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Auf zwei Minuten

Freiheit wovon und wofür?

Freiheit ist Liebe, wenn sie sich auf ein "Du" richtet.

Pater Damian

Kaum ein Begriff wird so oft zitiert bei allen möglichen Gelegenheiten wie der der Freiheit. In Politik, Wirtschaft, Philosophie und Theologie gehört die Freiheit zu den Hauptthemen. Der Satz "Ihr seid zur Freiheit berufen" aus dem Galaterbrief (5,13) ist die Grundlage unseres christlichen Lebens. Aber kein Begriff ist auch so schillernd und missverständlich wie der der Freiheit.

Vielleicht liegt es unter anderem daran, dass Freiheit meistens negativ verstanden wird: Jemand ist "frei" von etwas. "Damit ist im Grunde noch nichts gesagt. Um es im Bild der Bekleidung zu sagen: Nicht, was der Mensch ablegt, sagt uns etwas über seine Bekleidung, sondern was er anlegt -wenngleich das Ablegen eine Bedingung dafür ist, dass er sich dann neu bekleidet. So gesehen ist die Freiheit eine Bedingung. Aber wofür? In diesem Wofür liegt das Wesen der Freiheit. Sie soll den Menschen zu etwas befähigen." (Peter Paul Kaspar). Wozu ist der Mensch befähigt? Manche Philosophen meinen, der Mensch sei total bestimmt durch Vererbung, Prägung, Milieu, Erziehung, so dass es keinen Raum für Freiheit gäbe. Andere vertreten das Gegenteil: Der Mensch ist total und ohne Grenzen frei, sich selbst zu bestimmen. Als Christen werden wir eine mittlere Position einnehmen: Innerhalb der verschiedenen Bestimmtheiten gibt es einen entscheidenden Rest an freier Selbstbestimmung. Sonst wäre ja Schuld unmöglich, und wir wären Marionetten fremder Mächte, ohne Verantwortung.

Alle "Freiheit von" oder Freizügigkeit soll dem Menschen die eigentliche Freiheit ermöglichen. Was ist sie? Letztlich ist sie, wenn sie sich auf ein "Du" richtet, Liebe. Liebe kann nur frei sein, wenn es denn wahre Liebe ist. Und die Liebe bedeutet -paradoxer Weise -Bindung. Sie hat sich in Freiheit positiv für etwas Bestimmtes entschieden, im radikalsten Sinn für das höchste Gut, für Gott. Aus der schwebenden Unbestimmtheit der Wahlmöglichkeiten hat sie sich bestimmt festgelegt.

Edith Stein schreibt über diesen Apekt der Freiheit: "Sehr häufig wird die Freiheit lediglich als die grenzenlose Zahl von Wahlmöglichkeiten verstanden, womit sie recht oberflächlich darauf eingeschränkt wird, dass man sich nicht als festgelegt empfindet. Wenn die Freiheit aber als der positive Akt des Willens verstanden wird, der sich für etwas Bestimmtes entscheidet, dann gewinnt sie einen völlig neuen Sinn und eine tiefere Bedeutung ... Unter diesem Gesichtspunkt ist die Freiheit eine Kraft der Seele, die sich nicht in einem Unbestimmtbleiben verwirklicht, sondern im Gegenteil, in der persönlichen Bestimmung der eigenen Handlungen und Verhaltensweisen. Die Freiheit ist nicht das Unbestimmtbleiben gegenüber der inneren und äußeren Welt, sondern die angeborene Fähigkeit der Seele, sich selbst zu bestimmen und über sich selbst zu verfügen."

Pater Damian Meyer

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 11 des 52. Jahrgangs (im Jahr 2002).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Freitag, 15.03.2002

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