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Bistum Erfurt

Am Du zum Ich werden

Die 55. Jugendwallfahrt in Erfurt zeigt Wege in eine lebendige Gemeinschaft

Einfach ich: Ich bin einmalig und von Gott geliebt - und darf so sein, wie ich bin.

Erfurt (as) -Gegen Vereinsamung und Ausweglosigkeit für eine offene Gemeinschaft -das war die Botschaft der 55. Jugendwallfahrt des Bistums am 4. und 5. Mai in Erfurt. Das Motto: Einfach ich -limited edition. Gemeint ist die Einmaligkeit eines jeden -doch jeder braucht andere, um eine Persönlichkeit zu werden. Die Ereignisse am Gutenberg- Gymnasium legten ihre Schatten auch auf diese Veranstaltung. "Natürlich haben wir darauf reagiert", sagte Diözesanjugendseelsorger Stephan Riechel. Für ihn war es die letzte Wallfahrt in diesem Amt, mit großem Beifall wurde er verabschiedet. Rund 2000 junge Leute kamen an diesem Wochenende auf den Domberg.

"Es tat mir gut, im Dom wieder mal ein Mal ein Lachen gesehen zu haben", sagte der PDS-Fraktionschef im Thüringer Landtag, Bodo Ramelow, der wie alle anderen Fraktionsvorsitzenden zum Gottesdienst am Sonntag eingeladen war und "sofort" zugesagt hatte. Der evangelische Christ wollte mit seiner Anwesenheit auch ein ganz persönliches Zeichen setzen. "Nach den Ereignissen in der vergangenen Woche kann man nicht einfach zur politischen Tagesordnung übergehen".

Dass er den 26. April "immer noch nicht weggesteckt" hat, wollte auch Bischof Joachim Wanke nicht verbergen. "Viele fragen, warum musste das nur geschehen?", so der Bischof in seiner Wallfahrtspredigt. In der Trauer müssten alle von dem Geschehenen lernen, "etwas über uns selbst, etwas über unser eigenes Ich". Wer dauernd sage, Hauptsache ich, verpasse das Leben. Wanke: "Richtig ist: Ich muss zu mir selbst stehen." Aber: Das Ich wachse am Du, an Menschen, den man vertrauen und denen man sich anvertrauen könne. Ein buntes Programm rund um den Domberg begleitete die Wallfahrt. Zwischen Dom und St. Severi zum Beispiel stellte sich die "Villa Lampe", die offene katholische Jugendsozialarbeit im Eichsfeld vor. An den Ständen im Kreuzgang konnte man sich über die Arbeit der kirchlichen Berufsschulen oder Verbände informieren. Ebenso gab es Besinnliches und Möglichkeiten des Gespräches.

Ein Podiumsgespräch mit Bischof Wanke und Vertretern aus Politik, kirchlicher Jugendarbeit und Pädagogik zeigte noch einmal: Nach der Bluttat von Erfurt gibt es keine schnellen Lösungen. Bei aller Diskussion um Schulsysteme, Kontrollen, Verbote, ist eins wichtig: Der Mensch sei aus sich heraus wertvoll, nicht aus dem, was er kann, wie die stellvertretende Vorsitzende der Christlichen Erziehergemeinschaft Thüringen, Brigitta Krause, betonte.

Auch spektakuläre Aktionen fehlten bei dieser Wallfahrt nicht: Der Radsportler Gottfried Preising saß von Samstag 17 Uhr bis Sonntag 13 Uhr insgesamt 20 Stunden auf dem Fahrrad und trat in die Pedalen. Der Erlös der Spenden kam den Angehörigen der Opfer des Gutenberg-Gymnasiums zugute.

Für die Jugendlichen ist die Wallfahrt der Höhepunkt im Jahr. Sebastian Dirk aus Mühlhausen war schon bei den Vorbereitungen dabei. "Ich komme auch, um zu helfen und für die Jugendliche etwas zu tun", sagt er. Das Zusammensein mit den anderen und die Gemeinschaft ist ihm aber besonders wichtig. So geht es auch Marie-Kristin Plager aus Heiligenstadt. "Die Wallfahrt gehört einfach dazu." Ihre evangelische Freundin Inger Grundke begleitet sie. "Wir machen eben eine ökumenische Wallfahrt draus", meinen die Mädchen. Sophie Arenhövel stellte sich am Missio-Stand als "Missionarin auf Zeit" vor. Auf Vermittlung der Steyler Missionare wird sie für ein Jahr nach Bolivien gehen. "Ich weiß noch nicht so recht, was mich erwartet, aber ich bin schon sehr gespannt", sagt sie.

In der Jugendseelsorge des Bistums ergeben sich mit dieser Wallfahrt einige personelle Veränderungen. Neuer Diözesanseelsorger wird Wigbert Scholle, bisher Kaplan in Weimar. Markus Könen wurde als Jugendreferent des Centro in Rudolstadt verabschiedet, er geht ins Priesterseminar. Peter Nagler, bisher Jugendseelsorger des Dekanates Meiningen, wird Referent der Erwachsenenseelsorge in Heiligenstadt.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 19 des 52. Jahrgangs (im Jahr 2002).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Dienstag, 07.05.2002

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