Ein Stein, der von Gottes wirken erzählt
Projekt der Frauenseelsorge in Helfta beendet
Helfta (mh) - 6300 Kilometer quer durch Deutschland, Station an 30 Orten und zahlreiche Gespräche und Begegnungen zwischen Hamburg und Kempten, Aachen und Berlin. Ein Jahr lang rollte ein Stein durch das Land, jetzt erreichte er sein Ziel, das Kloster Helfta in der Lutherstadt Eisleben, 30 Kilometer westlich von Halle in Sachsen-Anhalt. Im Rahmen eines ökumenischen Frauenfestes, zu dem rund 800 Frauen und einige Männer gekommen waren,wurde der Stein der Äbtissin des Klosters übergeben. Das Zisterzienserinnenkloster Helfta war im 13. Jahrhundert bekannt als die "Krone der deutschen Frauenkloster". Seit Mitte der 90er Jahre wird es als Ort der Begegnung wieder aufgebaut.
Auf einem Platz vor der schon fertiggestellen Klosterkirche wird der Stein von nun an stehen. Mit seiner Aufschrift "Wer wird den Stein wegrollen?", die an die Frage der Frauen auf dem Weg zum Grab Jesu am Ostermorgen erinnert, will er auch künftig zu Begegnung, Gespräch und Betrachtung einladen, so wie er es ein Jahr lang im Rahmen des Projektes der Arbeitsstelle für Frauenseelsorge der Bischofskonferenz und der Arbeitsgemeinschaft Frauenseelsorge getan hat. Der Stein selbst stammt aus der Nähe von Bethlehem, ist 800 Kilogramm schwer und erinnert in seiner Form an die Rollsteine, wie sie zur Zeit Jesu vor den Grabeingängen üblich waren.
"Wir wissen heute noch nicht, mit welchen Sorgen, Problemen, Ängsten, Fragen, Sehnsüchten und Hoffnungen in den kommenden Jahren und Jahrzehnten Frauen hierher pilgern werden", sagte Äbtissin Assumpta Schenkl während der Steinübergabe. "Was auch immer es sein mag, so wird der Stein doch auch ihnen etwas sagen können vom Wirken Gottes in unserem Leben, dass er uns nicht allein lässt in unseren Nöten, sondern immer wieder Wege bahnt und uns hilft, die Steine auf unserem Lebensweg wegzuräumen oder zu überspringen."
Dass der Stein schon manches in Bewegung gebracht hat, wurde am Ostermontag in Helfta deutlich. Frauen aus den Orten, an denen er Station gemacht hatte, berichteten von ihren Erfahrungen. An jeder Station hatten in den vergangenen zwölf Monaten Veranstaltungen - oft in enger ökumenischer Zusammenarbeit - stattgefunden. "Wenn ein großer Stein bewegt werden soll, braucht es Mut und große Visionen - und die kleinen Schritte zugleich", war eine Erfahrung aus Köln. Aus Kempten dagegen hieß es: "Wir haben erkannt, dass es Steine gibt, die so unverrückbar sind, dass es Kraftverschwendung wäre, sie wegrollen zu wollen." Einen ganz konkreten "Stein" nannten die Münchnerinnen: das katholische Kirchenrecht. Es liege als "großer Brocken" den Frauen im Wege, die sich zum Priestertum berufen fühlten. Und eine besondere österliche Erfahrungen kam aus Leipzig, einer der wenigen Stationen in Ostdeutschland: "Wir haben erfahren, dass aus Mauersteinen Brückensteine werden."
"Am Ende des Projektes steht nicht eine spektakuläre Verlautbarung, kein neuer Forderungskatalog", unterstricht Dr. Ingeborg Tiemann von der Arbeitsstelle für Frauenseelsorge der Bischofskonferenz. Doch verwies sie auf einige Einsichten aus dem Projekt: Wenn Frauen ihre Erfahrungen sammeln und gemeinsam einbringen, so könne dies prophetisch sein für Kirche und Gesellschaft. Notwendig sei es Schwerpunkte zu setzen, denn: "Wir werden nicht alles schultern können". Tiemann unterstrich die Bedeutung der Ökumene, die während des Projektes eine große Rolle gespielt habe: "Die ökumenischen Erfahrungen von Frauen sind eine Ressource für die Kirchenleitungen. Sie sollten sie nutzen." Und schließlich wurden im Rahmen der Aktion knapp 26 000 Mark an Spenden gesammelt, die jetzt einem konkreten Friedenprojekt von Frauen im Heiligen Land zur Verfügung gestellt werden.
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 26.04.2001