Teufelskreis der Armut durchbrechen
Der Indien-Patenschaftskreis Kirchworbis unterstützt seit 1995 eine Schule in Sihor

Kirchworbis / Leipzig (tdh) -Eine "politische Gestaltung" der Globalisierung forderte Bundespräsident Johannes Rau (SPD) in der Berliner Rede. Was er meint, ist nicht nur wirtschaftliche und soziale Gerechtigkeit in den reichen Ländern, sondern auch solidarisches Verhalten gegenüber den Ländern der Dritten Welt.
Bezeichnend ist, dass die Berliner Rede von den Spitzenpolitikern dieses Landes in diesem Jahr weitgehend ignoriert wurde. Die Rede von Gerechtigkeit ist das eine, die Realität eine andere. Wenn man hierzulande zum Beispiel von Indien spricht, dann vielleicht im Zusammenhang mit Computer-Spezialisten, die der deutschen Wirtschaft fehlen. "In Indien herrscht jedoch eine unbeschreibliche Armut", erzählt Reinhard Salzmann vom Indien- Patenschaftskreis in Kirchworbis. "Die Armut riecht und ist laut. Sie zu spüren ist etwas anderes als sie am Bildschirm zu erleben. In Indien leben 400 Millionen Menschen unter der Armutsgrenze -mehr als Europa Einwohner hat." Der Freundeskreis wurde 1995 zur Unterstützung eines Schulprojektes von Pater Swami Shubhananda in Sihor gegründet.
Angefangen, so berichtet Reinhard Salzmann, hat es mit der Fußwallfahrt von Warschau nach Tschenstochowa 1979. Dort hat der Eichsfelder den Bruder des Jesuitenpaters getroffen und von dem Vorhaben erfahren, in Indien eine christliche Schule zu gründen. Die Schule bildet einen Kontrast zu vielen anderen christlichen Schulen, die sich oft nur reichere Leute leisten können. Salzmann: "Die christlichen Schulen haben zwar einen guten Ruf, sind aber nur für die Mittelund Oberschicht erschwinglich".
750 Kinder lernen in Sihor, 240 davon sind in einem Internat untergebracht. Träger der Einrichtung ist Joans Thailat, katholischer Bischof von Rajkot. Zur Schule gehört inzwischen auch eine eigene Landwirtschaft mit 17 Kühen, mit Ackerbau und Gemüseanbau.
Dabei ist es oft nicht einfach, den Menschen die Chancen einer guten Ausbildung klarzumachen, sagt Reinhard Salzmann, der mit einer Gruppe des Freundeskreises im Februar Indien besuchte. "Die Menschen sind oft so arm und dem Kastendenken verfallen, dass sie der Schulbildung keine Bedeutung beimessen". Dem Förderkreis in Kirchworbis geht es darum, den Teufelskreis von Armut und Analphabetentum zu durchbrechen. "Bildung verschafft den Menschen die Chance weiterzukommen", betont Salzmann. Deshalb würden vor allem die Kinder aus den armen Dörfern unterstützt. Mehr als 200 000 Euro hat der Freundeskreis in Kirchworbis inzwischen für die indische Schule aufgebracht. Für 13 Euro im Monat kann der Schulbesuch eines Kindes finanziert werden, für Ausbildung, Unterbringung und Verpflegung. "Ohne euch würde es hier nicht weitergehen", heißt es im letzten Brief des Karmelitenpaters Mathew Kalathoor, dem Mitbegründer der Schule. Der Freundeskreis hofft auf Unterstützung, damit so viele Kinder wie möglich eine Ausbildung erhalten. 180 Partnerschaften gibt es zurzeit.
Weitere Informationen:
Reinhard Salzmann
Unterm Dorfe 26
37339 Kirchworbis
Tel. (03 60 74) 6 26 93
oder
Katholisches Pfarramt St. Martin
Tel. (03 60 74) 9 26 72
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 23.05.2002