambor sowie das gesamte Team des Kindergartens. Die Kinder, die in die Schule kommen, durch einen so genannten Vorschultag vorzubereiten, wie das in anderen Einrichtungen geschieht, halten die Erzieherinnen für wenig sinnvoll. Dass die Großen den Kleinen behilflich sind, sei in diesem Alter wichtiger. Dafür biete der Kindergartenalltag viele Möglichkeiten: Hilfe beim Anziehen, die Betten für den Mittagsschlaf mit vorbereiten oder den Tisch decken seien nur einige Bereiche, bei denen die Großen die Kleinen unterstützen können. In den beiden Gruppen von insgesamt 38 Kindern ist diese Atmosphäre zu spüren: Größere Kinder spielen mit den kleineren, tragen sie umher oder zeigen ihnen, wie man am besten eine Katze malt.

Pisa-Studie verunsicherte zunächst die Eltern

"Natürlich waren die Eltern wegen der Pisa-Studie auch verunsichert", sagt Monika Czambor. Dabei war vor allem die Frage, was setzt die Grundschule voraus, was müssen die Kindergärten leisten, damit die künftigen Schüler in der Schule bestehen können? Durch Elternabende und viele Gespräche habe man aber diese Ängste weitgehend abbauen können.

Stolz sind alle Erzieherinnen immer wieder auf das positive Echo, das sie auch von nicht christlichen Eltern bekommen. Hier wehe einfach ein anderer Geist, sagen manche von ihnen. "Wir können nicht sagen, was es ist, aber hier ist es anders. Es ist etwas, was man nicht in Worte fassen kann." Frau Czambor: "Wir bemühen uns, jedes Kind so zu nehmen, wie es ist und mit all seinen Fähigkeiten zu fördern". Für die Einrichtung in Erfurt-Hochheim ist auch das gemeinsame Gebet mit den Kindern wichtig. Jeden Freitag gibt es zusammen mit dem Hochheimer Pfarrer Gert Schellhorn ein Wochenabschlussgebet, für Kinder und Erzieherinnen ein besonderes Erlebnis der Gemeinschaft und der Zusammengehörigkeit.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 11 des 52. Jahrgangs (im Jahr 2002).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Freitag, 15.03.2002

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