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Bistum Magdeburg

Menschlichkeit kennt keine Grenzen

Frühjahrsstraßensammlung zugunsten unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge

Ohne Familie nach Deutschland gekommen: Loveth, das 15-jährige Flüchtlingsmädchen aus Nigeria, kann wieder lächeln. Das war nicht immer so.

Magdeburg (db/tdh) -Viel gibt Loveth nicht von sich preis: Sie ist 15 Jahre alt und vor zwei Jahren durch eine Schlepperbande nach Deutschland gelangt. Sie hat Mutter und vier Geschwister. Doch wo sie sind und wie es ihnen geht, weiß sie nicht. Ein Mann, in dessen Familie sie gelebt habe, hat die Schlepper bezahlt.

Loveth ist eines von schätzungsweise 5000 bis 10 000 unbegleiteten Flüchtlingskindern, die jährlich oft illegal nach Deutschland gelangen. In welches Land, wissen die Kinder meist vorher nicht -und was sie erwartet, noch weniger. Erste Anlaufstelle in Sachsen-Anhalt ist die Zentrale Aufnahmestelle für Asylbewerber (ZAST) in der Nähe von Halberstadt. Dorthin kam auch Loveth, nachdem sie aufgegriffen wurde. Die meisten Flüchtlinge bleiben drei bis vier Wochen dort, bis sie ihren Asylantrag gestellt und ihre Anhörung gehabt haben. Falls ihr Asylantrag nicht mit "offensichtlich unbegründet" abgelehnt wird, werden sie dann in Asylunterkünfte verteilt.

Caritas-Sozialarbeiter beraten die Flüchtlinge bei ihrem Asylverfahren. Unter den 1008 Asylbewerbern, die 2001die Caritas- Beratungsstelle in der ZASt aufsuchten, waren 460 minderjährige Flüchtlingskinder. Nach dem Asylrecht gelten sie mit dem 16.Lebensjahr als volljährig und genießen nur selten den Schutz und die Fürsorge, die ihnen nach dem Haager Minderjährigenschutzabkommen und dem deutschen Kinder- und Jugendhilfegesetz zukämen. Sie haben keinen Vormund und Rechtsbeistand während ihres Asylverfahrens. Die Feststellung der oft schicksalsentscheidenden Altersgrenze von 16 Jahren erfolgt häufig eher willkürlich und nach fragwürdigen Methoden, so die Caritas. Besonders bei den Jugendlichen, die angeben, unter 16 Jahren alt zu sein, prüfen die Caritas-Sozialarbeiter, ob eine Unterbringung in der Clearingstelle für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge nötig und zu erreichen ist.

In der Clearingstelle der Caritas- Trägergesellschaft "St. Mauritius" (ctm) in Magdeburg gibt es acht Plätze für unbegleitete Flüchtlingskinder. Aufgaube ist es, den weiteren Verbleib, in bestimmten Fällen eine Rückführung zu den Eltern, oder eine Unterbringung in Kinder- und Jugendheimen oder, was seltener der Fall ist, bei Pflegefamilien abzuklären. "Die Flüchtlingskinder erhalten in der Clearingstelle sozialpädagogische und medizinische Betreuung sowie psychologische Hilfen, um sich in ihrer schwierigen Lage besser zurechtzufinden", beschreibt Hans-Georg Stockhausen, Geschäftsführer der ctm das Engagement. "Maximal drei Monate können sie in der Clearingstelle verweilen. In dieser Zeit versuchen wir ihnen ‚Nestwärme', Sicherheit und Normalität zu vermitteln."

"Dass ihr Asylantrag in Deutschland positiv beschieden wird, ist eher unwahrscheinlich", weiß Roland Bartnig von Refugium e. V., einem Vormundschaftsverein, der unter dem Dach der Caritas arbeitet und die minderjährigen Flüchtlingskinder rechtlich an Eltern statt vertritt. Er kenne keinen Fall, in dem ein Jugendlicher Asyl bekommen habe. Sie müssen nachweisen, dass sie persönlich in ihrer Heimat aus politischen oder religiösen Gründen verfolgt werden oder ihnen Gefahr für Leib und Leben drohe. Dies könnten sie in der Regel nicht. "Mit Glück bekommen sie das ‚kleine Asyl', eine befristete Aufenthaltsgenehmigung oder eine Duldung, die vor Abschiebung schützt", so Bartnig. Und dies, zumal bei vielen Flüchtlingskindern unter Hinweis auf die Asylverfahrensfähigkeit mit 16 Jahren kein gesetzlicher Vormund bestellt werde. Im ausländerrechtlichen Verfahren sind sie Erwachsenen gleichgestellt. In fast allen Lebensbereichen sind sie ansonsten handlungsunfähig und rechtlich schutzlos. Gegenwärtig werden 26 Flüchtlingskinder aus 16 Ländern von Refugium vertreten. Auch Loveth, das 15-jährige Mädchen aus Nigeria, gehört dazu. So ungewiss ihre Reise war, möchte sie heute gern in Deutschland bleiben, Freunde und ein Zuhause finden, weiter die Schule besuchen, einen Abschluss machen und eine Ausbildung beginnen.

Vom 20. bis 29. April findet die Haus- und Straßensammlung der Caritas im Bistum Magdeburg statt. Unter dem Motto "Menschlichkeit kennt keine Grenzen" ist der Erlös der diesjährigen Frühjahrssammlung für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sowie die zahlreichen Hilfen der Caritas zur Integration von Ausländern bestimmt, für die nicht selten keine öffentlichen Gelder zur Verfügung stehen.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 16 des 52. Jahrgangs (im Jahr 2002).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 18.04.2002

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