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Auslaufmodell oder zukunftsträchtig?

Arbeitskreis Wissenschaft und Gegenwart dachte über Perspektiven von Ehe und Familie nach

Magdeburg -Ein Auslaufmodell, wie manche in der Gesellschaft es glauben machen wollen, ist die Familie keinesfalls. Darin waren sich Referenten und Teilnehmer der Tagung "Familie -Auslaufmodell oder Zukunftsoption" in Magdeburg einig, zumal sie sich dabei auf Umfragen und Statistiken stützen konnten, die dies immer wieder belegen. Veranstaltet wurde das zweitägige Forum vom Arbeitskreis Wissenschaft und Gegenwart in Zusammenarbeit mit den Katholischen Akademien Berlin und Magdeburg.

80 Prozent der Menschen halten Partnerschaft und Treue für wesentlich für das Gelingen ihres Lebens. Darauf wies der Soziologe Johannes Huinink von der Universität Rostock hin. Das mit Ehe und Familie verbundene Verständnis allerdings sei im Umbruch begriffen. Dementsprechend vielfältig seien die in der Gesellschaft anzutreffenden Formen partnerschaftlichen Zusammenlebens. Sozioökonomisch betrachtet, so Professor Huinink weiter, erhoffen sich die Menschen von der Familie mit Kindern emotional-psychologische Befriedigung, also etwa Stabilität und ganzheitliche personale Erfüllung in ihrem Leben. Und tatsächlich hätten Menschen, die in einer intakten Familie durch ihr Leben gehen, eine längere Lebenserwartung. Der emotional-psychologischen Befriedigung stehen andererseits aber "Kosten" gegenüber, zum Beispiel der Verlust an Ungebundenheit.

In der katholischen Kirche ist die eigenständige Bedeutung der Ehe gegenüber der Familie seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil stärker in den Blick gerückt. Darauf wies Bernhard Laux vom Referat Pastoral der Deutschen Bischofskonferenz hin. War die Ehe vor dem Konzil vor allem auf die Zeugung von Nachkommen und damit auf die Familie orientiert, so wird seit der Pastoralkonstitution "Gaudium et spes" stärker die personale Dimension und Liebe zwischen den Partnern als eigener Wert herausgestellt. Dennoch zielten auch heute kirchliche Orientierungshilfen fast immer auf Familie.

Personale Ausrichtung macht Ehe komplizierter

Trotz auch dunkler Seiten in der Geschichte sei das christliche Verständnis der Ehe insgesamt eine Emanzipationsgeschichte, in der Frauen und Männern gleiche Würde und Rechte zuerkannt wurden. Indem im Laufe der Zeit der personale Charakter der Ehe immer stärker hervorgetreten ist, seien die Schwierigkeiten größer geworden, den Anspruch christlicher Ehe zu realisieren. Hinzu komme im Vergleich zu früher die erheblich längere Lebensdauer der Partner.

Hinsichtlich der Frage nach dem Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen erinnerte Laux an die 1993 von den oberrheinischen Bischöfen veröffentlichten Überlegungen "zur seelsorglichen Begleitung von Menschen aus zerbrochenen Ehen, Geschiedenen und wiederverheirateten Geschiedenen".

Eigentlich keine Lösung in Sicht?

Danach halten die Bischöfe an der Unauflöslichkeit der Ehe fest, gehen zugleich aber auf die Not dieses Personenkreises ein und halten es für möglich, dass wiederverheiratete Geschiedene nach seelsorglichen Gesprächen mit einem Priester und reiflicher Gewissensprüfung im Blick auf die Lehre der Kirche "sich ermächtigt sehen, an den Tisch des Herrn zu treten", etwa dann, wenn das Verlassen der neu eingegangenen Ehe und Familie schweres Unrecht heraufbeschwören würde. "Eine amtliche Zulassung seitens der Kirche könne es hingegen nicht geben, weil damit die Treue der Kirche zur Unauflöslichkeit der Ehe verdunkelt würde", so die Bischöfe. Laux wies aber auch darauf hin, dass diese Überlegungen von der römischen Kongregation für die Glaubenslehre 1994 in ihrem Schreiben über den Kommunionempfang von wiederverheirateten geschiedenen Gläubigen zurückgewiesen wurde. Die Kongregation stellte darin für zivil wiederverheiratete Geschiedene, deren vorausgehende Ehe gültig war, fest: "Wenn Geschiedene zivil wiederverheiratet sind, befinden sie sich in einer Situation, die dem Gesetz Gottes objektiv widerspricht. Darum dürfen sie, solange diese Situation andauert, nicht die Kommunion empfangen.""Eigentlich ist das Problem unlösbar: Einerseits an der Unauflöslichkeit der Ehe nach christlichem Verständnis festzuhalten. Und andererseits der Situation des Einzelnen, seiner Not, seiner Reue und der Zusage Gottes ,Ich lasse dich nicht allein' gerecht zu werden." So formulierte ein Teilnehmer seine Antwort auf die Frage der Podiumsdiskussion: "Bedarf das katholische Verständnis von Ehe und Familie einer Überprüfung?"

Für ein der Gesellschaft vorzustellendes Leitbild "Familie in christlicher Verantwortung" plädierte Professor Friedrich W. Busch von der Universität Oldenburg. Ein solches Leitbild sei "geeignet, in einer weitgehend säkularen Welt eine normativ ausgerichtete Orientierung zu bieten". Diese sei notwendig, weil menschliches Zusammenleben darauf basiert, dass "Lebenswelt gemeinsam ausgelegt und verstanden wird" und dass "eine erwartbare Ordnung vorhanden und hinreichende Anknüpfungspunkte für übereinstimmende Erfahrungen" gegeben sind. Damit könne "den auch negativen Auswirkungen begegnet werden, die mit den gegenwärtigen Umbrüchen und Veränderungen der Lebensverhältnisse verbunden sind", so Busch. An die Verantwortlichen in der Kirche appellierte der Referent, noch mehr für die Begleitung von Ehen und insbesondere von Ehen in Krisensituationen zu tun.

Christliche Überzeugung hat Urwünsche im Blick

Für Klaus Hagedorn, Pastoralreferent und als Eheberater tätig, kommt es zunächst darauf an, deutlich zu machen, dass der Glaube etwas mit den Urwünschen jedes Menschen zu tun hat. Erst dann würden Frauen und Männer bereit sein, sich mit dem kirchlichen Verständnis sakramentaler und unauflöslicher Ehe auseinander zu setzen. Auch Manfred Belok von der Katholischen Fachhochschule Nordrheinwestfalen, Abteilung Paderborn, konstatierte ein allgemeines gesellschaftliches Klima, in dem junge Leute kaum bereit seien, von der Kirche vertretene Auffassungen der Ehe als "lebenshilfreich" anzunehmen. Wenn hingegen Menschen Zutrauen etwa zu kirchlichen Einrichtungen der Ehe-, Familienund Lebensberatung haben, "machen sie nicht selten gute Erfahrungen", so Belok.

Klaus Hagedorn wies noch einmal auf die "hohe kommunikative Kompetenz" hin, die Partner in der heutigen, oft schnelllebigen Zeit, in der vieles miteinander ausgehandelt wird, mitbringen müssten.

Eckhard Pohl

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 18 des 52. Jahrgangs (im Jahr 2002).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 02.05.2002

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