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Die letzten Tage und die Zeit davor

Vor 75 Jahren wurde das Priesterseminar Schmochtitz eröffnet / Festakademie am 10. Mai

Pfarrer Johannes Vogt: Der letzte Priesteramtskandidat von Schmochtitz. Heute lebt er in Goppeln bei Dresden.

Schmochtitz (jak) -"Ja, ich bin der Letzte der Mohikaner", antwortet Pfarrer Johannes Vogt am Telefon bezüglich der Nachfrage, ob er noch das Priesterseminar Schmochtitz -dessen 75. Gründungstag in diesen Tagen gefeiert wird -absolviert habe. Später, bei einem Treffen, berichtet der 84-Jährige mehr.

Nach einer Verletzung, die eine weitere Kriegsteilnahme unmöglich machte, kam Johannes Vogt 1944 nach Schmochtitz, um hier sein Studium zu beenden. Doch es war schon eine Welt im Umbruch. Das eigentliche Seminar konnte er nicht nutzen, darin hatte sich die SS einquartiert. Und so blieben nur eine Unterkunft im benachbarten Örtchen Oberunna und die Kapelle übrig, auf deren Empore der Unterricht stattfinden sollte. Doch Regens Prälat Hugo Hain war ein vorsichtiger Mann. Bereits nach einer Stunde langsamen Vorlesens aus einem pastoralen Unterweisungsbuch brach er ab und überließ Johannes Vogt dem Selbststudium ohne Bücher, denn diese befanden sich im Seminar und Regens Hain wagte es nicht, Bücher mit hinauszunehmen, sein eigenes behielt er. Vogts Abschlussarbeit -auch ohne Bücher verfasst und ringsherum herrschte die Flucht -nahm Hugo Hain noch entgegen, vergrub sie aber neben dem Seminar, wo sie vielleicht noch heute liegt.

Mit der Wiedererichtung des Bistums Meißen im Jahr 1921 stellte sich auch die Frage der Priesterausbildung im Bistum selbst. Bisher wurden studierende Sorben im Wendischen Seminar Prag ausgebildet. Das Königreich Böhmen gehörte zur österreichisch- ungarischen Monarchie, daher bot Prag aufgrund der guten Beziehungen von Wien zu Dresden gute Ausgangsbedingungen. Dies änderte sich nach dem Ersten Weltkrieg, Prag war nun Ausland. Zudem war die Diözese vertraglich mit der Gründung eines eigenen Priesterseminars beauflagt worden.

1925 wurde durch Kauf das Rittergut in Schmochtitz erworben. Bischof Christian Schreiber sah darin einen geeigneten Ort für die Priesterausbildung. Am 10. Mai 1927 war es dann soweit, das "Seminarum ad St. Petrus" wurde eröffnet. Wirtschaftlich abgesichert wurde die Einrichtung durch die so genannten "Bettelreisen" des Bischofs, für Schmochtitz war Christian Schreiber von Oktober 1927 bis April 1928 unterwegs. Zu den insgesamt 95 Priesteramtskandidaten des Seminars gehören unter anderem Alois Andritzky, Johannes Derksen, Werner Laukus, Otto Spülbeck -der spätere Bischof, Bernhard Wensch und viele andere. Heute leben neben Johannes Vogt noch folgende Priester: Hugo Hermannspan, Ostritz; Johannes Lubsczyk, Erfurt; Georg Pech, Dresden; Hermann Scheipers, Ochtrup und Franz Schmitt, Bruchsal.

Franz Triebs -der langjährige Leiter der Kirchlichen Land- und Forstwirtschaft -schreibt in seiner zusammenfassenden Geschichte des Schmochtitzer Priesterseminars abschließend: "Dank sei allen, die in der Nachfolge Christi das Priesterseminar erhoben, gestützt und gefördert haben. Dankbare Erinnerung umschließt alle, die in Schmochtitz das Priestertum in sich aufgenommen und verwirklicht haben." Viele aus dieser Priestergeneration engagierten sich gegen den Nationalsozialismus, einige bezahlten dies mit ihrem Leben. Nach dem Zweiten Weltkrieg mussten sich die Diasporapriester mit der neuen Ideologie des Kommunismus auseinandersetzen. Die ungezählten Vertriebenen stellten die Seelsorge vor eine ungeheuere Aufgabe. Pfarrer Johannes Vogt hat dennoch seinen Schritt hin zum Priestertum nie bereut. Nach seiner Priesterweihe durch Bischof Petrus Legge am 4. März 1945 dessen Hauskapelle in Bautzen verblieb er zunächst Oberunna und in Schmochtitz, wo er gemeinsam mit den dort lebenden Menschen das Kriegsende erwartete. Konkret bedeutete dies, dass oft alle in einem Raum schliefen, weil keiner alleine bleiben wollte. Schließlich erlebte Johannes Vogt den Untergang des Priesterseminars, das im Mai 1945 in Schutt und Asche versank. Damit war die abenteuerliche Geschichte jedoch noch nicht zu Ende: Ein Kommunist ernannte sich in Oberunna selbst zum Bürgermeister und wollte, dass Johannes Vogt die Polizei übernahm, was er dankend ablehnte. Weitere Stationen seines priesterlichen Lebens waren unter anderem Dresden-Cotta und Lengefeld als Kaplan, 1956 wurde er Pfarrer in Weinböhla, 1970 kam er nach Geithain, wo er bis zum Erreichen seines Ruhestandes im Jahr 1997 blieb. Heute lebt Johannes Vogt als Hausgeistlicher bei den Nazarethschwestern in Goppeln bei Dresden.

Seit nunmehr über zehn Jahren befindet sich in Schmochtitz das Bischof-Benno-Haus, eine Bildungseinrichtung des Bistums Dresden-Meißen. Der Neubau wurde an seinen Vorgängerbau architektonisch angeglichen.

Informationen:
Am 10. Mai 2002 wird der Eröffnung des Schmochtitzer Priesterseminars vor 75 Jahren gedacht. Aus diesem Anlass wird 17 Uhr ein Gottesdienst mit Bischof Joachim Reinelt gefeiert.
Um 19 Uhr beginnt die Festakademie mit Pfarrer Dieter Rothland zum
Thema: "Von Prag nach Schmochtitz -Zur Gründung des Priesterseminars Schmochtitz vor 75 Jahren".

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 19 des 52. Jahrgangs (im Jahr 2002).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Dienstag, 07.05.2002

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