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Aus der Region

Alles was geht - alles was nervt

Neue Kommunikationsformen beim Jugendforum im Bistum Dresden-Meißen

Schmiedeberg -Hält sich die Kirche zu sehr zurück? Warum muss ich mich ständig rechtfertigen, dass ich in die Kirche gehe? Welche Möglichkeiten gibt es in der Ökumene? Das waren nur einige Themen, die eine Veranstaltung zum Jugendforum im Bistum Dresden-Meißen vom 26. bis 28. April in Schmiedeberg aufgriff. Dabei war alles erlaubt, was gefällt oder alles, was auf den Nägeln brennt..

Veranstaltung war Bestandsaufnahme

Die Veranstaltung in Schmiedeberg darf als eine umfassende Bestandsaufnahme zum Jugendforum gesehen werden. Das Wochenende sollte zeigen, welche Themen diskutiert werden. Was ist bewährt, was neu? Neu war vor allem die Methode, mit denen man den Problemen zu Leibe rückte und die unter dem Namen "Open space" (offener Raum) bekannt geworden ist. "Entwickelt wurde diese Methode aus der Erkenntnis, dass die intensivsten Zeiten einer Tagung die Kaffeepausen sind", erklärt Gregor Giele. Bei der Veranstaltung gab es keine Referenten, sondern lediglich eine Einführung. Unter dem großen Thema "Alles was geht, alles was nervt" wurden in Gruppen Einzelthemen behandelt, die die Jugendlichen vorschlugen.

Das Besondere: Die Teilnehmer legten für sich selbst fest, in welche Gruppen sie gehen -auch die Mitarbeit in mehreren Gruppen war möglich. Im Open- Space-Jargon sind das die so genannten "Hummeln", die fleißig arbeiten -im Gegensatz zu den "Schmetterlingen", die sich vorsichtig herantasten, unentschlossen sind und erst richtig mitmachen, wenn sie warm geworden sind. Giele: "Das Wichtigste ist, dass die Themen nicht gestellt wurden, sondern wirklich Themen waren, über die die Jugendlichen reden wollten".

Open space sehe auch andere Möglichkeiten der Kommunikation vor, so zum Beispiel das "Gesetz der zwei Füße". Wer nichts beitragen kann, ehrt die Gruppe mit seiner Abwesenheit und geht dorthin, wo es für ihn fruchtbarer ist. Für die Gruppenteilnehmer gibt es auch nach der Tagung noch einen Ansprechpartner. Inhaltlich -und das ist zumindest ebenso interessant -ging es den Jugendlichen weniger um kirchliche "Reizthemen", sondern um den gelebten Glauben. "Jugendliche sind sehr auf der Suche nach einem geistlichen Leben", weiß Giele.

Glaubensfragen statt kirchlicher Reizthemen

Ebenso wichtig ist den jungen Leuten aber auch die kirchliche Gemeinschaft und die "Begründung" ihres Glaubens, wie die Arbeitsgruppe "Warum muss ich mich ständig rechtfertigen ..." zeigte. Genauso interessiert aber auch das Thema Ökumene, ohne dass man dabei die "eigene Identität" verlieren will. Im "Gespäch mit Gott" sollten Traditionen erhalten, aber auch belebt werden. Geistliche Zentren und Angebote, in einem klösterlichen Alltag mitleben zu können, wurden ebenso positiv aufgenommen, wie die Notwendigkeit von persönlichen Räumen der Stille und des Gebetes. Die Veranstaltung in Schmiedeberg machte auch deutlich, dass sich die Jugendlichen mehr gemeinde- und dekanatsübergreifende Veranstaltungen wünschen -ganz konkret in "Kennenlernabenden" ohne Thema für das ganze Bistum.

Die präzisen inhaltlichen Vorstellungen, da ist sich Gregor Giele sicher, verdankt die Schmiedeberger Veranstaltung zum Jugendforum vor allem Open space. "Wir haben selbst nicht gewusst, was dabei herauskommt." Aus jeder Gruppe gab es ein Ergebnisprotokoll, das für die anderen erstellt wurde und an dem man sich orientieren konnte. "Die Jugendlichen haben das Wochenende positiv aufgenommen, das hat auch die Nachbereitung mit den Dekanatsjugendseelsorgern gezeigt", so Giele. Jeder sei zu Wort gekommen, was auch die Spielregeln vorsehen. Die Methode soll auch beim Bistumsjugendtag im September Anwendung finden.

Zum Jugendforum hatte der Bischof des Bistums, Joachim Reinelt, vor anderthalb Jahren aufgerufen. "Ausgangspunkt war das Anliegen des Bistumsjugendhelferkreises, einen besseren Austausch zwischen den Jugendgruppen und den Dekanaten in unserem Bistum zu schaffen", erläutert Diözesanjugendseelsorger Gregor Giele. Seit etwa einem Jahr laufen im Bistum Veranstaltungen dazu, in den einzelnen Regionen unterschiedlich, wie sich Giele vorsichtig ausdrückt. Geplant sei, dass das Jugendforum zum Bistumsjugendtag im September abgeschlossen ist. Und die Themenpalette ist breit: Wie steht es um die Gemeinden? Wie steht es um die Jugend? Wie steht es um die Kirche?

Diese Methode funktioniert immer

Übrigens: Es gibt eine gute Nachricht über Open space und eine schlechte. Die gute ist, dass die Methode immer funktioniert, die schlechte ist, dass sie immer funktioniert. Das bedeutet für den Veranstalter, dass die Beteiligten hinterher genau das machen, was sie angefangen haben: selbst organisiert Dinge in die Hand nehmen. Wenn das vom Jugendforum im Bistum Dresden-Meißen gewünscht wird, ist es großartig, wenn nicht, womöglich eine Katastrophe.

Andreas Schuppert

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 19 des 52. Jahrgangs (im Jahr 2002).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Dienstag, 07.05.2002

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