Zeitzeugengespräch ist "begrenzte" Chance
Schüler aus Annaberg-Buchholz reden mit Überlebenden der Konzentrationslager
Annaberg-Buchholz -Roman Dabrowski (84) ist AuschwitzÜberlebender, sein Kamerad Edmund Duchowski (75) war im KZ Stutthof inhaftiert. Die zwei Überlebenden aus Polen sind auf Einladung des Maximilian-Kolbe- Werks nach Annaberg-Buchholz gekommen. Pfarrer Wilfried Warnat hat den Kontakt zum Kolbe-Werk aufgenommen und begleitet in diesen Tagen die Gäste bei ihren Gesprächen in Schulen und in seiner Gemeinde.
Das erste Zeitzeugengespräch findet im neu gegründeten Evangelischen Gymnasium Erzgebirge statt. Dort gibt es bislang nur die Klassen fünf, sechs und sieben mit insgesamt 160 Schülern. Die Teilnahme an dem Zeitzeugengespräch ist freiwillig, und der Schuldirektor ist überrascht, als die Hälfte aller Schülerinnen und Schüler zu dem Gespräch kommen will. "Vor dem Gespräch waren die beiden Herren aufgeregt", erzählt Wilfried Warnat, "sie haben noch nie vor einem so jungen Schülerpublikum gesprochen. Dann waren sie überrascht, denn die hochmotivierten 11 bis 13-Jährigen hatten sich gut vorbereitet." Zweieinhalb Stunden lang erzählen die Überlebenden, beide sprechen gut Deutsch und gehen behutsam auf die jungen Zuhörer ein. Die Schülerinnen und Schüler lauschen gebannt und stellen ihnen Dutzende von Fragen. Sie können sich nicht vorstellen, dass die beiden Männer im KZ nicht die Hoffnung verloren haben und dass es in Auschwitz Kinder gab. Roman Dabrowski und Edmund Duchowski beantworten alle Fragen. Sie sind mit einer Botschaft zu den Schülern gekommen: "Euch aufzuklären ist unsere Pflicht. Ihr müsst klüger sein. Denn ihr werdet entscheiden, wie die Welt wird."
Der Besuch in Annaberg- Buchholz ist Teil eines neuen Programms des Maximilian- Kolbe-Werks, das seit fast 30 Jahren KZ-Überlebende in Polen und in der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) unterstützt. Rund 500 KZ- und Holocaust- Überlebende aus Polen, Weißrussland, der Ukraine und erstmals aus Moldawien kommen in diesem Jahr nach Deutschland. Ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter begleiten die Gästegruppen. Begegnung und Erholung stehen dabei im Mittelpunkt. Neu ist das Angebot des Maximilian- Kolbe-Werks, Besuche von einzelnen KZ-Überlebenden in Schulen und Gemeinden in Deutschland zu organisieren und zu finanzieren. Die persönliche Begegnung mit den Zeitzeugen der Nazi-Verfolgung ist eine Chance, die nur noch begrenzt besteht. Acht Schulen und Gemeinden haben diese Chance genutzt. "Die Zeitzeugen haben unserer Schule ein riesiges Geschenk gemacht, dessen wahren Wert wir zum jetzigen Zeitpunkt nur erahnen können", so ein Lehrer nach dem Gespräch. "Ich kann andere Schulen nur ermutigen, sich darauf einzulassen."
Kornelia A. Lüttmann
Interessierte wenden sich bitte an das
Maximilian-Kolbe-Werk,
Tel. (07 61) 20 03 48,
E-Mail: info@maximilian-kolbe-werk.
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 18.04.2002